Wenn Zaertlichkeit dein Herz beruehrt
Erinnerungen in ihr weckten. »Ich lasse dich nicht los.«
Chris schob sich näher heran, und wieder lösten sich Steine und Erde. »Bleib hinten, Seth!«, rief er dem Deputy zu.
»Holen Sie ein Seil und versuchen Sie, den Wagen irgendwie zu sichern!«, ergänzte Victoria in einem Ton, der Chris erstaunt hätte, wenn er genug Zeit gehabt hätte, um darüber nachzudenken. Seth gehorchte, und Chris stemmte das Eisen zwischen Holz und Metall und hob den Hammer.
»Sind Sie verrückt geworden?«, zischte Victoria ihm zu. »Ein Schlag, und wir finden uns alle unten wieder. Sie müssen das Rad von der Achse ziehen.«
Chris' Augen verengten sich, doch er widersprach nicht. Jake hatte Recht. Er schob das Stemmeisen unter den Sicherungsbolzen, der das Rad auf der Achse hielt, und versuchte den verrosteten Metallbolzen zu lockern. Dann schlug er vorsichtig mit dem Hammer dagegen. Lucky wimmerte bei jedem Schlag.
Der Wagen schwankte, Geröll und zerbrochene Holzteile rutschten über den Abgrund. Alle drei erstarrten. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie von unten den Aufprall hörten.
Chris wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Rad zu, versuchte sich zu konzentrieren, während Jake beruhigend auf Lucky einsprach, alle möglichen Fragen stellte, um ihn abzulenken.
Dann schaute Jake den Marshal an, und Chris wusste, dass der Stallbursche begriffen hatte, dass Lucky nicht nur ein einsames Kind war, sondern auch noch ein ganz anderes Problem hatte.
Ein Lasso wirbelte durch die Luft, schwang sich um die Deichsel, und Chris verdoppelte seine Anstrengungen, den Bolzen zu lockern, bis er sich endlich löste.
»Nicht nachlassen, Deputy!«, rief Victoria, als das Seil sich straffte. Dann sah sie den Jungen an. »Ich lasse dich jetzt los, Lucky!«
»Nein, nein, nein!«, schrie der Junge in höchster Angst und umklammerte ihre Hand noch fester.
Der Wagen schrammte mit einem hässlichen Geräusch gegen den Felsen.
Victoria beugte sich vor. »Lucky«, sagte sie mit fester Stimme. »Sieh mich an.« Das Kind richtete den Blick seiner tränenerfüllten Augen auf sie, und ihre Brust zog sich zusammen. Er war halb verrückt vor Angst, denn er begriff nicht, was um ihn herum vorging. »Ich krieche jetzt zu dir unter den Wagen und halte dich fest.«
»Jake!«
Ihr Kopf fuhr herum, und sie setzte sich auf. Blaue Augen funkelten schwarze an. »Sagen Sie Seth, er soll das Lasso an Caesar befestigen. Das wird den Wagen erst mal stabilisieren. Sie ziehen das Rad von der Achse. Und ich halte den Jungen fest. Sobald die Achse frei ist, schneiden Sie das Seil durch, das den Wagen hält.«
»Ich werde den Teufel tun! Ihr würdet B eid e mit nach unten gerissen!«
»Nicht, wenn Sie meine Beine mit einem Seil sichern.« Sein Gesichtsausdruck verriet ihr deutlich, was er von dieser Idee hielt. »Es ist die einzige Möglichkeit, es zu schaffen. Er ist fast verrückt vor Angst, Marshal . Wenn ich ihn loslasse, wird er versuchen, irgendwie allein aus dem Rad zu kommen.«
Sie wartete gar nicht erst darauf, dass er widersprach, sondern rief Seth zu, dass er ihr ein zweites Seil zuwerfen möge. Sie fing es auf und verknotete es um ihre Knöchel. Dann schob sie sich langsam zu dem Jungen unter den Wagen, während der Marshal Seth das andere Ende zuwarf. Victoria konnte nur beten, dass es funktionierte.
Langsam arbeitete sich der schwarze Hengst vor, bis sich das Seil, das den Wagen hielt, wieder straffte. Der Deputy sicherte das zweite Seil am Sattel des Hengstes. Chris erhob sich vorsichtig und versuchte das verbogene Rad von der Achse zu ziehen, drehte es leicht nach links und rechts. Lucky wimmerte, als sich das Rad zu lösen begann, schüttelte sein Bein, als wollte er eine Biene verscheuchen. Doch Victoria redete sanft auf den Jungen ein, hielt sein Bein ruhig und drückte ihn fest an sich. Innerlich versuchte sie sich für den Moment zu wappnen, wenn der Wagen nach unten stürzen würde.
Dann war es so weit.
Die Radnabe rutschte von der Achse, und Jake rollte sich auf Lucky, als der Wagen ruckte. »Jetzt! Schneiden Sie es durch!«
Das Seil peitschte wie eine Schlange durch die Luft, der Wagen kippte, dann verschwand er über dem Rand des Abgrunds.
Genau wie Jake und Lucky.
Chris hielt mit aller Kraft das zweite Seil, bis es sich straffte. Der Hengst stieg protestierend hoch. Die Sekunden, bis der Wagen unten aufprallte, schienen wie eine Ewigkeit. Das Geräusch des zersplitternden Holzes klang so scharf wie ein Gewehrschuss.
Zentimeter
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