Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
Polizeiausweise unter die Nase hielten. »Wir haben einen Haftbefehl gegen Molly Carpenter Lasch«, erklärte der ältere der beiden. »Bringen Sie uns bitte zu ihr.«
Eine Viertelstunde später waren die ersten Kameraleute zur Stelle, um zu filmen, wie Molly Lasch in Handschellen aus dem Haus geführt wurde. Sie hatte einen Mantel über die Schultern geworfen und hielt den Kopf gesenkt, so daß ihr das Haar ins Gesicht fiel, als man sie zum Wagen der Staatsanwaltschaft brachte. Sie wurde ins Gerichtsgebäude von Stamford gefahren und wie schon vor fast sechs Jahren unter Mordanklage in Haft genommen.
47
E dna Barry spürte die fünfundsechzig Jahre, die sie auf dem Buckel hatte, als sie auf den Beginn der Abendnachrichten wartete und dabei die dritte Tasse Tee innerhalb der letzten Stunde trank. Wally hatte sich in seinem Zimmer schlafen gelegt, und sie hoffte, daß die Medikamente zu wirken angefangen hatten, damit er sich besser fühlte, wenn er wieder aufwachte. Auf der Heimfahrt vom Arzt hatte er mit der Faust aufs Autoradio eingeschlagen, weil er dachte, der Ansager spräche über ihn.
Wenigstens hatte sie es geschafft, ihn ins Haus zu bugsieren, bevor Fran Simmons seinen aufgebrachten Zustand bemerken konnte. Nun war nur noch die Frage offen, wieviel Marta Fran Simmons über Wally erzählt hatte.
Edna wußte, daß Marta Wally niemals bewußt schaden würde. Doch Fran Simmons war schlau – und sie hatte sich bereits nach dem Ersatzschlüssel zu Mollys Haus erkundigt.
Erst gestern hatte Marta gesehen, wie Wally Mollys Schlüssel aus Ednas Handtasche nahm, und ihn sagen hören, er werde ihn diesmal bestimmt wieder zurücklegen. Hoffentlich hat Marta das nicht Fran Simmons auf die Nase gebunden.
Sie erinnerte sich an den schrecklichen Augenblick, als sie Dr. Laschs Leiche gefunden hatte. Seitdem bekam sie entsetzliche Angst, wenn jemand den Schlüssel erwähnte. Der Polizei habe ich damals den Ersatzschlüssel aus dem Versteck im Garten ausgehändigt, überlegte sie. Meinen Schlüssel konnte ich an jenem Morgen nicht finden, und ich befürchtete, Wally könnte ihn genommen haben, eine Sorge, die sich später als begründet herausstellte. Zum Glück hatte die Polizei nichts weiter über den Schlüssel wissen wollen.
Die Nachrichten fingen an, und Edna wandte sich dem Fernseher zu. Zu ihrem Entsetzen wurde berichtet, daß Molly wegen Mordes festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt worden war. Für eine Kaution von einer Million Dollar hatte man sie vor wenigen Minuten wieder freigelassen, sie allerdings unter Hausarrest gestellt. Die Kamera schwenkte zu Fran Simmons, die vor dem Parkplatz des Sea Lamp Diner in Rowayton stand. Der Tatort war noch mit einem gelben Band abgesperrt.
»Hier wurde Annamarie Scalli erstochen«, sagte Fran. »Heute nachmittag hat man Molly Carpenter Lasch wegen dieses Verbrechens verhaftet. Es heißt, daß Spuren von Annamarie Scallis Blut an einer ihrer Schuhsohlen und in ihrem Wagen gefunden wurden.«
»Mom, ist Molly wieder voller Blut?«
Als Edna sich umdrehte, stand Wally hinter ihr. Sein Haar war zerzaust, und seine Augen funkelten zornig.
»Von so etwas darfst du nicht reden«, wies sie ihn ängstlich zurecht.
»Weißt du noch, wie ich die Statue mit dem Cowboy und dem Pferd angefaßt habe?«
»Bitte, laß das, Wally.«
»Ich will es dir aber erzählen«, entgegnete er trotzig.
»Wally, wir sprechen nicht über solche Dinge.«
»Aber alle sprechen darüber, Mom. Als ich eben in meinem Zimmer war, haben in meinem Kopf die Stimmen durcheinandergeschrien. Sie haben von der Statue geredet. Für mich war sie nicht zu schwer, weil ich stark bin. Aber Molly konnte sie ganz bestimmt nicht hochheben.«
Er hörte wieder Stimmen, dachte Edna erschrocken. Die Medikamente wirken nicht.
Edna stand auf und legte ihrem Sohn die Hände auf die Schläfen. »Pssst«, sagte sie beruhigend. »Rede nicht mehr über Molly und die Statue. Du weißt ja, daß deine Stimmen oft etwas durcheinanderbringen. Versprich mir, daß du kein Wort mehr über Dr. Lasch oder Molly verlierst. Einverstanden? Und jetzt nimmst du am besten noch eine Tablette.«
48
F ran war am Ende ihres Berichts angelangt und schaltete das Mikrophon ab. Heute hatte Pat Lyons, ein junger Kameramann aus New York, sie zum Sea Lamp Diner begleitet. »Mir gefällt dieses Städtchen«, sagte er. »Es liegt am Meer und erinnert mich an ein Fischerdorf.«
»Es ist wirklich hübsch hier«, stimmte Fran ihm zu und dachte an
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