Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
Sache“, erwiderte der Priester. „Eine Person, die eigentlich meinen Worten trauen müsste, belästigt mich andauernd mit ihren Zweifeln.“
„Es gab Zeiten, da hast du meine Meinung hoch geschätzt.“
Konrad bekam auf diesen Einwand keine Antwort mehr, denn der Priester wandte sich von ihm ab und kümmerte sich um andere Dinge. Nicht gerade guter Laune zog sich Konrad von dem Geschehen zurück, in einen von den vielen Fackeln nicht erleuchteten Winkel, und beobachtete alles nur noch schweigend von weitem.
Der Steinaltar wurde aus seinem Versteck in der Erde hervorgeholt. Die Oberfläche dieses Altares war ganz glatt geschliffen und nur an seiner Vorderseite waren einige sorgfältig eingekerbte geometrische Zeichen zu erkennen. Der große Stein war erst vor wenigen Jahren in Funktion getreten, eine ganze Weile nach der Zerstörung des ersten, uralten Opfertisches. Doch auch seine Poren hatten bereits das Blut unzähliger Lebewesen – ob Tier oder Mensch – in sich aufgesogen und so hatte sich das Äußere rötlich-braun verfärbt.
Dieser Altar war ebenso groß und schwer, wie der erste. Sechs Männer mussten ihn mühsam an seinen Platz schieben.
Während der Priester damit beschäftigt war, die Hände auf den kalten Stein zu legen und einige Formeln zu sprechen, bemerkte Konrad, dass der von seinem Meister Erwartete endlich doch eingetroffen war. Ganz still war Robert Adlam zu Fuß aus dem Wald gekommen und steuerte nun direkt auf die Mitte des hell erleuchteten Kreises zu, wo der Altar stand. Er trug nicht das Gewand der Schwarzen Brüder, sondern nur seinen gewöhnlichen Mantel. Und sein Gesicht war unverhüllt.
Mehrere der Helfer, die sich an das ein oder andere intensive Aufeinandertreffen erinnerten, wichen vor ihm zurück. Andere richteten sich mit in die Hüften gestemmten Händen auf und starrten ihm aggressiv entgegen. Doch sie alle waren bereits darüber informiert, dass Waffenruhe herrschte und man dabei war, ein neues Bündnis mit dem ehemaligen Feind zu schließen. So blieb es einigermaßen ruhig unter den Männern, obwohl Konrad deutlich spürte, dass eine gereizte Stimmung in der Luft lag. Robert Adlam blieb direkt vor dem Altar stehen. Der Priester brachte, obwohl er ihn bemerkt hatte, noch in aller Ruhe seine kleine Zeremonie zu Ende. Dann sah er auf und erhob die Stimme, sodass alle anderen verstummten: „Du kommst sehr spät, und du bist nicht korrekt gekleidet“, maßregelte er den Angekommenen laut.
„Ich muss dringend mit dir reden“, entgegnete Robert fest, ohne auf die Rüge einzugehen.
„Du hättest gestern die Gelegenheit dazu gehabt“, meinte der Priester. „Jetzt habe ich keine Zeit mehr dafür.“
Robert wandte sich auf der Stelle um und wollte schon wieder gehen, als der Priester ihm nachrief: „Wenn du mir weiterhin so bedenkenlos den Rücken zukehrst, dann wird dich noch jemand von hinten erschießen.“ Sein Tonfall klang dabei freundlich, fast väterlich. Trotzdem war in seinen Worten eine ernsthafte Warnung enthalten.
Die Helfer standen schweigend und mit äußerster Aufmerksamkeit um die Szene herum, bereit, auf den kleinsten Wink des Priesters hin einzugreifen. Robert blieb mit dem Rücken zum Priester stehen. „Wenn ich tot bin, dann hast du keinen Nutzen mehr an mir“, erklärte er kühl.
Der Priester hob seine Stimme, sodass die Drohung darin klar ersichtlich wurde: „Dir ist gar nicht bewusst, in welche Gefahr du dich begibst. Denn allmählich beginnen ich mich zu fragen, ob du mir überhaupt noch von Nutzen sein kannst“, erwiderte er.
Robert drehte sich nur ganz langsam wieder zu ihm um und Konrad erkannte zu seinem Ärger, dass ein leises Lächeln auf den Lippen des Widersachers lag. „Verzichte auf mich“, sagte er. „Töte mich. Oder lass mich gehen. Für immer.“ In einer Geste der Ergebung breitete er die Arme aus, die leeren Handflächen wiesen zum Priester.
Diese Gebärde ließ Konrads Hände zucken: Es reizte ihn ungemein, die Gunst der Minute wahrzunehmen und Roberts zuerst genannten Wunsch zu erfüllen. Um endlich dieses ziel- und sinnlose Spiel zu beenden und das ständige Ärgernis aus dem Weg zu schaffen... Doch der Priester lachte nur amüsiert. „Deine Kühnheit in allen Ehren, mein Freund“, schmunzelte er. „Aber so schnell wirst du deine Freiheit nicht von mir bekommen. – Komm her.“
„Wozu?“ fragte Robert widerstrebend und rührte sich nicht von der Stelle.
„Komm her!“ wiederholte der Priester plötzlich
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