Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
Angelegenheiten, noch um die Pferdezucht. Ich weiß, dass die beiden Kuhhirten aus Feldfes ihre Arbeit aufgrund ihrer fehlenden Kenntnisse äußerst mangelhaft erledigen und ich sie eigentlich entlassen müsste, um die Pflege meiner Pferde fachkundigen Leuten zu übergeben. Doch es fehlt mir die Kraft, mich auf die Suche nach neuen Arbeitskräften zu machen. Das Verbot der Polizei, mein Anwesen zu verlassen und mich von Scarheim zu entfernen, ist noch nicht aufgehoben, aber es wird ihnen wohl schon sehr bald nichts anderes übrig bleiben, als mich gehen zu lassen. Zu anderen Zeiten hätte mich allerdings diese polizeiliche Anweisung niemals davon abgehalten, fort zu reiten und geeignete Pfleger für meine wertvollen Tiere einzustellen.
Doch heute gehen mir ganz andere Dinge durch den Kopf, die die Welt um mich herum nur noch als irreale Traumwelt erscheinen lassen, die mich nicht im geringsten innerlich berühren kann: An mir zieht und zerrt eine Kraft, der ich mich nicht mehr lange widersetzen kann, wenn nicht ein Wunder geschieht.
Ich möchte nicht mehr lange hier sitzen und nachdenken, ich möchte endlich handeln.
Meine bösen Träume weisen mir den Weg.
Den Weg in die Zukunft.
Entweder gebe ich den Träumen nach und folge abermals dem Pfad, den ich vor vielen Jahren endgültig zu verlassen geglaubt habe, oder aber ich widersetze mich ihnen und riskiere es, an meinem inneren Zweikampf zu zerbrechen.
Jedoch scheint es so, dass es eigentlich ganz gleich ist, wie ich mich entscheide, denn der Weg führt in jedem Fall ins Unglück.
------- JOSEFINE ------
Sie brachte Katharina die Bücher aus der Bibliothek ans Bett, die sich die junge Frau gewünscht hatte.
Auch ansonsten war sie für die Versorgung des Gastes zuständig, hatte das Schlafzimmer vorbereitet, frische Bettwäsche aufgezogen und war sogar in Herrn Adlam Auftrag in Rubenfels Wäsche und einige Dinge des täglichen Bedarfs einkaufen gegangen. Josefine brachte Katharina regelmäßig das Essen und kam auch zwischendurch immer mal wieder im Krankenzimmer vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.
Katharina tat ihr irgendwie leid, abgeschoben in diesem verrammelten, seit Jahren schon unbewohnten Zimmer am Ende des Ganges in der ersten Etage. Die Fensterläden sollten laut Anweisung von Herrn Adlam verschlossen bleiben, zum Lüften des muffig riechenden Raumes durfte Josefine nur die Fensterflügel, die nach innen aufgingen, öffnen. So kam natürlich nicht genügend Luft herein, um einen einigermaßen frischen Duft in dieses Zimmer gelangen zu lassen.
Irgendwann einmal war dies wohl das Schlafzimmer von William Adlam gewesen, Robert Adlams älterem Bruder, der schon seit mehr als fünfzehn Jahren nicht mehr unter den Lebenden weilte.
Dieselben altmodischen Möbel, wie in allen verschlossenen Räumen dieses Hauses, waren unter den als Staubschutz dienenden weißen Leinentüchern verborgen gewesen: Ein mit geschnitzten Ranken- und Schneckenornamenten verziertes Bett und ein Monster von einem Kleiderschrank, dessen überreich verzierte Oberfläche schon an Geschmacklosigkeit grenzte. Ganz sicher war dies nicht der Geschmack von Herrn Adlam. Josefine wunderte sich nur, warum ihr Arbeitgeber diese merkwürdigen Möbel nicht schon längst entsorgt hatte...
„Ich frage mich, ob draußen die Sonne scheint...“, sagte Katharina mit einem langen, etwas sehnsüchtigen Blick zu den verschlossenen Fensterläden. „Ständig im Kerzenlicht zu hocken macht mich noch ganz depressiv.“
„ Was macht Sie das?“ fragte Josefine verwirrt.
„Traurig“, antwortete ihr Katharina. „Bald werde ich nicht mehr wissen, ob es nun Tag ist, oder Nacht.“
„Die Läden waren in diesem Raum noch nie offen, seit ich hier angefangen bin“, erzählte Josefine der jungen Frau, die so mitleiderregend aussah mit dem eigentlich recht hübschen, nun von Schwellungen völlig entstellten Gesicht. „Wenn wir sie jetzt aufmachen, dann weiß alle Welt, in welchem Raum Sie stecken, Katharina. Und Herr Adlam möchte Sie doch vor ihrem Mann beschützen.“
Katharina schüttelte den Kopf. „Ich glaube, es ist ganz egal, ob der Rothans den Raum kennt, in dem ich mich aufhalte, oder nicht. Solange Robert im Haus ist, wird er sowieso nicht die Gelegenheit haben, auch nur einen Fuß über die Schwelle zu setzen. Daf ür kenne ich Robert.“
„Herr Adlam kann nicht dauernd im Haus sein. Vielleicht ist das zur Vorsicht, wenn er mal nicht da ist. – Außerdem ist der Bauer Rothans doch ein
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