Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
musste. Er ist ganz krank vor Aufregung!“
Diane schüttelte ungläubig den Kopf. „Doch bestimmt nicht wegen mir...“
„Du bist fortgelaufen – und jetzt ist Bernhard auch noch weg!“ rief Anna aus und spürte, wie nah auch sie einer Nervenkrise war.
„Bernhard?“ fragte Diane und ihre Wangen wurden noch ein bisschen bleicher. „Weg?“
Anna nickte heftig. „Er ist heute Nacht verschwunden, direkt aus seinem Bett! Das einzige Kleidungsstück, das fort ist, ist sein Nachthemd. Nicht einmal Schuhe hat er dabei!“
Dianes Augen weiteten sich vor Angst. So, wie sie in diesem Moment aussah, glich sie auf erstaunliche Weise ihrem kleinen Bruder mit seinem weißen, schmalen Gesicht und den daraus hervorstechenden, tiefblauen Augen.
„Waren Einbrecher im Haus?“ fragte sie Anna mit zittriger Stimme.
„Fenster und Türen waren verriegelt. Niemand kann sich das erklären...“
„Und wenn er das Haus verlassen hat, um mich zu suchen? Er hat so verloren ausgesehen, als ich ihn verließ...“, mutmaßte Diane und fuhr sich mit fahrigen Händen durch die ohnehin schon zerwühlten Haare.
„Im Nachthemd? Mit bloßen Füßen?“ fragte Anna. Sie spürte, dass ihre eigenen Wangen brannten. Ihr Herz schlug heftig von dem hektischen Lauf von Hotel zu Hotel.
„ Aber was soll denn dann passiert sein? “ Dianes Stimme war voller Furcht und Sorge um den kränklichen, schwachen Jungen, den sie so sehr ins Herz geschlossen hatte.
„Vater hat die Polizei benachrichtigt“, erklärte Anna.
Diane berührte mit ihrer kühlen Hand die fieberheiße Stirn der kleinen Schwester. „Dein Kopf glüht ja, Anna!“
Anna konnte sich nun nicht mehr zusammenreißen. Sie schlang beide Arme fest um Diane und presste sich an sie. Eine kleine, weinerliche Stimme, die nicht zu ihr selbst zu gehören schien, schluchzte: „Komm mit mir nach Hause, Diane. Bitte, bitte...“
Diane nahm sie ebenfalls in den Arm und hielt sie eine Weile fest. Anna spürte ganz deutlich das Zittern des Körpers ihrer Schwester, als sie sich so nah waren.
------- KONRAD ------
Die Vorbereitungen waren schon weit fortgeschritten. Im Licht der Fackeln huschten schwarze Gestalten umher und ordneten, was noch in Unordnung war.
Konrad wusste nicht, woher der Priester die Gewissheit nahm, dass Robert Adlam überhaupt noch kommen würde. Es war schon äußerst spät und sie würden in wenigen Minuten beginnen müssen. Doch von Robert hatte er bisher weder etwas gehört, noch gesehen.
Der Priester stand in aller Gemütsruhe inmitten seiner Helfer und gab hier und da ein Anweisung. Zu Konrad hatte er gesagt: „Es wird alles so laufen, wie ich es will. Am Ende ist das immer so.“
Der Junge, den Robert ihnen in der gestrigen Nacht gebracht hatte, lag gefesselt in einem Gebüsch. Konrad beschloss, nach ihm zu sehen.
Riesige, verängstigte Augen schauten ihn aus einem Gewirr von Zweigen entgegen.
‚Wie ein kleines, dummes Tier‘, dachte Konrad verächtlich. Er griff das verschnürte Bündel und zog es aus den Büschen hervor. Das Kind stank erbärmlich nach Erbrochenem und das Gesicht war blass wie ein Abbild des Todes.
Er zerschnitt die Fesseln des Jungen, der sich zu keinem Zeitpunkt regte, sondern ihn nur mit diesen verschreckten Tieraugen anstarrte. Sogar, als er von allen Stricken befreit war, machte der Kleine keine Anstalten, sich zu bewegen.
Konrad waren diese Symptome von vielen Beispielen her bekannt: Diese Angstlähmung erleichterte ihm die Arbeit sehr, denn so brauchte er sich nicht ständig mit einem Gewirr von um sich schlagenden Armen und Beinen auseinanderzusetzen. Doch als er sich daran machte, das dünne Hemdchen des Jungen zu zerschneiden und von seinem Körper zu entfernen, muckste der Junge doch auf und wehrte mit den Händen Konrads Arm ab. Um ihn zur Ruhe zu bringen, ließ er ihn einmal kurz die Klinge des Messers am Unterarm spüren. Der Kleine begann zu jammern, als Blut aus der Schnittwunde tropfte, und zog die Arme zurück. Danach leistete er keine Gegenwehr mehr, sondern heulte nur noch leise vor sich hin.
Unter dem Hemd des Jungen hatte sich eine feine Silberkette verborgen mit einem kleinen Anhänger. Konrad riss sie dem Kind achtlos vom Hals und ließ das Schmuckstück in seinem Umhang verschwinden. Anschließend übergab er den Jungen einem der Helfer und machte sich dann auf dem Weg zum Priester.
„ Alles läuft so, wie du es willst?“ fragte er ihn, nicht ohne Ironie in der Stimme.
„Mit Ausnahme einer
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