Wenn Zaertlichkeit dein Herz beruehrt
konnte sie ihm nicht einfach vertrauen? Andererseits, bevor Vel aufgetaucht war, hatte er ihr nichts entlocken können.
Doch nun gefiel ihm nicht, in welche Richtung seine Gedanken gingen. Dass sie vielleicht doch Recht haben könnte?, plagte ihn eine boshafte kleine Stimme. Dass sie sogar bessere Schlüsse als er selbst ziehen könnte? Nein, das konnte nicht sein - aber das brachte ihn auf eine andere Idee. Vielleicht arbeitete sie für Pinkerton oder die Regierung?
Victorias Blick fiel plötzlich auf das große schwarze Pferd, das langsam die Straße entlangtrottete. Caesar. Jetzt blieb er stehen, hob den Kopf. Offensichtlich schnupperte er Chris' Geruch, denn er wandte sich nun in Richtung Veranda. Einen Moment starrte Caesar seinen Herrn an, schnaubte, warf den Kopf und stupste Chris auffordernd an der Schulter.
»Nein, das ist meins.«
Victoria schaute Chris an, der ein unschuldiges Gesicht machte und den Hengst ignorierte.
Das Pferd schubste ihn erneut, so heftig, dass Chris fast vom Stuhl fiel.
»Verdammt, Caesar!« Resigniert schob er den Krug über den Tisch, in Caesars Reichweite, und Victoria beobachtete verblüfft, wie der Hengst sein Maul um den Krug schloss, dann den Kopf zurücklegte und das Bier austrank.
»Lass ihn bloß nicht fallen!« Chris schnappte den Krug und stellte ihn wieder auf den Tisch. »Bist du jetzt zufrieden?«
Der Hengst rülpste laut, und Victoria lachte. Chris sah sie an. Es war ein herzliches Lachen, das warme Lachen einer Frau - und diese Frau würde er zu gern kennen lernen.
Abrupt stand er auf und warf ein paar Münzen auf den Tisch.
»Was ist los?«, fragte Victoria überrascht.
»Morgen bei Sonnenaufgang hole ich Sie ab, und dann reiten wir zusammen zur Galloway-Ranch. Um Ihre Hypothese zu überprüfen.«
Es hörte sich wie eine Drohung an. Oder wie eine Herausforderung.
»Ich behaupte ja nicht, dass ich hundertprozentig Recht habe, nur, dass es auch andere Möglichkeiten gibt.«
»Ich stehe vielen Möglichkeiten aufgeschlossen gegenüber, Jake , nur nicht allen, die Sie mir anbieten.« Damit ging er. Victoria schaute ihm hinterher, wie er mit großen Schritten entschwand.
»Das war verdammt sexistisch«, murmelte sie vor sich hin. Sie betrachtete Caesar, dessen dunkler Kopf noch immer über das Geländer der Veranda ragte, und packte seine Zügel. »Findest du nicht auch, dass das eine verdammt sexistische Bemerkung war?«
Caesar schnaubte.
»Ja, das dachte ich mir.«
Nichts, aber auch wirklich nichts konnte sie wütender machen, als wenn ein Mann sie so behandelte, als ob sie nur eine einzige Gehirnzelle in ihrem Kopf hätte.
Hewlett-Packard
9.
Diese Frau macht mich wahnsinnig!, dachte Chris und atmete erst einmal tief durch. Er wagte es nicht, seine Gefühle für sie genauer zu erforschen. Wie konnte er in diese - falschen - blauen Augen schauen und Erregung verspüren? Wenn sie aus sah wie ein Mann!
Aber er konnte die Frau spüren, die sich darunter verbarg, ihre Stärke und ihr Selbstvertrauen. Und wenn er neben ihr stand, dann musste er immer an die Frau aus dem Wald denken - die wilde Berglöwin mit der seltsamen Waffe und dieser kaum wahrnehmbaren Verletzlichkeit, die sie umgab. Mit dieser Frau wollte er zusammen sein, sie ohne ihre Verkleidung sehen.
Ein Laut riss ihn aus seinen Gedanken, und er blickte durch die Gasse hin zur Straße. Dort stand Caesar. Das Pferd schnaubte, warf den Kopf.
»Ich komme ja schon«, murmelte Chris. Er schwang sich nicht in den Sattel, sondern führte das Tier das kurze Stück bis zu seinem Büro, wo er mit Noble noch einiges besprechen wollte.
»Halt ein Auge auf das, was im Pearl vorgeht. Sean war die letzten drei Abende da, und es würde mich nicht überraschen, wenn er auch heute Abend wieder auftaucht.«
Noble blickte ihn stirnrunzelnd über den Rand seiner Zeitung an. »War das Abendessen so schrecklich?«
Chris, der die Post durchging, schaute nicht auf. »Nein, es war sehr nett.«
»Jake scheint ein angenehmer Junge zu sein.« »Ja.«
»Vielleicht sollten wir ihn als Deputy einsetzen.«
Chris hob den Blick. »Nein.«
»Warum denn nicht? Wir könnten durchaus noch einen gebrauchen...«
»Nicht ihn.«
»Stört dich irgendetwas an ihm?«
Ja, dachte Chris, und ob mich was stört! Dass Jake eine Frau ist mit samtweicher Haut, die ich zu gern schmecken würde, und so vollen, verführerischen Lippen, dass ich sie am liebsten die ganze Nacht lang küssen würde. »Ich werde es schon noch herausfinden«,
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