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Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall

Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall

Titel: Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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liegt gleich hier drüben. Kommen Sie, werfen Sie einen Blick darauf, bevor das Licht zu schlecht wird.« Er marschierte los. Meredith und Ursula folgten ihm, und Karen bildete gemeinsam mit dem Hund den Schluss. Karen hatte während Jacksons Bericht zugehört, hin und wieder zustimmend genickt, aber sonst ihre offenbar übliche Zurückhaltung bewahrt. Mangelndes Selbstvertrauen, dachte Meredith, während sie über eine Holzdiele balancierte. Schade, aber schwer zu heilen.
    »Da sind wir!«, sagte Jackson in steifem, sachlichem Ton. Er war vor einer rechteckigen Plane stehen geblieben, die auf dem Boden festgepflockt war.
    »Nimm dieses Ende dort, Karen.« Also weiß er, dass sie mitgekommen ist!, dachte Meredith überrascht. Karen eilte vor und bückte sich, um den nächstgelegenen Pflock zu lösen. Gemeinsam mit Jackson rollte sie die Plane zurück. Und damit enthüllte sich ein Ereignis, das mehr als tausend Jahre zurücklag: Ein sächsischer Krieger erblickte Licht und Luft. Es war ein außerordentliches und, wie Meredith zugeben musste, geradezu unheimliches Erlebnis. Zuerst sah man die Fußknochen, trocken, stumpf, farblos und brüchig. Dann die Schienbeine und die Oberschenkelknochen, leicht angewinkelt, als wäre er mit zur Seite gebogenen Knien bestattet worden. Vielleicht hatten seine Kampfgefährten das Grab nicht in der angemessenen Länge ausgehoben, und er hatte nicht richtig hineingepasst. Als Nächstes kam das Becken in Sicht, dann sah man die zerschmetterten Rippen und ein paar verstreute Knochen, wahrscheinlich vom linken Arm. Die Knochen des rechten Arms waren in den Rippen verfangen. Als Letztes, dort, wo tiefe Schatten das Grab einhüllten, kam der Schädel zum Vorschein, glänzend im Dämmerlicht und überraschend gut erhalten. Die gelben Zähne waren beinahe vollständig, auch wenn sich der Unterkiefer gelöst hatte und auf der Seite lag. Die leeren Augenhöhlen starrten Meredith in einer Weise an, die sie als feindselig empfand – als hätte dieser kämpfende Krieger längst vergangener Zeiten noch immer die Macht aufzuspringen, um den Menschen den einen oder anderen hässlichen Schrecken einzujagen, weil sie es gewagt hatten, seine Totenruhe zu stören. Der Krieger war so real, dass sie das Gefühl hatte, nur aufblicken zu müssen, um seine Silhouette auf dem Erdwall über ihnen zu sehen, von wo aus er ihr Treiben beobachtete. Ursula sprach; vielleicht hatte sie gespürt, was in Meredith vorging.
    »Er war ziemlich groß, nicht wahr? Gut sechs Fuß. Die Knochen des linken Oberarms sind für weitere Untersuchungen im Labor. Aber das war ganz sicher ein Kämpfer, und seinem Gebiss nach zu urteilen, war er im besten Alter, wahrscheinlich um die Zwanzig. Er lag unter seinem Schild begraben, wie es bei den Sachsen üblich war.« Meredith erschauerte.
    »Und wo ist der Schild?«, fragte sie, ohne den Blick von den alten Knochen zu lösen.
    »Zur Röntgenanalyse und Konservierung. Das heißt, was von ihm noch übrig ist. Eigentlich nur der zentrale Schildbuckel aus Metall und ein paar metallene Beschlagnägel vom Rand. Er war wohl aus Holz gemacht und ist verrottet. Der Speer des Kriegers lag wahrscheinlich ebenfalls im Grab, aber von ihm ist nichts mehr übrig. Weggerostet.«
    »Das ist … faszinierend«, sagte Meredith leise.
    »Dann stellen Sie sich nur vor, wie erst Wulfrics Grab sein muss!«, platzte Jackson heraus.
    »Die Grabkammer eines sächsischen Stammesfürsten, die niemand je gefunden hat! Wäre das nämlich der Fall, würde es in irgendeiner Chronik erwähnt. Man gräbt keinen Schatz aus, ohne dass es irgendjemand erfährt.«
    »Ganz schön schaurig, wie?«, sagte unvermittelt eine fremde Stimme von oben, gefolgt von einem heiseren, hämischen Lachen. Sie alle zuckten zusammen und sahen erschrocken auf. Weiter oben auf dem Hügel, ein paar Yards entfernt, stand ein zwielichtiger Jugendlicher und blickte auf das Skelett herab. Der Junge trug abgerissene Jeans, hatte sich den Schädel kahl rasiert, und seine Ohren starrten geradezu vor goldenen Ringen. Er ist aus dem Lager, dachte Meredith erleichtert, während sich ihr plötzliches Herzklopfen wieder beruhigte und der Schauer abergläubischer Ehrfurcht verklang.
    »Das Grab darf nicht gestört werden!«, brüllte Jackson und lief vor Zorn rot an. Der Jugendliche grinste verschlagen.
    »Ich hab’s ja gar nicht gestört. Ich sehe es nur gerne an. Ich find’s interessant.«
    »Nun, ja.« Ursula bemühte sich als

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