Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
zurückziehen sollten. Leises Gemurmel erklang, als die Helfer – sichtlich irritiert – den Kreis auflösten und sich abwandten.
Leise und ernst sagte der Priester zu Robert: „Als wir uns über die Bedingungen unterhalten haben, unter denen du zu uns zurückkehren wirst, sagte ich da nicht etwas von den festen Regeln der Zusammenarbeit?“
Konrad sah heute zum ersten Mal Robert Adlams Gesicht aus der Nähe: Die schwarzen Augen blickten sichtlich verwirrt und – ganz gegen seine sonstige Gewohnheit – schaute Robert den Priester nicht direkt an. Er antwortete auch nicht, sondern ließ den Blick ungewohnt unbeständig über die im Schatten liegenden Bäume hinter des Priesters Rücken gleiten. Es schien so, als habe er die Frage seines Gegenübers überhaupt nicht wahrgenommen.
Der Priester streckte – mit einem leisen, warmen Lachen – den linken Arm aus und schlug Robert mit der flachen Hand gegen die Schulter. „He, mein Freund, weißt du noch, wo du bist?“
Robert schwankte ein wenig, aber seine Augen wurden nach und nach merklich klarer. Trotzdem dauerte es noch einige weitere Sekunden, bis er dem Priester wieder mit gewohnt festem Blick ins Gesicht sehen konnte.
„Ich fragte dich, ob du dich noch an die Regeln für unsere Zusammenarbeit erinnern kannst, die wir ausgemacht haben“, wiederholte der Priester in geduldigem, ruhigem Tonfall. Einige Augenblicke der Stille vergingen, bis Robert endlich antwortete. Seine Stimme klang einen Hauch unsicher, nicht mehr ganz so fest wie noch vor wenigen Minuten. „Ich bin nicht bereit, deine Regeln zu akzeptieren, wenn du aus mir nur einen deiner Diener machen willst“, gab er nichtsdestotrotz ärgerlich und – wie Konrad glaubte, heraus zu hören – gekränkt zurück.
„Schon alleine die Tatsache“, stellte
der Priester fest, „dass du jetzt nicht tot vor mir auf dem Waldboden liegst, stellt eine Bevorzugung dar. Jeder andere meiner Leute hätte für dieselben Frechheiten mit dem Leben bezahlt.“
Der Priester wandte, während er diese Worte sagte, ganz bewusst den Kopf zur Seite und warf Konrad einen schnellen, aber bedeutungsschweren Blick zu. Für Konrad kam dieser Blick einem Schlag in den Magen gleich. Er musste hart schlucken, um nicht eine unüberlegte Antwort zu geben: Jeder andere hätte also mit dem Leben bezahlt...
„Du hast den Jungen von mir gewollt, und ich habe ihn dir gebracht“, erwiderte Robert und es gelang ihm nun schon wieder, das altbekannte ungebrochene Selbstbewusstsein an den Tag zu legen. Als sei nicht gerade eben der Beweis dafür erbracht worden, dass er vor der Macht des Priesters kapitulieren musste. „Ich weiß genau, dass du noch viel mehr von mir fordern wirst. Aber das, was wir ausgemacht haben, ist ein Geben und Nehmen, und nicht nur ein einseitiges Fordern.“
„Du willst also für jeden kleinen Dreck eine Belohnung haben?“ erkundigte sich der Priester.
Robert, der noch immer die Hände auf die Altarplatte gestützt hatte, lehnte sich zu ihm vor und sah ihn mit düsterem Blick an:
„ Das war kein kleiner Dreck “, betonte er sichtlich zornig.
Konrad fühlte sich bewogen, nun in das Gespräch einzugreifen. „Jeder einzelne unserer Männer hätte den Jungen problemlos herschaffen können. Selbst der dümmste.“
Robert warf einen funkelnden Blick zur Seite. „Halt du dich da raus, kleiner Hofnarr!“ Er drehte den Kopf wieder zum Priester: „Muss dein Privat-Kaspar ständig dabei sein?“
Konrad ballte die Hände hinter dem Steinaltar zu Fäusten, setzte jedoch dabei eine neutrale Miene auf. „Der einzige, der sich hier zum Narren macht, bist du“, sagte er mit demonstrativer Gelassenheit. „Alles, was du tust, macht dich nicht eben zu einem Kandidaten für ein langes Leben.“
„Mein sogenannter Privat-Kaspar“, erklärte der Priester nicht minder ruhig, „ist um einiges schlauer, als du. Es gibt einige Fehler, die er niemals begehen würde. Weil er weiß, dass man nur Kopfschmerzen bekommt, wenn man ständig gegen Felswände läuft.“
Robert straffte seinen Körper, zog seine Hände vom Altar fort und trat einen Schritt zurück, während er den Priester fixierte. Die Hitze der Wut wich allmählich wieder aus seinem Gesicht, es wurde kalt und abweisend. Er sagte nichts mehr, sondern stand einfach nur da und lies seine schwarzen, finsteren Augen für sich sprechen.
„Vorsicht“, mahnte ihn der Priester nach einer Weile der angespannten Stille. „Du nimmst schon wieder
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