Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
früher, als sie hin und wieder eine Freundin in Rowayton besucht hatte. Allerdings ist das Sea Lamp Diner sicher kein Restaurant der gehobenen Klasse, überlegte sie nach einem Blick auf das leicht heruntergekommene Lokal. Dennoch beschloß sie, dort etwas zu essen. Das Restaurant war trotz der Ereignisse der letzten Tage,
der Absperrungen und der gelben Kreidemarkierungen an der Stelle, wo Annamarie Scallis Wagen gestanden hatte, geöffnet.
Fran hatte sich bereits vergewissert, daß Gladys Fluegel, die Molly und Annamarie Scalli bedient hatte, heute Dienst hatte. Nun mußte sie nur noch dafür sorgen, daß sie einen von Gladys’ Tischen bekam.
Zu ihrer Überraschung war das Lokal zur Hälfte besetzt, was wahrscheinlich an der Neugier und Sensationslust der Gäste lag. Eine Weile blieb sie auf der Schwelle stehen und überlegte, ob die Chancen auf ein Gespräch mit Miss Fluegel vielleicht größer waren, wenn sie sich an den Tresen setzte. Doch ihre Frage beantwortete sich, als die Kellnerin auf sie zustürmte. »Sie sind sicher Fran Simmons. Wir haben Ihnen gerade bei den Aufnahmen für die Sendung zugesehen. Ich bin Gladys Fluegel und habe vorgestern abend Molly Lasch und Annamarie Scalli bedient. Genau hier haben sie gesessen.« Sie wies auf eine unbesetzte Nische im hinteren Teil des Lokals.
Fran war auf Anhieb klar, daß Gladys darauf brannte, ihre Geschichte zu erzählen. »Ich möchte mich gern ein wenig mit Ihnen unterhalten«, sagte sie. »Vielleicht haben Sie Zeit, sich ein wenig zu mir zu setzen. Wann haben Sie denn Pause?«
»In zehn Minuten«, entgegnete Gladys Fluegel. »Ich muß erst den beiden da drüben ein bißchen Dampf machen.« Sie wies mit dem Kopf auf ein älteres Ehepaar, das an einem Tisch am Fenster saß. »Sie ist sauer, weil er Kalbfleisch mit Parmesan essen will, obwohl er davon Blähungen bekommt. Ich werde sie bitten, sich endlich zu entscheiden. Nachdem ich die Bestellung an die Küche weitergegeben habe, komme ich zu Ihnen.«
Auf dem Weg zu der Nische schätzte Fran die Entfernung ab. Etwa zwölf Meter, dachte sie. Während sie auf Gladys wartete, sah sie sich im Lokal um. Der Raum war schlecht beleuchtet, und da der Tisch in einer dunklen
Ecke stand, eignete er sich großartig für ein unbeobachtetes Treffen. Molly hatte Philip erzählt, Annamarie habe sich offenbar gefürchtet, allerdings nicht vor ihr. Aber wovor dann? fragte sich Fran.
Und warum hatte Annamarie ihren Namen geändert? Weil sie verhindern wollte, daß man sie immer wieder mit dem Fall Gary Lasch in Verbindung brachte? Oder hatte sie einen anderen Grund gehabt unterzutauchen?
Laut Molly hatte Annamarie das Restaurant zuerst verlassen. Molly hatte die Rechnung bezahlt und war ihr gefolgt. Wie viele Minuten waren dazwischen verstrichen? Sicher hatte es nicht lange gedauert, da Molly sonst angenommen hätte, daß Annamarie bereits abgefahren war. Hatte Annamarie Zeit gehabt, den Parkplatz zu überqueren und in ihren Jeep zu steigen?
Molly hat ihr von der Tür aus nachgerufen, überlegte Fran. Hat sie sie eingeholt?
»Raten Sie mal, was die beiden jetzt bestellt haben«, meinte Gladys und zeigte mit dem Daumen nach hinten auf das ältere Ehepaar. »Gedünstete Flunder mit Spinat. Sie hat die Sache in die Hand genommen, und der arme Mann kocht jetzt vor Wut.«
Sie legte eine Speisekarte vor Fran auf den Tisch. »Heute sind das Hühnerfrikassee und das ungarische Gulasch besonders zu empfehlen.«
Ich werde mir bei P. J. Clarke’s einen Hamburger genehmigen, wenn ich wieder in New York bin, dachte Fran und murmelte etwas von einer späteren Verabredung zum Abendessen. Dann bestellte sie ein Brötchen und Kaffee.
Gladys servierte und setzte sich dann Fran gegenüber. »Ich habe zwei Minuten Zeit«, sagte sie. »Hier hat Molly Lasch gesessen. Annamarie Scalli hatte Ihren Platz. Wie ich den beiden Detectives gestern schon erzählt habe, wirkte die Scalli nervös. Ich schwöre, sie fürchtete sich vor Molly Lasch. Als die Scalli gehen wollte, hielt Molly Lasch sie am Handgelenk fest. Die Scalli mußte sich richtig losreißen.
Dann ist sie ganz schnell rausgelaufen, so als ob sie Angst hätte, daß Molly Lasch sie verfolgen könnte. Und das hat sie dann auch schließlich getan. Wer wirft einem schon einen Fünf-Dollar-Schein hin, wenn der Tee und der Kaffee nur eins dreißig kosten? Ich habe immer noch Alpträume, wenn ich mir vorstelle, daß Annamarie Scalli kurz darauf ermordet worden ist.« Sie seufzte. »Ich
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