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Wer anders liebt (German Edition)

Wer anders liebt (German Edition)

Titel: Wer anders liebt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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gelang. Dann kam ein Mann den Strand entlang.
    »Wir kriegen Besuch«, sagte Skarre.
    Der Mann hatte einen raschen, energischen Gang, er war ziemlich klein und kahlköpfig, er trug eine dunkelblaue Daunenjacke und verschossene Jeans. Er hob die Hand zu einem feierlichen Gruß, er erinnerte sie an ein Kind, das vor wunderbaren Neuigkeiten fast schon platzt.
    »Ich heiße Andor«, sagte er und stellte sich breitbeinig vor sie. Sejer und Skarre musterten ihn neugierig.
    »Ihr seid die Polizei«, stellte er fest.
    Sie nickten.
    Er trat näher heran. Lächelte selbstsicher. Seine Haut war seltsam klar und rein, als sei das Leben an ihm vorübergezogen, ohne Spuren zu hinterlassen.
    »Ich wohne in dem gelben Haus da oben.«
    Er drehte sich um und zeigte darauf. »In dem großen da, dem dreistöckigen. Da oben bei dem großen Balkon, da liegt mein Schlafzimmer. Das Fenster steht offen, fällt mir gerade auf. Ja, ja, das habe ich vergessen. Wenn es nur nicht regnet, sonst wird mein Bett nass.«
    Sejer und Skarre sahen zu dem gelben Haus hoch.
    »Es ist ein altes Bahnhofsgebäude«, sagte Andor. »Früher fuhr hier eine Eisenbahn bis ans Wasser.«
    »Also?«, fragte Sejer. Er musterte den Mann, der sich Andor nannte. Er mochte um die vierzig sein, er hatte kleine Patschhände mit kurzen Fingern und einen leichten Bauchansatz. Zurückgeblieben, überlegte Sejer. Nein, das nicht, nur anders. Einer, der sich sicher fühlte in seinem eigenen Reich, wo er König war.
    »Ich wohne mit meiner Mutter zusammen«, erklärte Andor.
    Skarre lächelte strahlend. Andor war eindeutig Frührentner.
    »Mutter kocht«, sagte er, »und ich besorge das Geld. Ich empfange Leute, jeden Tag, zwischen zehn und zwei.«
    »Du empfängst Leute?« Skarre sah ihn fragend an.
    »Die kommen aus ganz Ostnorwegen. Die kommen mit allen möglichen Problemen. Ich habe warme Hände.«
    »Du bist Heiler«, stellte Skarre fest.
    »Richtig«, sagte Andor und nickte. Vor lauter Stolz auf seine Fähigkeiten stemmte er die Hände in die Hüften und versuchte, wichtig auszusehen.
    »Wie schön«, sagte Skarre großzügig.
    Andor sah Sejer an, jetzt war sein Blick scharf. »Du hast ein Ekzem«, sagte er.
    Sejer sah ihn mit großen Augen an.
    »Ja«, sagte er überrascht. »Das stimmt. Woher weißt du das?«
    »Das kann ich sehen«, sagte Andor einfach. »Und jetzt ist es schlimmer. Weil ihr Edwin nicht findet.«
    »Du beeindruckst mich«, sagte Sejer. »Stimmt, das macht mir zu schaffen. Hast du einen guten Rat?«
    Andor nickte gelassen.
    »Du musst deinen Sessel verschieben«, sagte er. »Den, in dem du abends sitzt.«
    »Den Sessel verschieben?«, fragte Sejer überrascht. »Aber der steht so schön am Fenster, sodass ich Ausblick auf die Stadt habe.«
    »Ja, ja«, sagte Andor, »ich sag ja auch nicht, dass du ihn ans andere Ende des Zimmers stellen sollst. Dreh ihn einfach ein bisschen um. Es geht darum, dass du aus dem Feld rausmusst, in dem du jetzt sitzt, und rüber in ein anderes.«
    Sejer nickte brav.
    Andor ging zum Ende des Stegs, blieb eine Weile dort stehen und schaute aufs Wasser hinaus. Jetzt schien er weder gehen noch reden zu wollen. Trotzdem stand er stocksteif da, wie um den beiden anderen etwas anzubieten. Nach einer Weile begann Sejer zu ahnen, was Andor wollte.
    »Hast du Jonas und Edwin gekannt?«, fragte er.
    Andor drehte sich langsam um. »Ich kenne alle in Huseby.« Sejer erhob sich mühsam, er ging über den Steg und stellte sich neben ihn.
    »Wo sollen wir also suchen?«
    Andor schaute zu dem um einiges größeren Hauptkommissar hoch.
    »Ich finde es schon seltsam«, sagte er, »aber ich sage nur, was ich sehe. Ihr müsst selbst herausfinden, was das bedeutet.«
    »Was siehst du?«
    »Hasselbäck«, sagte er. »Sonst nichts. Ich denke an Edwin, und dann kommt das Wort Hasselbäck. Ich habe es auf der Landkarte gefunden, es liegt in Schweden. In Västmanland.«
    Sejer runzelte die Stirn. »Soll das heißen, dass irgendwer ihn mit nach Schweden genommen hat?«
    Jetzt war Andor irritiert. »Natürlich nicht«, erklärte er. »Das hast du gesagt. Ich sage, was ich sehe, ich kann nicht erklären, was das alles bedeutet.«
    Er machte auf dem Absatz kehrt und ging mit energischen Schritten zu dem gelben Haus hoch. Die beiden Männer blieben verwirrt zurück.
    »Hasselbäck«, sagte Skarre nachdenklich. Und mit einem Blick zu seinem Chef: »Glaubst du solchen Leuten?«
    Sejer zuckte mit den Schultern.
    »Ja«, sagte er schließlich. »Die glauben,

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