Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
Vom Netzwerk:
nahm nebenbei wahr, dass Pfarrer Brechts und Meister Rudolph im hinteren Bereich des Raumes standen und miteinander diskutierten.
    Sie konnte ihre Neugier, was das Gespräch zwischen dem Künstler und dem Gottesmann betraf, nicht bezähmen. Deshalb beschloss sie, einfach in die Werkstatt einzutreten, um den beiden Männern gegenüber ihre Betroffenheit über die wirklich gotteslästerliche Altarschändung zu bekunden.
    Sie stellte einen ihrer beiden Körbe auf der Erde ab, um an der Tür anklopfen zu können. Die Blicke des Bildhauers und des Pfarrers wandten sich sofort in ihre Richtung und als Meister Rudolph sie hinter der Glasscheibe entdeckte, wies er sie mit einer Handgeste an, hereinzukommen. Die Tür war nicht abgeschlossen.
    Mathilde drücke die Klinke herunter, zog die Tür auf und quälte sich mit ihren beiden überquellenden Körben in die Werkstatt. Hier roch es angenehm nach Leim und frisch bearbeitetem Holz.
    „Guten Tag, Frau Habers“, begrüßte der Bildhauer sie sogleich. Er war ein schon relativ betagter Mann mit ordentlich gestutztem, grauen Bart (in dem immer ein Paar Sägespäne hingen) und flinken, kleinen Augen über stark hervortretenden Tränensäcken.
    „Guten Tag“, erwiderte Mathilde und nickte dem Pfarrer, der sie ebenfalls grüßte, und dem Meister höflich zu. Dann stellte sie ächzend ihre beiden Körbe neben einer Werkbank ab, wo eine mit bräunlich angetrocknetem Blut besudelte halbfertige Figur eingespannt war.
    „Eine Schande“, sagte die Bäckersfrau und schüttelte erbost den Kopf. „Wer um alles in der Welt beschmutzt den zukünftigen Abendmahltisch Christi auf so eine schreckliche Weise?“
    „Ich werde diese Schweinerei heute wieder beseitigen“, teilte ihr der Bildhauer mit. „Die Polizei ist fertig mit ihren Untersuchungen und der Herr Pfarrer ist einverstanden, dass ich weitermache. – Dieser Dreck hat wirklich lange genug auf dem Holz geklebt...“
    „Wie bitte?“ fragte Mathilde erstaunt. „Der Altar soll wirklich aufgestellt werden? Nach allem, was damit passiert ist?“
    Pfarrer Brechts nickte entschlossen. „Ja, gnädige Frau. Ich habe lange, lange überlegt und ich muss sagen, dass Herr Adlam wohl recht hatte, mit dem, was er mir gesagt hat: alles in allem ist dies nichts weiter als Blut. Ganz egal, wer es in welcher Absicht auf dem Holz und in der Werkstatt verteilt hat. Wir wandeln in der heiligen Messe roten Wein in das Blut Christi um. Warum sollten wir diesen verschütteten Lebenssaft nicht mit Hilfe der Kraft Gottes in geweihtes Blut umwandeln?“
    Mathilde konnte kaum glauben, was sie da hörte. Ihrer Ansicht nach war der unfertige Altar nun wirklich nicht mehr für eine Aufstellung im Hause Gottes geeignet: Böse Menschen hatten ihre bösen Scherze damit getrieben und den Herrn dadurch beleidigt. So schade es auch um das Kunstwerk war, man durfte die Gotteslästerung nicht so weit treiben und den geschändeten Altar tatsächlich im Hause des Herrn aufbauen!
    „ Herr Adlam meint also, dass das, was mit dem Altar passiert ist, ganz egal ist?“ fragte Mathilde äußerst skeptisch.
    Der Pfarrer nickte. „Er bezahlt die Reinigung und wünscht sich, dass der Altar trotz allem aufgestellt wird. Und er hat doch recht damit: Warum sollte die Kraft des Herrn nicht stärker sein, als die üblen Scherze einiger verrückter Vandalen?“
    Mathilde schluckte hart. „Und Sie haben sich von ihm bereden lassen? – Herr Pfarrer, es tut mir leid, aber er hat doch nur Angst um das ganze Geld, was er bis jetzt für den Altar bezahlt hat!“
    „Dass er darum Angst hat, würde ich verstehen“, gab Meister Rudolph mit einem Nicken kund. „Meine Arbeit von vielen Monaten wäre schließlich auch völlig sinnlos gewesen, wenn wir nach diesem üblen Scherz den Altar einfach fallen lassen würden.“
    Mathilde musste sich nun wirklich heftig anstrengen, um ihre innere Aufregung zu bezähmen. „Es geht doch nicht um Geld oder Arbeit : Es geht doch um die Ehre Gottes! Denken doch einmal darüber nach: Der Stifter des Altars ist ein Mörder. Ein Todsünder ! Und dass der Altar mit Blut besudelt wurde, ist nichts weiter, als ein Zeichen dafür, dass die Kirche dadurch beschmutzt wird!“
    Pfarrer Brechts warf ihr einen irritierten Blick zu. Sein Unterkiefer war heruntergeklappt und in seinem gesamten Gesicht zeichnete sich Verwirrung ab. „Aber, ähm, Frau Habers...“, sagte der Gottesmann nach einer Weile zögernd. „Sie glauben doch wohl nicht etwa, dass die

Weitere Kostenlose Bücher