Wer anders liebt (German Edition)
bezahlte, und sie gingen hinaus, setzten sich ins Auto, warteten und hielten Ausschau nach dem Mann. Bald darauf erschien er mit einer Tüte in jeder Hand.
»Siehst du den Granada?«, fragte Kristine.
Nein, dachte Reinhardt, keinen Granada, aber in Bezug auf das Auto konnte er sich geirrt haben. Das sagte er aber nicht, er irrte sich nicht gern. Jetzt steuerte der Mann ein weißes Auto an.
»Carina«, sagte er aufgeregt. »Ein alter Toyota Carina. Der kann als Granada durchgehen, wenn du ihn von hinten siehst, ich hätte einen Carina erkennen müssen, dass das passieren konnte! Wir müssen die Nummer aufschreiben. Hast du was zu schreiben, Kristine, wir notieren die Nummer und zeigen ihn an. Beeil dich doch. Herrgott, bist du gelähmt oder was?«
Sie suchte in ihrer Tasche nach Papier und Stift, während der Mann seine Einkäufe im Kofferraum verstaute. Er hatte etwas Langsames und Zögerliches, als ob ihm alles Probleme bereitete. Kristine kritzelte die Nummer auf einen Zettel.
»Wir fahren hinterher«, bestimmte Reinhardt.
Kristine sah ihn skeptisch an. »Das ist doch wohl nicht nötig«, sagte sie. »Wir haben ja die Autonummer. Wir rufen einfach an.«
Aber Reinhardt ließ sich nicht beirren. »Ich will sehen, wo er wohnt«, sagte er. »Das muss sein. Sieh mal, er biegt nach rechts ab, sicher ist er aus Huseby. Er fährt schnell. Und er blinkt auch nicht. Scheißfahrer!«
Kristine stöhnte verzweifelt.
»Wenn er abbiegt, müssen wir aufgeben«, sagte sie, »wir können doch nicht wildfremde Leute verfolgen, nur um zu sehen, wo sie wohnen.«
»Ich hab keine Probleme damit, ihm zu folgen«, sagte Reinhardt. »Danach rufen wir die Wache an und nennen die Nummer und die Adresse und alles. Verdammt«, sagte er und schlug mit der Faust auf das Lenkrad. Er war so erregt, dass seine Wangen glühten.
»Du kannst dich irren«, sagte Kristine.
»Diesmal nicht. Gib zu, dass er Ähnlichkeit mit dem Mann hat, die totale Ähnlichkeit.«
»Er sieht ihm ähnlich«, sagte sie. »Sowas kommt vor.«
»Er hinkt«, sagte Reinhardt.
»Das tut mein Onkel auch«, sagte Kristine, »er hat eine Geschwulst im Knie.«
»Jetzt hör auf mit dem Unsinn«, rief Reinhardt wütend. »Du warst meiner Ansicht, also mach jetzt keinen Rückzieher.«
Sie folgten ihm elf Kilometer weit. Wie Reinhardt erwartet hatte, fuhr er in Richtung Huseby, durchquerte das Zentrum und bog dann oben an einem steilen Hang nach links ab.
»Granåsvei«, sagte Reinhardt. »Ich wette, er wohnt im Granåsvei. Vielleicht hat er da etwas gemietet.«
»Wir können ihm nicht bis zum Haus folgen«, protestierte Kristine. »Jetzt sieht er uns im Spiegel, vielleicht ruinieren wir alles. Ich glaube nicht, dass es der Polizei gefällt, wenn wir auf diese Weise Detektiv spielen.«
»Jetzt machen wir verdammt noch mal weiter«, sagte Reinhardt. »Ich will sehen, wo er wohnt.«
Der Wagen glitt langsam zu einem Briefkastengestell und der Mann stieg aus.
»Er macht den mittleren Kasten auf«, sagte Reinhardt.
Der Mann stieg wieder ins Auto und fuhr nach rechts, er hielt vor einem alten Haus unten in einer Senke.
Reinhardt trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad.
»Er sieht uns«, sagte Kristine. »Er sieht, dass wir ihm gefolgt sind.«
»Jetzt geht er ins Haus«, sagte Reinhardt, »beeil dich, sieh dir seinen Briefkasten an.«
Sie sprang aus dem Wagen und ging zu den Briefkästen. Blieb dort zwei Sekunden stehen, kam zurück und stieg wieder ein.
»Er heißt Brein«, sagte sie. »Wilfred A. Brein. Können wir jetzt fahren?«
33
Am nächsten Morgen fuhr Reinhardt aus dem Bett hoch, um Nachrichten zu hören. Die Sache wurde mit keinem Wort erwähnt. Er lief zum Briefkasten und holte die Zeitung, blätterte fieberhaft darin, aber dort stand nichts über den Mann aus dem Linde-Wald, kein Wort davon, dass die Polizei endlich den entscheidenden Hinweis erhalten und einen Verdächtigen verhaftet hatte. Das konnte nur zwei Dinge bedeuten. Der Mann war vernommen worden und stand nicht mehr unter Verdacht, oder sie trödelten auf unbegreifliche Weise herum. Hatten sie seinen Anruf nicht ernst genommen? Bei dieser Vorstellung sprang er auf und nachdem er einige Runden durch das Zimmer gedreht hatte, rief er auf der Wache an.
Eine Beamtin antwortete.
»Wir gehen allen Hinweisen nach«, sagte sie. »Aber das dauert seine Zeit. Es kommen noch immer viele Anrufe.«
»Aber das war kein normaler Hinweis«, sagte Reinhardt und die Frustration ließ seine Stimme
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