Wer abnimmt, hat mehr Platz im Leben
gemacht, mit Risotto und Fenchelgemüse.« Während des Strickens, auf einem Zwei-Flammen-Gaskocher. Anne ist halt eine Frau.
Ich kann das nicht. Ich brauche einen Plan.
Am Morgen nach meinem einsamen Entschluss, meine Ernährung und damit auch mich selbst zu verschlanken, saß ich um halb sieben am Schreibtisch.
Ich hatte am Abend auf mein lieb gewonnenes Glas Rotwein verzichtet, ich war gegen halb zwölf ins Bett gegangen. Ich hatte knapp sieben Stunden geschlafen, und dann war ich wach. Ich hätte mich jetzt noch drei- oder viermal umdrehen können, aber ich hatte eine Idee, und wenn ich Ideen habe, dann muss ich aufstehen und sie aufschreiben. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, wann ich die Idee habe, ich werde auch schon mal nachts um drei wach, auch dann duldet die Idee keinen Aufschub. Also war halb sieben eine humane Zeit für eine gute Idee. Ich stand auf, warf mir meinen Bademantel über, machte mir einen Kaffee und setzte mich ins Büro.
Seit ein paar Jahren besitze ich eine ledergebundene Kladde, auf den Deckel ist das Wort »Agenda« geprägt. Diese Kladde ist mein ständiger Begleiter, zu Hause liegt sie auf dem Schreibtisch, auf Tournee habe ich sie in meinem silberfarbenen Notfall-Bürokoffer immer mit dabei. Ich nehme sie sogar mit in den Urlaub. In dieses Heft notiere ich Ideen, Witze, Telefonnummern, Restaurant-adressen.
Ich klebe Zeitungsartikel ein oder schreibe wichtige Zitate aus Büchern auf, die ich gerade gelesen habe, wie zum Beispiel: »Mutter versuchte, die Liebe zwischen uns herbeizuschreien.« (Henning Mankell in »Die italienischen Schuhe«) oder Zitate von Prominenten: »Ich bevorzuge junge Männer. Sie wissen zwar nicht, was sie tun, aber sie tun es die ganze Nacht.« (Madonna).
An diesem Morgen saß ich also an meinem Schreibtisch, bewaffnet mit Bleistift und Geodreieck, und ich malte mir einen Kalender in meine Agenda, denn als ich vor einer knappen Stunde sehr ausgeschlafen in meinem Bettchen lag, wusste ich plötzlich, wie der »Kerl« seinen Plan aufstellen kann.
Der letzte Tag der Buchmesse in Frankfurt war der 19 . Oktober. Das war der erste Tag meines neuen Lebens. Ich hatte mir sechs alkoholfreie Wochen vorgenommen, also zog ich mit dem Bleistift sieben Linien in das Heft, dann maß ich mit dem Geodreieck sieben Felder à 1 , 5 cm ab, und so erstellte ich einen Kalender für meine »Wohlfühlwochen«.
Es entstanden zweiundvierzig Felder. Am Ende eines alkoholfreien Tages würde ich ein Kreuzchen durch das entsprechende Feld machen. Wenn ich sündigte, gab es einen Kringel.
Und noch etwas war mir sehr wichtig. Ich wollte wieder regelmäßig Sport treiben. Ich hatte schon früher in der Kladde aufgeschrieben, an welchem Tag ich welche Strecke gelaufen war. Dann hat man am Ende eine Tabelle, aber jeder Schüler weiß, Tabellen sind einfach nicht spannend.
Die Felder für jedes einzelne Datum hatten entweder ein Kreuz oder einen Kringel, je nach Weinchen oder nicht, aber die Felder waren alle weiß. Genau das konnte man ja ändern. Für eine Stunde Sport wurde das Feld mit einem Marker gelb ausgemalt. War der gelbe Marker nicht zur Hand, dann konnte das auch schon mal in grün oder rosa passieren. Unter meinen kleinen Kalender notierte ich dann, wohin ich gelaufen war und wie lange es gedauert hatte.
Ich saß an meinem Schreibtisch und malte mir aus, wie viele Felder ich wohl in den nächsten sechs Wochen einfärben würde. Die Tournee ging ja bald weiter. Ich sah mich vor meinem geistigen Auge durch die Schwäbische Alb, rund um den Döllnsee bei Templin oder den Hellweg entlang von Unna zu meinem Elternhaus nach Stockum laufen.
Anne stand ein kleines bisschen verschlafen in der Tür und fragte, was ich da mache. Ich erklärte ihr mein schriftliches Multifunktions-Abnehm-Tool. Anne war dieses Mal überhaupt nicht meiner Meinung. Ich habe ja schon erwähnt, dass Anne keine schriftlichen Hilfsmittel braucht, weil sie ja bis zum Abwinken multitaskingfähig ist. Sie hatte ein ganz anderes Problem. Sie sagte: »O.k., bei der Ernährungsumstellung mache ich mit, aber ich beweise dir, dass das auch ohne Sport geht.«
Wohlfühlwochen Herbst 2008
Der 19 . Oktober war der erste Tag meiner Wohlfühlwochen. Er bekam das erste Kreuz in meinem selbst gebastelten Kalender, das zweite folgte am 20 .! Aber beide Tage sahen verdächtig weiß aus in meinem Wochenplan. Das musste ich ändern. Mindestens dreimal Sport in der Woche hatte ich mir
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