Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
stärker, als alles andere. Das wissen wir doch. Und ein Altar, der die Weihe der heiligen Kirche Gottes erfährt, wird durch und durch heilig sein.“
„Und was, wenn Gott diesen Altar als B e l e i d i g u n g aufnimmt, als Gotteslästerung ?“ fragte Mathilde zurück. Ihre Stimme klang nun ein wenig ruhiger, nicht mehr so sehr markerschütternd. Sie erkannte im Gesicht Pfarrer Brechts, dass er nahe daran war, seine Meinung zu ändern, den bösen Einfluss des Herrn Adlam abzuschütteln. „Vielleicht ist die ganze Stiftung nichts anderes, als eine Lästerung Gottes? - Schauen Sie in die Augen dieses Mannes, dieses Herrn Adlam: Dort sehen Sie nichts als Tod und Verderben. Er hat schwarze Augen, wie ein Teufel. Und er ist gottlos aufgewachsen, hat immer nur sich selbst als Maß aller Dinge genommen. Ich glaube, er spottet uns und Gott. Sein Geschenk ist nicht ehrlich gemeint. Er lacht die Gemeinde Gottes damit aus.“
Der Pfarrer seufzte schwer, als fiele es ihm schwer, die Wahrheit, die Mathilde ihm präsentierte, voll und ganz zu akzeptieren. Dann meinte er, mit einer Stimme, aus der der Zweifel deutlich heraus zu hören war: „Aber Robert Adlam ist doch ein Kind unserer Gemeinde... Ich meine: Ich habe ihn vor zwei Jahren mit eigenen Händen getauft. Und er hat es selbst so gewünscht...“
„Er spottet uns“, wiederholte Mathilde mit zusammengekniffenen Augen. „Und er spottet Gott.“
„Er ist ein Kunstliebhaber“, warf Meister Rudolph ein, diesmal in etwas entschiedenerem Tonfall. Die Sorge um die Zukunft seines Meisterwerks war deutlich in seiner Mimik zu lesen. „Mit seiner Stiftung wollte er niemand spotten, Frau Habers. Er liebt die Bildhauerkunst und er weiß mein Werk zu schätzen. Das sehe ich in seinem Gesicht, jedes Mal, wenn er hier ist, und begutachtet, was ich inzwischen geschaffen habe.“
„Ich glaube“, begann der Pfarrer mit zweifelgeplagter Stimme, „ich muss doch einmal meine Gemeinde befragen, ob sie den Altar noch haben will. Mittlerweile glaube ich, dass ich diese Entscheidung nicht alleine treffen kann. Ich möchte die Meinung der Menschen hören, die vor diesem Altar niederknien und beten werden.“
„Fragen Sie ruhig“, forderte Mathilde ihn auf. „Die Leute hier in Rubenfels haben sich bereits ihre Meinung gebildet, das weiß ich. Und in Scarheim wird es nicht anders sein, Herr Pfarrer.“
„Was sagen die Leute denn, Frau Habers?“ fragte Pfarrer Brechts und schien ganz genau zu wissen, wie die Antwort ausfallen würde.
„Was die Leute sagen?“ Mathilde ließ ein raues Lachen hören. „Dasselbe übrigens, wie Pfarrer Dawerts aus Rubenfels: Sie wünschen ihn zum Teufel .“
Die Wahrheit
Meine Träume lassen mir keine Ruhe mehr.
Es vergeht keine Nacht, in der ich nicht ruhelos umher wandere, in dem Versuch, den schlechten Träumen zu entfliehen. Die Träume werden immer eindringlicher, immer realistischer. Ich bin mir nach wie vor sicher, dass sie mir von der nahen Zukunft künden wollen. Meine Nächte waren schon immer sehr kurz, aber in letzter Zeit ist es kaum noch möglich, einen nur einigermaßen erholsamen Schlaf zu finden. Ich muss endlich eine Entscheidung treffen, denn es ist schon viel zu viel Zeit verlorengegangen. Meine Gedanken drehen sich im Kreis und suchen nach einem Weg, den ich gehen kann.
Meine Welt ist leer.
Eine gewisse Verantwortung fühle ich für Katharina. Ich habe sie in mein Haus aufgenommen, weil sie keinen anderen Platz mehr auf der Welt hat, zu dem sie gehen kann. Allerdings lebt sie hier, bei mir, wie in einem Gefängnis. Ich habe ein ehemals leer stehendes Zimmer für sie als Krankenzimmer hergerichtet, jedoch müssen die Läden dort den ganzen Tag über verschlossen bleiben, damit niemand von draußen feststellen kann, wo in meinem Haus sie sich genau aufhält. Sie glaubt, dass ich diese übertriebene Vorsichtsmaßnahme wegen ihres Ehemannes treffe, denn dieser kennt aufgrund der guten Mundzu-Mund-Propaganda im Dorf mit Sicherheit schon den Zufluchtsort Katharinas und es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass der Rothans eines nicht so fernen Tages bei mir auftaucht.
Außerdem darf Katharina ihr Zimmer nicht verlassen. Ich habe ihr - trotz meiner mangelnden praktischen Erfahrungen in medizinischen Dingen das Bein geschient. Deshalb hat sie im Moment noch Verständnis dafür, dass ich ihr verbiete, aus dem Bett aufzustehen.
Ich harre im Haus aus, denke nach, und kümmere mich weder um wartende geschäftliche
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