Wer bin ich ohne dich
Elemente der Psychoanalyse: Zu Beginn der Therapie arbeiten Patient und Therapeut zusammen, um früh erworbene negative Beziehungsregeln des Patienten aufzudecken und zu erkennen, wie diese Regeln seine aktuellen Erfahrungen in der Beziehung zum Therapeuten beeinflussen. Im Laufe der Therapie lernt der Patient durch den Therapeuten oder die Therapeutin andere, positive Verhaltensweisen kennen und kann in Beziehungen wieder Vertrauen fassen.
Erste Untersuchungen zeigen, dass CBASP – vor allem in Kombination mit Medikamenten – erfolgreich ist. Allerdings liegen noch keine Studien über Langzeiterfolge vor. | 231 |
Achtsamkeitstherapie: »Depressionen verursachen großes Leid. Sie sind der ›schwarze Vogel‹ in der Nacht, der Ihnen die Freude nimmt; der unruhige Geist, der Ihnen den Schlaf raubt. Sie sind der Dämon am Mittag, den nur sie allein sehen können; die Dunkelheit, die anderen verborgen bleibt.« Mit diesen Sätzen leiten die Autoren und Psychotherapeuten Mark Williams, John Teasdale, Zindel Segal und Jon Kabat-Zinn ihr Buch Der achtsame Weg durch die Depression ein. Darin beschreiben sie einen neuen Ansatz zur Behandlung der Depression: die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie (Mindfulness Based Cognitive Therapy, MBCT). Anders als die kognitive Verhaltenstherapie, arbeiten Achtsamkeitstherapeuten nicht mit dem Klienten daran, negative Gedanken durch positivere auszutauschen. »Wir helfen den Teilnehmenden nicht, die Inhalte ihres negativen Denkens zu verändern«, sagt Mark Williams. »Wir unterstützen sie vielmehr dabei, ihre Beziehung zu Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen generell zu verändern. So können sie entdecken, dass es sich nur um flüchtige Ereignisse des Verstandes und des Körpers handelt. Sie können selbst entscheiden, ob sie sich mit ihnen beschäftigen oder nicht.« In der Achtsamkeitstherapie sind nicht die Gedanken das Problem, sondern die Art und Weise, wie Menschen mit ihren Gedanken umgehen. Mark Williams: »Durch die wiederholte Übung im Wahrnehmen und interessierten Beobachten sowie in Mitgefühl und Teilnahme lernen die Teilnehmenden unserer Gruppen, ihre Gedanken, Gefühle und Körperwahrnehmungen als das zu sehen, was sie eigentlich sind, nämlich eben nur Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen und nicht die ›Wahrheit‹ oder das ›Ich‹. Sie lernen, ihre Gedankenmuster klarer wahrzunehmen und schneller zu erkennen, wenn ihre Stimmung wieder schlechter wird. Gleichzeitig lernen sie die Stimmung nicht noch weiter zu verschlechtern, indem sie alles analysieren oder mit dem Grübeln beginnen. Es ist wie am Rande des Whirl | 232 | pools zu stehen und das Sprudeln zu beobachten, anstatt hineinzuspringen. Das hilft, die alte Verbindung zwischen negativer Stimmung und negativem Denken zu durchbrechen, die normalerweise ausgelöst würde.«
Eine weitere Achtsamkeitsmethode, um die Macht der Gedanken zu entkräften, geht auf den Psychotherapeuten Steven C. Hayes zurück: Er schlägt vor, dass wir auf unsere Gedanken schauen, statt von diesen aus die Welt zu betrachten. Wir können lernen, die »Gedanken als Gedanken zu sehen, die hier und jetzt auftreten« und uns auf diese Weise von unseren eigenen Gedanken distanzieren. Ein kleines Beispiel verdeutlicht, was damit gemeint ist: Wenn man denkt: »Ich bin nicht liebenswert«, dann fühlt sich das mit Sicherheit anders an als der Gedanke »Ich habe gerade das Gefühl, dass ich nicht liebenswert bin«. In der zweiten Version ist es gelungen, einen Abstand zwischen dem Gedanken und sich selbst zu schaffen. »Entschmelzung« nennt Steven Hayes diesen Vorgang. »Mithilfe von kognitiven Entschmelzungstechniken können Sie den quälenden Glaubenssätzen, die Sie aus völlig nachvollziehbaren Gründen in Ihrer Kindheit erworben haben, den ihnen gebührenden Platz zuweisen: weit weg von Ihnen. Sie könnten zum Beispiel sagen ›Ach, da meldet sich wieder die Stimme aus der Vergangenheit. Und wieder hat sie mir nichts Neues zu erzählen.‹ Auf diese Weise ›entschmelzen‹ Sie Ihre Gedanken von Ihren Gefühlen.«
Wie aber können wir lernen, aus einer sicheren Distanz auf unsere Gedanken zu schauen und sie nicht mehr unsere Welt strukturieren zu lassen? Steven Hayes schlägt einige originelle Entschmelzungstechniken vor, zum Beispiel die »Radio«-Technik: Stellen Sie sich vor, Sie hätten das Radio eingeschaltet und ein Sprecher sagt: »Sie hören jetzt eine Sendung nur mit schlechten Nachrichten. X (hier sollten
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