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Wer bin ich ohne dich

Wer bin ich ohne dich

Titel: Wer bin ich ohne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Nuber
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viele junge Frauen, die wollen ein aktives und aufgeschlossenes Leben führen. Doch dann kriegen sie Angst vor | 132 | der eigenen Courage – vor allem, wenn es um eine enge, intensive Beziehung zu einem männlichen Partner geht. Dann kommen Tradition und überkommene gesellschaftliche Muster ins Spiel, die der Frau eine passivere Rolle zuschreiben. Und viele Frauen trauen sich nicht mehr, etwas zu tun, was die traditionellen Wege nicht vorsehen. Zumal, wenn der Mann darunter leidet und sie die Beziehung nicht aufs Spiel setzen wollen.«
    In diesen beiden Zitaten wird kein Loblied auf Frauen gesungen. Im Gegenteil: Aus diesen Aussagen klingt harsche Kritik an den schwachen Frauen, die scheinbar nichts gelernt haben. Immer noch ordnen sie sich dem Mann unter, immer noch hat die Beziehung für sie oberste Priorität. Immer noch handeln Frauen nach dem traditionellen Muster, nach dem seine Karriere wichtiger ist als ihre. Diejenigen, die sich da so kritisch über das weibliche Geschlecht äußern, müssen es wissen: Das erste Zitat stammt von der Psychoanalytikerin Eva Jaeggi, das zweite von dem Pädagogikprofessor Klaus Hurrelmann. Beide formulierten ihre Meinung im Gespräch mit der Journalistin Bascha Mika, die diese Statements in ihrem Buch Die Feigheit der Frauen veröffentlichte. Die Idee zu diesem Thema kam ihr, so schreibt sie im Vorwort, weil sie immer wieder gut ausgebildeten und erfolgreichen Frauen begegnete, die irgendwann in alte Rollenmuster zurückfielen und auf die eigene Karriere zugunsten von Partnerschaft und Familie verzichteten. Dem Stern gegenüber meinte Bascha Mika im Juni 2011: »Frauen entscheiden sich falsch, sie entscheiden nicht für sich, sondern zugunsten der Beziehung. Studentinnen glänzen durch gute Noten – aber verfolgen ihren Lebensplan nicht so konsequent wie Männer. Dadurch unterstützen sie die Entwicklung des Partners mehr als ihre eigene … Viele Frauen unterwerfen sich heute einem konservativen Rollenbild, in das sie sich längst nicht mehr einfügen müssten.« | 133 |
    Liest eine Frau diese Meinungsäußerungen, kann sie nur eine Schlussfolgerung für sich daraus ziehen: Ihr Wunsch nach Beziehung, ihre Rücksichtnahme auf andere Menschen ist falsch. Ihre Prioritäten sind falsch. Sie selbst ist falsch! Wenn sie die Beziehung zu anderen wichtiger nimmt als beispielsweise die eigene Karriere, dann ist sie »feige« und schwach. Dann unterwirft sie sich traditionellen Rollenbildern, lässt anderen den Vortritt und beansprucht für sich bescheiden die Plätze in den hinteren Reihen. Dann liebt sie zu viel und benutzt zu selten ihre Ellenbogen.
    Frauen – das schwache Geschlecht! Als Vorbild werden ihnen die Männer entgegengehalten – die seien autonom, unabhängiger von Beziehungen und machten sich weniger Gedanken um deren Qualität. Es scheint, als hätte sich durch Emanzipation und Frauenbewegung nichts geändert. Noch immer sind Frauen nicht autonom und unabhängig, noch immer spielen sie ihre Stärken nicht aus, noch immer passen sie sich an und ordnen sich unter. Der Chor der Stimmen, der Frauen heftige Vorhaltungen macht und ihr Verhalten verurteilt, ist laut und vielstimmig.
    Frauen hören diese Stimmen und glauben, was diese ihnen sagen. Denn auch Frauen denken, dass sie nur dann stark und selbstständig sind, wenn sie sich autonom und unabhängig fühlen und emotional nicht allzu angewiesen auf andere Menschen sind. Auch sie denken, dass ihre Orientierung an den Bedürfnissen anderer eine Schwäche ist und nicht normal. Frauen versuchen daher alles, um ebenso autonom und unabhängig durchs Leben zu gehen wie das männliche Geschlecht. Wenn sie das nicht schaffen, wenn ihnen dann doch die Beziehung wichtiger ist als der nächste Karriereschritt, wenn sie ihrem Partner in eine andere Stadt folgen und dafür ihren eigenen Arbeitsplatz aufgeben oder wenn sie – um ein harmloseres Beispiel zu wählen – am Abend lieber mit ihm zu Hause bleiben, statt zum Yoga | 134 | kurs zu gehen, fühlt sich das einerseits richtig für sie an, doch andererseits nagt auch das schlechte Gewissen an ihnen. Denn eine emanzipierte Frau sollte ihre eigenen Interessen nicht hintanstellen und schon gar nicht darf sie emotional bedürftig sein.
    Ein Ehepaar meldet sich zur Paartherapie an. Der Grund: Sie fühlt sich von ihm nicht geliebt, und er weiß nicht, was er noch tun soll. Schon gleich in der ersten Stunde nimmt sie die Schuld für das Problem auf sich. Sie schildert ihre

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