Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
es ist, jemanden zu töten, der dich direkt anschaut? Das Ganze ist kein Spiel, Diane. Es ist die grausame Wirklichkeit. Und es kann gut sein, dass du der Verlierer sein wirst, sobald es ihm gelingt, dein gutes Herz zu erreichen. Du solltest jede Gefahr vermeiden – und ihm nicht ins Gesicht sehen müssen, wenn du es tust.“
„ Ich hasse ihn “, platzte es aus Diane heraus. „Er hat Bernhard mit einem Messer aufgeschlitzt ! Er ist für mich kein Mensch mehr! “
„Jetzt, wo er weit weg ist“, fiel ihr jedoch Konrad ins Wort, „magst du glauben, dass du in ihm keinen Menschen mehr sehen wirst. Doch in dem Moment, in dem er vor dir steht, wirst du dich an deine Liebe zu ihm erinnern... Und daran, wie stark die Sehnsucht nach ihm war... Es wird dir unmöglich sein, ihn zu töten, während du ihm ins Gesicht siehst. Deshalb werden wir Vorkehrungen treffen.“
„Auch diese Frau, Katharina, soll mir sagen, was sie weiß...“, begann Diane und gleich darauf kam ihr der Gedanke, dass sie Robert spüren lassen sollte, wie weh es tat, einen geliebten Menschen durch eine Gewalttat zu verlieren... Doch sie sprach diese Überlegung nicht aus. Konrad würde mit Sicherheit nicht damit einverstanden sein: Das entsprach gewiss nicht seiner Vorstellung von Gerechtigkeit.
„Diane, das erhöht nur die Gefahr für dich. Du solltest dich nicht auf zwei Personen gleichzeitig konzentrieren müssen“, warf Konrad ein.
„Entweder beide, oder niemand“, gab Diane entschieden zurück. „Es ist schließlich sie , die die Kette meines Bruders trägt. Und wenn sie irgendetwas mit der Sache zu tun hat, dann möchte ich es aus ihrem eigenen Mund hören!“
Konrad überlegte kurz. „Es ist gut, dass das Zimmermädchen nicht mehr dort ist. Im Haus werden also nur diese zwei Personen sein. – Aber vielleicht sollten wir doch lieber die Frau aus der Sache herauslassen...“
Diane schüttelte den Kopf. „Nein“, war ihre kurze Antwort.
„Ich bat dich um Vorsicht, Diane. Vergiss nicht, dass du mit deinem Leben spielst.“
„Alles oder nichts“, sagte Diane ernst und löste ihre Finger aus seinem Griff, als sie merkte, dass ihre Handflächen zu schwitzen begannen.
Ich habe dieses Kind beschützt, seit seinem ersten Atemzug, dachte sie und rief sich die großen, blauen Augen des Jungen ins Gedächtnis. Es ist nur Recht, mit meinem Leben für ihn einzustehen!
„Was ist mit dem Zimmermädchen?“ fragte sie, um Konrad abzulenken. „Seit wann ist die Frau fort?“
„Ich habe mich etwas umgehört: Das Mädchen hat Herrn Adlam wie sein gesamtes übriges Personal im Stich gelassen. Sie haben Angst vor ihm, Diane. Und wir beide wissen, dass ihre Angst nicht unbegründet ist. – Es ist ein Glück für uns, dass das Zimmermädchen nicht mehr im Haus sein wird. Denn sonst müssten wir uns auch noch mit ihr herumplagen.“
Diane wandte den Blick zum Fenster, doch sie konnte wegen der schweren, zugezogenen Vorhänge nicht hinaus sehen. Doch wusste sie genau, dass draußen herrlichster Sonnenschein herrschte und der Frühling nun mit all seiner Blütenpracht ins Land gezogen war. Und sie hockte hier, in Konrads von der Außenwelt abgeschirmter, kleiner Stube und plante, zwei Menschen den Tod zu bringen. In ihrem Inneren brannte ein Feuer, das von Hass geschürt wurde. Und sie konnte es nur durch Blut ersticken.
------- JOSEFINE ------
Josefine ließ den Blick durch das Küchenfenster über den Garten schweifen: Das Gras war schon sehr hoch gewachsen, und überall lugten Wildblumen zwischen den grünen Büscheln hervor. Hans Petersen, der sich sonst immer in regelmäßigen Abständen um den Garten gekümmert hatte, war in diesem Frühjahr noch kein einziges Mal hier gewesen. Josefine wunderte das nicht, bei all dem bösen Gerede im Dorf.
Aber sei’s drum: So sah der Garten doch irgendwie auch sehr hübsch aus!
Sie wandte sich vom Fenster ab und sah zu Katharina herüber, die am Ecktisch saß und vor sich hin starrte.
„Jetzt ist wirklich richtig Frühling, Fräulein Katharina“, meinte sie betont heiter. „Sie sollten einen Spaziergang zu den Pferdekoppeln machen, oder bis zum Wald. Es wird sicher gut tun, das Bein mal wieder zu bewegen.“
Katharina seufzte nur leise zur Antwort.
„He, nun: Wer wird denn so den Kopf hängen lassen?“ versuchte Josefine es weiter. „Es wird schon alles wieder in Ordnung kommen. Sie sehen doch: Nach jedem Winter kommt ein Frühling!“
„Sie sind hoffnungslos optimistisch“,
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