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Wer abnimmt, hat mehr Platz im Leben

Titel: Wer abnimmt, hat mehr Platz im Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stelter
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wirklich richtig abgenommen, nur um direkt danach das verlorene Gewicht zuzüglich Zins- und Zinseszins wieder zuzunehmen. Was mir bei Diäten als Erstes fehlte, war die Geduld. Am Anfang ging es noch gut, in den ersten vier, fünf Stunden, aber dann war eine Diät einfach des Guten zu wenig. Es gab Diäten, da hatte ich in zwei Wochen vierzehn Tage verloren.
    Wir haben wirklich alles ausprobiert. Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern, als Anne freudestrahlend mit einem ganzen Packen von Heften und Broschüren, mit Blocks voller Formulare und einer Art Taschenrechner unter dem Arm in unsere gemütliche Küche kam und sagte: »Ich bin jetzt bei den Weight Watchers.«
     
     

Die zweite Minute
     
     
     
     
    Als ich einige Tage zuvor nach dreißig Minuten körperlicher Höchstleistung und mit einem gefühlten Puls von zweihundertdreißig, die Kühle des Autofensters an meiner Stirn genoss, während meine Lunge taubeneigroße Teerpartikel die Luftröhre hochzubugsieren versuchte, war die Prognose, dass ich schon sehr bald zwei Minuten am Stück laufen würde, reine Fantasterei.
    Anne hatte nach unserem ersten Lauf sofort die Waschmaschine angeschmissen, damit die verräterischen Düfte aus unserer Funktionskleidung verbannt wurden und der Wagen nicht schon bald riechen würde wie ein Raubtierkäfig. Wir hatten uns nur einen Tag Pause gegönnt, und schon saßen wir wieder im Wagen und fuhren zu dem verlassenen Feldweg in der Nähe des Bornheimer Wäldchens. Mit der Stoppuhr in der Hand trabten wir wieder los. Eine Minute laufen und zwei Minuten gehen.
    Der heiße Wunsch, das fast schon schmerzhafte Sehnen nach der Stoppuhranzeige 1 : 00 , 00 , also nach dem Signal, dass es mir erlaubte, vom Galopp, oder besser vom Trab, in den Schritt fallen zu dürfen, das war ein seit Jahren nicht mehr gekanntes Gefühl, vergleichbar nur mit dem Herzklopfen, dass ich als Sechsjähriger hatte, wenn ich am 24 . Dezember vor der weiß lackierten Wohnzimmertür stand, hinter der gleich ein Glöckchen ankündigen würde, dass das Christkind die Geschenke unter den Weihnachtsbaum platziert hatte. Vielleicht auch noch vergleichbar mit den Gedanken des Siebzehnjährigen, der sich erstmalig an einem BH -Verschluss versucht.
    Es ist ein schleichender Prozess. Mit dieser Umschreibung könnte man sicher auch meinen damaligen Laufstil treffend charakterisieren, aber ich meine in diesem Falle das Herbeisehnen der vollen Minute auf der Stoppuhr. Am Anfang ist es überlebenswichtig, dann ist es noch entscheidend für den Erfolg des Tages, plötzlich ist es noch beruhigend, am Ende ist es gar nur eine Frage des Komforts. Economy oder Business. Man kann bei 1 : 00 , 00 aufhören, man muss aber nicht. Man könnte so was von locker auch 1 : 00 , 07 oder sogar 1 : 00 , 08 schaffen.
    Als wir vier Laufeinheiten hinter uns hatten, kam der Vorschlag nicht von den Familienmitgliedern. Ich hatte Tristan und Edda natürlich angesehen, dass sie unsere Gehpassagen ziemlich gelangweilt über sich ergehen ließen, und auch Anne legte eine durchaus als entspannt zu bezeichnende Atmung an den Tag. Aber niemand murrte. Es war also an mir, die Verschärfung unseres Laufpensums zu verkünden.
    Unsere Laufpassagen wollte ich noch nicht verlängern, zwei Minuten traute ich mir einfach nicht zu, aber die Regenerationsphasen konnten verkürzt werden. Wir einigten uns auf den Rhythmus »Eine Minute laufen, eine Minute gehen«, und ich war wirklich überrascht: Das lief ganz gut, ich lief ganz gut. Nur manchmal fürchtete ich, auf die Fresse zu fallen, weil die stolzgeschwellte Brust meinen Körperschwerpunkt unvorteilhaft nach vorne verlagerte. Wenn mich doch jetzt mein alter Sportlehrer sehen könnte …
     
     

Holland
     
     
     
     
    Der 11. April 2004 war ein ausgesprochen sonniger Tag, glaube ich zumindest, denn es war der erste Tag unserer Osterferien, und wenn Engel reisen, lacht bekanntlich der Himmel. Die Mienen von Edda und Tristan waren auf jeden Fall sonnig, denn es war der Tag, an dem Holland rief.
    Die Osterferien wollten wir endlich mal wieder bei unseren liebenswerten Nachbarn, den Niederländern, in unserem Feriendomizil auf Rädern verbringen. Der Dethleffs 560 TK stand nun schon fast ein halbes Jahr ungenutzt auf dem Campingplatz »Camping de Grevelinge« in Noordkapelle. Das galt es zu ändern.
    Die Vorfreude ist bei uns immer groß, wenn wir den Wagen beladen und kurze Zeit später über die A 4 in Richtung Antwerpen düsen, aber dieses Jahr gab

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