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Wer Bist Du, Gott

Titel: Wer Bist Du, Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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gebrechlich ist in unserem Leib, stärke mit deiner ewigen Kraft«.
    Die Kraft, die uns der Heilige Geist schenkt, ist eine körperliche und seelische Kraft. Aber sie kommt aus einer anderen Welt, aus der ewigen Welt. Es ist eine Kraft, die nicht versiegt, wenn wir uns angestrengt haben. Sie schöpft aus der ewigen Quelle Gottes. Virtus heißt aus dem Lateinischen übersetzt nicht nur »die Kraft«, sondern bezeichnet auch die Tugend, die der Mensch braucht, damit sein Leben taugt. So erfüllt der Heilige Geist nicht nur unseren Leib, sondern auch unsere Seele mit neuer Kraft, mit den Tugenden, die uns geschenkt werden, die wir aber zugleich auch einüben müssen, damit sie in uns wirksam werden.

Der Heilige Geist wirkt im Eros
    WUNIBALD MÜLLER: Pierre Teilhard de Chardin sagt, dass das, »was ich an Kraft und Wärme haben kann, nicht ich bin, sondern tiefer ist als ich und eben deshalb umso aktiver, als ich mich persönlich wehrloser und zerbrechlicher fühle«. Pierre Teilhard de Chardin bezieht sich dabei auf den heiligen
Paulus, der in dieser Kraft Gott selbst sieht, der in ihm lebt.
    Diese Kraft, hinter der oder in der sogar Gott selbst steckt, verbinde ich auch mit Eros, den der protestantische Theologe Paul Tillich, mit dem du dich ja auch viel beschäftigt hast, als eine göttlich-menschliche Kraft sieht. Weiter meint er, dass man Eros und Agape als die selbstlose Liebe nicht auseinanderdividieren dürfe, da beide sich gegenseitig brauchen. Das geht so weit, dass das Hauptgebot der Bibel, Gott, die Menschen und dich selbst aus ganzem Herzen und mit all deinem Gemüt zu lieben, ohne die Mitwirkung des Eros nicht möglich ist.
    Auch Papst Benedikt XVI. spricht in seiner Enzyklika Gott ist die Liebe über Gottes Liebe in einer Weise von Eros, die erkennen lässt, dass hinter dem Eros eine göttliche Kraft stecken kann. So schreibt er: »... diese, seine Liebe kann man durchaus als Eros bezeichnen, der freilich zugleich ganz Agape ist.« Das aber kennzeichnet den Heiligen Geist. Er ist Eros und Agape zugleich. Er ist die Kraft, die uns mit Leben erfüllt, die uns hineinfeuert in das Leben.Von dorther erhalten wir den Schwung, den es braucht, um überhaupt leben zu können und dann auch das Leben zu bestehen. Es ist die göttliche Kraft, die uns da anfeuert, göttliche Energie, die uns zur Verfügung gestellt wird.
    In dieser Kraft wirkt Gott, der Heilige Geist. Diese Kraft führt uns durchs Leben und schließlich, wenn wir uns ihrer Führung überlassen, zur Vollendung. Dorthin, wo uns Eros als Kraft des Heiligen Geistes hinführen will. »Eros will uns zum Göttlichen hinreißen, uns über uns hinausführen«, schreibt Papst Benedikt XVI. in seiner Enzyklika. Unterstellen wir
unsere Eros-Kraft nicht der Führung des Heiligen Geistes, so laufen wir Gefahr, uns zu verrennen und abzustürzen.
     
     
    ANSELM GRÜN: Der Heilige Geist ist auch für mich vom Wesen her Liebe. Das sagt ja auch Paulus, wenn er an die Römer schreibt: »Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist« (Röm 5,5). Paulus spricht hier von Agape, von der Liebe als einem göttlichen Geschenk. Aber diese Agape schließt immer auch den Eros, die begehrliche Liebe, und die Philia, die Freundesliebe, in sich ein. Sonst wird sie langweilig und farblos.
    Das Wesen der Agape ist eben, dass sie letztlich göttlich ist. Paulus versteht sie als Gnadengabe des Heiligen Geistes. Er bezieht sich in seinem Hohen Lied auf die Liebe (in 1 Korinther 13) auf einen Text bei Platon, der den Eros als eine Macht beschreibt, die uns gegeben ist. Sie wirkt in uns. Nicht wir müssen Liebe üben. Die Liebe ist vielmehr in uns. Wir sollen sie nur in alles, was wir tun, hineinfließen lassen.
     
     
    WUNIBALD MÜLLER: Vielleicht kann man auch sagen, dass der Heilige Geist sich immer wieder des Eros bedient, um für uns Menschen erfahrbar zu werden, in uns Liebe und Begeisterung zu entzünden, uns zur Nächstenliebe und in die Hingabe zu führen. Erlischt dieses Feuer, so erlischt unsere Lebenskraft, schwinden uns die Kräfte, geht uns die Fantasie aus, verlassen uns Begeisterung und Leidenschaft, gehen wir nur stumpf und interesselos durchs Leben.
    Entzündet vom Feuer des Heiligen Geistes stürzen wir uns ins Leben und hinterlassen überall die Spuren als Ausdruck
unserer vom Heiligen Geist angefeuerten Sehnsucht: in einem Kunstwerk, einem innigen Lied, in der Hingabe an Menschen und an Gott, im Engagement für eine

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