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Wer aaahh sagt...

Wer aaahh sagt...

Titel: Wer aaahh sagt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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sie sie mir besser vor Augen führen könne. Ihr Mann hat eine Firma, die Fertiggerichte herstellt.
    Eine Liebesromanze zwischen Arzt und Patientin hat die reine, tragische Schönheit einer klassischen Liebe zwischen zwei Menschenkindern, die für einander unerreichbar sind. Die Affäre kommt nie zustande, ist nicht erwähnenswert und sollte am besten gar nicht bemerkt werden. Abelard und Heloise hatten es da sehr viel leichter.
    Es ist sonderbar, wenn nicht gar grotesk, wie selbst Ärzte mittleren Alters ihre Patientinnen in Erregung versetzen können. Ich glaube, wir stellen ihre Verführungskünste auf eine Feuerprobe. Sie müssen damit nicht nur wie üblich über Ehefrau, Heim und Familie triumphieren, sondern auch über den gesamten Ärzteverband.
    »Alles in Ordnung«, lächelte ich Mrs. Blessington an und nahm das Stethoskop von den Ohren.
    »Ich bin so froh, Doktor.« Sie griff nach ihrem cremefarbenen Spitzen-BH. »Es wäre entsetzlich, wenn irgend etwas bei der Sommerproduktion der Churchforder Laienspielgruppe dazwischenkäme. Zu guter Letzt hat meine bescheidene Wenigkeit doch die Hauptrolle bekommen.«
    Ich gratulierte ihr.
    »Wir spielen Doppelfehler«, erklärte sie begeistert.
    Ich konnte mich an kein Stück mit diesem Titel erinnern.
    »Sie müssen zur Premiere kommen«, sagte sie beschwörend. »Sie findet im Gemeindesaal von St. Alphege statt, gleich bei Ihnen um die Ecke. Wir haben schon mit den Proben begonnen.«
    Um die Zeit zu überbrücken, während sie ihre weißen Spitzenstrümpfe anzog, erwähnte ich: »In meiner Jugend wurde ich für einen ganz begabten Laienschauspieler gehalten. Als Assistent habe ich viele Rollen gespielt: Charley’s Tante, Captain Corcoran, Othello undsoweiter.«
    Ihre Augen leuchteten noch mehr. »Aber Doktor, Sie müssen eine Rolle übernehmen! Ich bin sicher, daß es da keine Schwierigkeiten geben wird. Wir haben so wenig talentierte Darsteller, noch dazu, wo doch jeder im August verreist ist.«
    Ich murmelte etwas wie, daß das gar nicht in Frage käme.
    »Oh, aber ich bestehe einfach darauf. Das würde enormen Anklang beim Publikum finden. Und dann, natürlich! Wir haben genau die richtige Rolle für Sie: den Arzt!«
    Ich machte weiterhin abwehrende Gesten.
    »Es ist nur eine kleine Rolle, die Ihre Zeit kaum in Anspruch nehmen wird«, fuhr sie fort, während sie ihre Ohrringe befestigte. »Sie und ich könnten so viel Spaß zusammen haben!«
    Ehe ich mich’s versah, hatte ich eingewilligt.
    »Ich bin sehr stolz, daß man mich gebeten hat«, rechtfertigte ich mich abends vor Sandra. »Du erinnerst dich doch sicherlich noch an meine Ausstrahlung auf der Bühne? Als du mich das allererstemal sahst, spielte ich gerade Dick Whittington in der Krankenhaus-Pantomime. Oder vielleicht war es auch die Katze.«
    »Tu, was du willst, Liebster, aber die meisten Männer in deinem Alter und in deiner Stellung bemühen sich, keine Narren aus sich zu machen und stürzen sich nicht kopfüber in eine solche Dummheit.«
    Ich war gekränkt.
    »Die Laienspielgruppe besteht aus höchst angesehenen Leuten«, widersprach ich. »Sir Damian Havers ist der Präsident - obwohl er genausowenig eine Aufführung besuchen würde wie Gott an einem Sonntagmorgen die Kirchenbank.«
    Am nächsten Abend nahm ich zum erstenmal an einer Probe teil. Doppelfehler war bereits ein Thriller gewesen, als das erste Mal der Vorhang zu »Die Mausefalle« hochgegangen war. Die Handlung spielt in der Woche des Wimbledon-Turniers im Wohnzimmer eines Landhauses in Sussex. Sie rankt sich um die treulose Frau des steinreichen Gastgebers (Mrs. Blessington), die sich den Luxus einer heimlichen Liebesaffäre mit dem Sieger des Herren-Einzels leistet - damals waren die Wimbledonsieger eben nicht alle ungezogene Teenager.
    Draußen war es kühl geworden. Auf dem Weg zum Gemeindesaal von St. Alphege fragte ich mich, ob ich wohl endlich den Mann kennenlernen würde, der meine Tochter trauen sollte. Seit wir in Churchford wohnten, war mein Nachbar in der Gemeinde Reverend James Rumbold gewesen, ein guter Mann, dick, mit einem rosigen Gesicht, der an Rückenschmerzen litt. Er hatte sich diesen Sommer zur Ruhe gesetzt, um für den Rest seines Lebens - man sagt dem Klerus ja sagenhafte Langlebigkeit nach - Forellen zu fischen; er zeigte keinerlei Ungeduld, daß die Freuden des Lebens nach dem Tode, die er fünfzig Jahre hindurch gepriesen hatte, auf sich warten ließen.
    Sein Nachfolger war Reverend Ron Flood, ein schlanker,

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