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Wer Bist Du, Gott

Titel: Wer Bist Du, Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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nicht. Und natürlich auch jeder Einzelne für sich zunächst nicht.
     
     
    ANSELM GRÜN: Ich bin auch immer skeptisch, wenn einer genau zu wissen meint, was der Heilige Geist ihm sagt. Manche geistlichen Begleiter nehmen für sich in Anspruch, dass sie erkennen, was der Heilige Geist ihren Klienten sagt. Da ist die Gefahr des geistlichen Missbrauchs sehr groß. Der Heilige Geist ist als Gott immer auch unverfügbar. Ich kann nicht über ihn bestimmen. Ich besitze ihn nicht. Er weht in mir.
    Jesus sagt von diesem Geist: »Der Wind weht, wo er will; du hörst sein Brausen, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er geht« (Joh 3,8). Wir spüren das Wirken des Heiligen Geistes oft in uns und im anderen. Aber wir müssen sehr vorsichtig sein, das Wirken des göttlichen Geistes durch unsere Deutung festzulegen.Wir müssen in das Rauschen des Heiligen Geistes hineinhorchen, um zu erahnen, was er uns sagen möchte. Es braucht Sensibilität und Demut, um auf den Geist Gottes zu hören, aber keineswegs Selbstsicherheit und Überheblichkeit. Sonst benutzen wir den Heiligen Geist, um uns über andere zu stellen und über sie Macht auszuüben.
     
     
    WUNIBALD MÜLLER: »Der Wind weht, wo er will.« Daraus erwächst eine Dynamik, die unser ganzes Sein radikal in Beschlag nimmt, uns total »umkrempelt«. Die Dynamik des Heiligen Geistes macht, wenn wir sie zulassen, vor nichts halt - mag es nach außen hin noch so sehr als religiös, kirchlich oder spirituell bezeichnet oder gesehen werden.

    Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir diese Dynamik des Heiligen Geistes nicht zum Zuge kommen lassen, sie ständig ausbremsen, weil wir vor den radikalen Konsequenzen, die sich daraus ergeben, Angst haben. Diese Dynamik versinkt dann in unserer eigenen Tiefe, wenn wir zum Beispiel vor lauter »Sitzen« und »Üben« vergessen, dass nach der Erleuchtung die Dreckwäsche auf uns wartet. Oder wir schmoren so sehr im eigenen kirchlichen Saft, dass die Dynamik des Heiligen Geistes in unseren eigenen vier - katholischen, protestantischen und so weiter - Wänden verpufft und sich nicht in unserem alltäglichen Tun, Leben und Zusammenleben niederschlägt.
    Der Heilige Geist ist für mich auch so etwas wie die Klammer zwischen Himmel und Erde. Er stellt den Übergang zwischen Himmel und Erde dar, macht diesen Übergang fließend. Dabei hilft er uns auch, die richtige Balance zwischen Himmel und Erde zu finden. Denn manche Menschen - und das bringt sie in seelische Not - tun so, als würden sie jetzt schon im Himmel wohnen. Andere wiederum distanzieren sich ganz bewusst von der Vorstellung, jetzt schon in diesem Leben Teil eines Größeren zu sein.
    Dabei geht es darum, die richtige Balance zu finden. Ganz im Unermesslichen, im Geistlichen aufzugehen, mag besonderen Momenten vorbehalten sein. Doch solange wir auf Erden leben,Teil der irdischen Wirklichkeit und der Gesellschaft sind, darf das Unermessliche nicht ganz von uns Besitz ergreifen.Wir bleiben ganz Mensch, so wie Jesus ganz Mensch war.
    Eines Tages, wenn wir ganz in das Unermessliche übergegangen sind, von Gottes Armen aufgefangen werden,
werden wir, so vermute ich, nicht gefragt, wie lange wir beim Meditieren und in der Kontemplation »gesessen« haben, um Gott in der Tiefe zu begegnen. Auch werden wir vermutlich nicht danach gefragt werden, ob wir die Nackten bekleidet, die Kranken besucht haben, den Unterdrückten solidarisch zur Seite gestanden sind. Allein, wer sich zu Lebzeiten der Dynamik des Heiligen Geistes überlassen hat, wird sich um beides bemüht haben.

DER DREIFALTIGE GOTT

Gott zeigt sich uns in drei verschiedenen Gesichtern
    WUNIBALD MÜLLER: Nachdem wir über Jesus und den Heiligen Geist gesprochen haben, sollten wir uns noch dem Thema Gott und die Dreifaltigkeit zuwenden. Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt sagte einmal sinngemäß, dass er nie richtig verstanden habe, um was es dabei eigentlich gehe. Ich bin mir sicher, dass es vielen anderen genauso geht. Hier ist sicher nicht der Ort für ausführliche dogmatische Erörterungen zu diesem Thema. Aber wir sollten es wagen, wenigstens ein paar Ausführungen dazu zu machen.
     
     
    ANSELM GRÜN: Juden und Muslime werfen uns vor, wir hätten den Glauben an den einen Gott verraten und hätten daraus drei Götter gemacht. Das stimmt natürlich so nicht. Trotzdem ist es nicht einfach, Juden wie Muslimen, ja auch den Christen selbst zu erklären, was wir unter dem dreifaltigen Gott verstehen. Alle

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