Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
Whitehall mag Mollys beste Freundin sein, überlegte Dr. Daniels auf der Heimfahrt. Allerdings ist sie mit einem Mann verheiratet, der keinen Widerspruch duldet und sich von niemandem aufhalten läßt. Das erneute Interesse an dem Skandal um Gary Laschs Ermordung kam dem Direktoriumsvorsitzenden des Remington-Gesundheitsdienstes sicher ziemlich ungelegen.
Ist Whitehall als Ehemann von Mollys bester Freundin hier, oder weil er den Schaden nach Möglichkeit begrenzen will? fragte sich Daniels.
Jenna hatte Spargelauflauf, Lammrücken, neue Kartoffeln, Brokkoli und Gebäck mitgebracht – alles war servierfertig vorbereitet. Rasch deckte sie den Tisch, während Cal eine Flasche Wein entkorkte. Wie er Molly wissen ließ, handelte es sich um einen Château Lafite, ›das Beste, was mein Keller zu bieten hat‹.
Molly fing Philips amüsierten Blick auf. Auch Jenna verzog angesichts von Cals prahlerischem Ton das Gesicht.
Sie meinen es gut, dachte Molly erschöpft. Aber mir wäre es lieber, sie wären nicht gekommen. Sie geben sich solche Mühe, so zu tun, als ob heute ein ganz normaler Abend in Greenwich wäre, eine spontane Einladung zu einem improvisierten Abendessen in der Küche. Sie erinnerte sich an die Zeit, als sie ihre Ehe mit Gary noch für glücklich gehalten hatte. Damals waren Jenna und Cal häufig unangemeldet hereingeschneit und meistens zum Abendessen geblieben.
Hausfrauenidylle – so sah mein Leben aus. Ich habe gern gekocht, und es machte mir nichts aus, in letzter Minute ein Menü zusammenzustellen. Wie gerne habe ich mich damit gebrüstet, daß ich keine Köchin oder ständige Haushaltshilfe nötig hatte. Und Gary schien so stolz auf
mich zu sein: »Sie ist nicht nur sehr hübsch und intelligent, sie kann sogar kochen. Womit habe ich eine solche Frau verdient?« fragte er immer und strahlte mich an, wenn wir Gäste hatten.
Doch das war alles nur Theater gewesen.
Molly massierte sich mit den Fingerspitzen die Schläfen, um ihre Kopfschmerzen zu vertreiben.
»Möchten Sie lieber Ihre Ruhe haben, Molly?« erkundigte sich Philip leise. Sie saßen sich am Tisch gegenüber auf den Plätzen, die Jenna ihnen angewiesen hatte.
»Als Mann und auch als Arzt war er den Preis nicht wert, den Sie für den Mord an ihm bezahlt haben, Mrs. Lasch.«
Als Molly aufblickte, bemerkte sie, daß Philip sie anstarrte.
»Was meinen Sie damit, Molly?« fragte er.
Molly sah sich verwirrt um und stellte fest, daß Jenna und Cal sie ebenfalls erstaunt musterten. »Tut mir leid«, stammelte sie. »Offenbar fange ich schon an, laut zu denken. Mir ist nur gerade etwas eingefallen, das Annamarie Scalli am Sonntag abend im Restaurant zu mir gesagt hat. Mir erschien es merkwürdig, wie sicher sie war, daß ich Gary umgebracht habe. Ich hingegen hatte die Hoffnung, sie würde mir gestehen, sie sei wütend genug auf ihn gewesen, um ihn zu töten.«
»Molly, grüble nicht mehr darüber nach. Trink einen Schluck Wein und entspanne dich«, drängte Jenna.
»Hör mir zu, Jenna«, widersetzte sich Molly aufgeregt. »Annamarie sagte, Gary sei als Arzt den Preis nicht wert gewesen, den ich für den Mord an ihm bezahlt hätte. Warum hat sie diese Bemerkung gemacht? Er war doch ein sehr guter Arzt, oder etwa nicht?«
Schweigen herrschte, während Jenna sich weiter am Eßtisch zu schaffen machte. Cal sah Molly wortlos an. »Begreift ihr, worauf ich hinauswill«, fuhr Molly in fast flehendem Ton fort. »Vielleicht ist Gary ein beruflicher Fehler unterlaufen, von dem wir nichts wissen.«
»Das müßte man überprüfen«, meinte Philip ruhig. »Warum sprechen wir nicht mit Fran darüber?« Er warf einen Blick auf Cal und Jenna. »Anfangs war ich dagegen, daß Molly mit Fran Simmons zusammenarbeitet«, erklärte er. »Doch inzwischen kenne ich sie gut genug, um ihr zu glauben, daß sie auf Mollys Seite steht.«
Er wandte sich an Molly. »Übrigens hat sie angerufen, während Sie geschlafen haben. Sie hat sich mit dem Jungen unterhalten, der am Sonntag abend im Restaurant am Tresen gearbeitet hat. Er sagt, er hätte Sie kein zweites Mal nach Annamarie rufen hören, obwohl die Kellnerin das behauptet. Es ist zwar nur eine Kleinigkeit, aber sie könnte uns nützen, um die Frau als unglaubwürdig hinzustellen.«
»Sehr gut. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern«, erwiderte Molly. »Manchmal weiß ich nicht mehr, was Wirklichkeit und was Einbildung ist. Ich habe Dr. Daniels vorhin erzählt, daß ich ständig an etwas denken muß,
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