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Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
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in schneidendem Befehlston. Der Wechsel in seiner Stimmlage war derartig krass, dass sogar Konrad in seinem versteckten Winkel zusammenfuhr.
    Auch Robert schien zu bemerken, dass der Spaß nun endlich ein Ende hatte. Zögernd setzte er sich in Bewegung und ging auf den Priester zu, der hinter dem Steinaltar stand und ihm entgegensah.
    Konrad glaubte, einen Hauch von Unsicherheit in Roberts Gesicht ausmachen zu können. So, als sei es mittlerweile mit einem Mal auch zu ihm durchgedrungen, dass der Bogen nun derartig überspannt war, dass er drohte, zu reißen. Mit einer seinem vorherigen Tonfall angepassten, ungeduldig – befehlenden Geste wie der Priester Robert an, vor dem Altar niederzuknien. Die bedrohliche Stimmung, die in der Luft lag, war physisch spürbar. Konrad fühlte, wie seine Haut zu kribbeln begann.
    Niemand regte sich.
    Jeder sah gebannt auf die beiden Männer, die sich jetzt zu beiden Seiten des Altares gegenüber standen und sich in die Augen blickten: Die große, hünenhafte Gestalt des Priesters, von schwarzem Stoff umhüllt, sodass man durch die Sehschlitze der Kapuze nur das Funkeln der Augen im Fackellicht erkennen konnte – und der einzige unvermummte Mann unter ihnen, kein solcher Riese, wie der Priester, aber mit einem derartig widerspenstigen Wesen, dass keiner von den Schwarzen Brüdern die Frage beantworten konnte, warum er überhaupt noch lebte.
    Die tiefe Stimme des Priesters zerschnitt die gespannte Stille. In einer dunklen Harmonie reihten sich die Laute der alten Sprache hintereinander. Auf dieses Signal hin kam Bewegung in die Gruppe der Helfer. Wie von unsichtbarer Hand gelenkt schlossen sich ihre Reihen zu einem Kreis um den Altar herum.
    Konrad blieb stehen, wo er war. Er lauschte auf die Worte, die ihm zum Teil fremd waren, um ihre Bedeutung im Zusammenhang zu ergründen. Doch es war selbst für ihn, der Erfahrung im Umgang mit der alten Sprache hatte, schwer, den Worten zu folgen. Die Luft schien sich um ihn herum zu verdichten, das Atmen wurde merklich mühsamer. Der Priester hob die Arme und in immer schnellerer Folge verknüpften sich diese uralten Worte zu einer Beschwörungsformel, die Konrad unbekannt war. Das einzige, was Konrad wirklich deutlich wurde, war, dass sein Meister diesmal nicht – wie noch gestern Nacht – die Zügel einfach schleifen lassen würde. Dieses Mal sollte sich der Widersacher fügen – sein Wille sollte gebrochen werden.
    Die Luft war erfüllt von einer spürbaren, furchtbaren Drohung, sodass man das Gefühl hatte, der Sauerstoff sei knapp und die Lungen dursteten nach dem fehlenden Lebenselixier. Wie ein fester, schwarzer Ring hatten sich die Helfer um die beiden voreinander stehenden Männer gezogen. Der Wind in den Wipfeln der Bäume verstummte, und als die Stimme des Priesters ebenfalls verebbte, wurde es unnatürlich still im Wald. Eine Gewalt, die jeder andere von ihnen offensichtlich nur in ihren Ausläufen wahrnahm, verlangte Robert schließlich den Gehorsam ab. Er presste die Handflächen auf die kalte Steinplatte des Altares und ging in die Knie. In einer Geste, die wie eine Unterwerfung wirkte, senkte er den Kopf und berührte mit der Stirn den Opferstein zwischen seinen Händen. In Konrad wuchs das Gefühl eines stillen Triumphs, der seinen vorherigen Ärger überdeckte. Der eben noch so wortstarke verhasste Mensch war in die Knie gezwungen.
    Der Priester ließ die Arme wieder sinken und blickte auf Robert Adlam herab, der in seiner Stellung verharrte und sich nicht regte. Konrad trat aus seinem düsteren Winkel unter den tiefhängenden Ästen eines Baumes hervor und ging auf den Kreis der Helfer zu. Niemand beachtete ihn. Als er einem der Seite an Seite stehenden Männer von hinten an die Schulter griff, zuckte dieser zusammen, blickte sich sichtlich erschreckt zu ihm um und trat schließlich einen Schritt nach links, als er sah, wer dort durchgelassen werden wollte.
    Während Konrad mit bedächtigen Schritten den stillen Kreis betrat, beobachtete er, wie Robert langsam den Kopf wieder hob und dem Priester ins Gesicht blickte. Seine kniende Haltung änderte sich jedoch nicht. Der Priester beugte sich ein klein wenig zu ihm herunter und sprach mit so leiser Stimme zu Robert, dass Konrad es nicht verstehen konnte. Scheinbar aufgrund dieser Worte erhob sich Robert schließlich wieder.
    In dem Moment, als Konrad an der Schmalseite des Altares stehenblieb, machte der Priester den Umstehenden mit einer Handgeste klar, dass sie sich

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