Wenn Zaertlichkeit dein Herz beruehrt
nicht den Nachttopf erfunden?« Schon den Gedanke an solche Utensilien verabscheute sie. Aber sie merkte, dass sie ihn nachdenklich gemacht hatte. Sie schnippte die Kippe über die Veranda. »Gut, dann wollte sie also auf die Toilette. Wie weit ist sie vom Haus entfernt?«
»Ungefähr fünfzehn Meter - hin und zurück. Worauf wollen Sie hinaus?«
»Es muss doch Geräusche gegeben haben. Eine Herde, die durchgeht, macht Lärm, und eine Frau, die stirbt, wird nicht unbedingt schweigend sterben.«
»Das Muhen der Herde ist nichts Ungewohntes für einen Mann wie Sean.«
Sie hob die Hand. »Okay. Aber welchen Zweck hätte es haben sollen, sie umzubringen? Wer würde davon profitieren? Ihr gehörte das Land ja nicht, sondern ihm. Ihr Tod würde Sean erst recht nicht dazu bringen, es zu verkaufen, im Gegenteil. Und sofern die Minengesellschaft nicht von ein paar sträflich dummen Leuten betrieben wird, kann man sie getrost als Täter ausschließen. War sie ihrem Mann treu?«
»Soweit ich weiß, ja.«
»Haben Sie ihn gefragt, ob sie irgendwelche Probleme hatten?«
Empört sah er sie an. »Das wäre zu persönlich gewesen!«
»Das ist Mord auch«, erwiderte sie scharf. »Vielleicht hatten sie sich gestritten, und sie ging nach draußen, um sich abzukühlen - und er sah plötzlich die wunderbare Gelegenheit, seine Probleme ein für alle Male zu lösen?«
»Sie hat ihn geliebt, Jake !«, sagte er durch zusammengebissene Zähne. »Ich habe die B eid en zusammen erlebt.«
Sie schnaubte. »Jeder kann Zuneigung vortäuschen.« Sie dachte an ihren Mann und den Ausdruck, den sein Gesicht jedes Mal gezeigt hatte, wenn sie von einem Auftrag zurückgekehrt war.
»Sie haben gehört, was Velvet erzählt hat. Er war im Pearl und wollte sich mit jedem anlegen. Hört sich das so an wie der Mann, dessen Bild Sie zeichnen?«
»Vielleicht tut es ihm inzwischen Leid?« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Aber eine glückliche Frau geht nicht mitten in der Nacht nach draußen und lässt sich von einer Herde, die eigentlich friedlich weiden sollte, zu Tode trampeln.«
»Wölfe haben sie erschreckt«, antwortet er. »Sean sagte, er hätte sie heulen hören.«
Das nahm sie ihm nicht ab. »Wenn er sie gehört hat, warum ist er dann nicht mit aufgestanden, um seine Frau und seine kostbare Ranch zu schützen? Vielleicht hat sie sich mit jemandem getroffen? Vielleicht hat sie versucht, irgendetwas Schlimmes von ihrem Mann und ihrem Besitz abzuwenden. Hatte es Drohungen gegen die Galloways gegeben?«
»Nein, nur den beständigen Druck zu verkaufen.«
Sie zog eine Braue hoch.
»Man hat ihnen sogar viel mehr Geld geboten, als der Besitz wert war.« Aber vielleicht wusste jemand etwas über die Mine, was er selbst nicht wusste, überlegte Chris und gab zu, dass sie einige gute Argumente hatte. Verdammt gute Argumente für eine Frau und jemanden, der von solchen Dingen keine Ahnung hatte - und das nagte an seinem Stolz.
»Von weiteren Drohungen wissen Sie nichts?«
»Nein, verdammt noch mal!«
»Wollen Sie denn nicht die Wahrheit herausfinden?«
»Natürlich will ich das«, fuhr er auf. Seine dunklen Augen wirkten hart wie Stein, bannten sie auf ihren Platz.
»Sie wollen nur nicht, dass ich mich auf Ihr Gebiet begebe, nicht wahr?«
»Sie haben kein Recht dazu! Und, glauben Sie mir, Sean und Kelly waren sehr glücklich, denn sie erwartete ihr erstes Kind.«
Victoria spürte, wie sie unter der Maske ganz blass wurde.
»Sean ist reich genug, wahrscheinlich reicher als die meisten hier in der Gegend. Natürlich kann es sein, dass jemand glaubt, die Galloway-Mine würde ihm noch mehr Reichtum bringen.« Seine Stimme klang barsch, und er spürte, wie er immer wütender wurde. »Ich weiß es nicht, schließlich ist dieser Fall noch nicht abgeschlossen, aber ich werde mir nicht - «
»Aber Sie wollen verdammt sein, wenn Sie sich von einer Frau helfen lassen?« Er wollte etwas sagen, doch sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Ist schon gut. Ich habe kapiert.«
Nach außen hin ließ sie sich nicht anmerken, wie sehr sie sich ärgerte, entspannt hatte sie sich zurückgelehnt, als wollte sie bis zum Sonnenaufgang hier sitzen bleiben. Aber Chris konnte spüren, wie angespannt sie war.
Sie verzog den Mund, als sie seinem Blick begegnete, und Chris spürte, wie eine Welle der Abwehr ihn überflutete, die er mit seinem Verstand nicht erklären konnte. Himmel, langsam fing er wirklich an, ihre Verkleidungen zu verabscheuen. Warum
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