Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
er mit gepreßter Stimme.
»Das heißt wohl, daß ich nach meiner Verhaftung wieder auf Kaution entlassen werde. Das ist eben der Vorteil, wenn man Geld hat. Glückspilze wie ich können einfach einen Scheck ausstellen.«
»Schluß damit, Molly«, zischte Fran. Sie packte ihre Freundin an den Schultern. »Als ich mit meinen Recherchen anfing, war ich noch überzeugt davon, daß du deinen Mann umgebracht hast. Doch dann sind mir Zweifel gekommen. Ich glaube, die Polizei hätte wegen des Mordes an Gary gründlicher ermitteln und vielleicht auch andere Möglichkeiten in Betracht ziehen sollen. Allerdings muß ich zugeben, daß mich deine Absicht, Annamarie Scalli aufzuspüren, ein wenig beunruhigt hat. Dann hast du sie entdeckt, und nun ist sie tot. Ich bin zwar noch immer nicht sicher, ob du nicht doch eine pathologische Mörderin bist, aber ich kann es mir eigentlich auch weiterhin nicht vorstellen. Meiner Ansicht nach bist du in einem Netz von Intrigen gefangen wie in einem Labyrinth und findest nicht mehr heraus. Natürlich kann ich mich genausogut irren. Vielleicht bist du wirklich das, wofür neunundneunzig Prozent der Leute dich halten, aber ich schwöre dir, daß ich zu dem restlichen einen Prozent gehöre. Ich werde alles tun, um zu beweisen, daß du Gary Lasch und Annamarie Scalli nicht getötet hast.«
»Und wenn du dich wirklich irrst?« fragte Molly.
»Dann werde ich dafür sorgen, daß du in einer Einrichtung untergebracht wirst, wo du Ruhe findest und psychotherapeutische Behandlung bekommst.«
Molly standen die Tränen in den Augen. »Ich will nicht mehr weinen«, sagte sie. »Fran, du bist die erste, die überhaupt die Möglichkeit in Betracht zieht, daß ich unschuldig sein könnte.« Sie sah Philip an. »Diesen Vorwurf mache ich auch Ihnen, mein lieber Philip, obwohl Sie mich bis zum letzten Blutstropfen verteidigen würden. Jenna ebenfalls, die behauptet, sie lege für mich die Hand ins Feuer. Außerdem meinen Eltern, denn wenn sie wirklich an
meine Unschuld glaubten, wären sie jetzt hier und würden Himmel und Hölle in Bewegung setzen. Ich denke und hoffe, daß ich diese beiden Morde nicht begangen habe. Ansonsten verspreche ich euch, daß ich nicht mehr lange hiersein werde, um anderen Menschen Schwierigkeiten zu machen.«
Fran und Matthews wechselten Blicke. Wie auf Absprache sagte keiner von ihnen etwas zu dieser letzten Bemerkung, die offenbar eine verhüllte Selbstmorddrohung gewesen war.
Auch wenn Molly unter Druck steht, legt sie Wert auf Stil, dachte Fran, als ihre Freundin die Quiche auf einer ausgesuchten Limoges-Platte servierte, die auf einem schlanken Stiel ruhte und einen Goldrand hatte. Die Platzdeckchen mit dem zarten Blumenmuster paßten zu den Tapeten im Frühstücksraum.
Ein großes Panoramafenster ging auf den Garten hinaus, wo die ersten Knospen das nahende Ende des Winters ankündigten. Als Fran den Steingarten am Ende des langgezogenen Hanggrundstücks bemerkte, fiel ihr etwas ein, das sie Molly hatte fragen wollen.
»Molly, wir haben doch letztens über deine Hausschlüssel gesprochen? Sagtest du nicht, du hättest noch einen Ersatzschlüssel?«
»Wir haben ihn immer dort hinten versteckt.« Molly zeigte hinüber zum Steingarten. »Einer der Felsen ist falsch. Eine gute Idee, findest du nicht? Wenigstens besser als ein Keramikhase mit abnehmbarem Ohr, der auf der Veranda den Schlüssel für Notfälle bewacht.«
»Notfälle?« fragte Philip.
»Wenn man mal den Schlüssel vergißt.«
»Hast du je den Schlüssel vergessen, Molly?« wollte Fran beiläufig wissen.
»Fran, du weißt doch, daß ich ein braves Mädchen bin«, entgegnete Molly mit gespielter Entrüstung. »Ich bin immer
ordentlich und zuverlässig, das haben sie schon damals in der Schule von mir gesagt.«
»Ja, das stimmt«, sagte Fran.
»Oft habe ich überlegt, was wohl aus mir geworden wäre, wenn man mir nicht sämtliche Wege geebnet hätte. Doch so war es nun mal. Ich wußte, wie leicht ich es hatte und wie privilegiert ich war. In unserer Schulzeit habe ich dich so bewundert, weil du dich für deine Ziele engagiert hast. Als du mit dem Basketball anfingst, hattest du noch keine Ahnung von dem Spiel, doch du hast dich so lange bemüht, bis du in die Mannschaft aufgenommen wurdest.«
Molly Carpenter hat mich bewundert! dachte Fran. Und ich glaubte, sie hätte mich nicht einmal wahrgenommen.
»Nach dem Tod deines Vaters hast du mir so leid getan. Mir war klar, daß die Leute großen Respekt
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