Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
ihn deshalb auf und fügte ironisch hinzu: „Es tut bestimmt nicht weh.“
Er setzte sich nur widerwillig in Bewegung, aber er tat es immerhin.
Herr Weils schien hocherfreut. „Oh, Sie sind ein wirklich schönes Paar, Sie beide! – Wenn das Fräulein noch ein bisschen nach rechts rücken würde? Und Sie, Herr Adlam, könnten ihre Hand nehmen...“
Robert folgte der Anweisung des Fotografen und nahm Katharinas Linke in seine. Dabei blickten sie sich in die Augen.
„Warum schauen Sie beide denn so ernst? Nun lächeln Sie doch“, wies Herr Weils sie an.
„Entschuldige“, flüsterte Robert ihr zu, „dass ich dir Sorgen bereite. Vielleicht wird auch überhaupt nichts geschehen.“
Das hoffe ich , wollte Katharina ihm antworten, doch im selben Moment bat Herr Weils um absolute Regungslosigkeit. „Bewegen Sie sich erst wieder, wenn ich es sage.“
Sie standen eng beieinander und sahen sich an. Katharina war in diesem Moment deutlich bewusst, dass sie niemanden auf der Welt so sehr vermissen würde, wie Robert, wenn sie ihn verlöre. Denn in ihm hatte sie – eigensinnig und stur wie er auch war – einen Freund, der ihr auf Gedeih und Verderb ein Leben lang beiseite stehen würde. Und wo in der Welt fand man so etwas ein zweites Mal?
„Na, das war’s“, sagte Herr Weils, wirkte dabei jedoch nicht ganz zufrieden. „Aber Sie hätten mehr lächeln sollen“, fügte er den Grund seiner Verdrossenheit sogleich hinzu.
Katharina sah Josefine aus dem Haus treten und mit neugierigem Gesicht näherkommen. Das Zimmermädchen musste diese rätselhaften Vorgänge durch ein Fenster beobachtet haben und konnte nun wohl nicht mehr an sich halten, in Erfahrung zu bringen, was sich draußen im Garten abspielte.
„So, nun nehmen Sie bitte eine andere Position ein. Wie wäre es mit der Bank, dort?“ schlug Herr Weils vor und wies auf die beschattete Bank in der Laube.
„Es ist Besuch gekommen“, sagte jedoch Robert mit einem kurzen Blick auf das Gartentor. „Ich befürchte, Katharina, du musst ab jetzt auf mich verzichten.“
Katharina schaute nun ebenfalls zum Gartentor herüber und erblickte dort einen Mann, der gerade von seinem Pferd stieg. Der Besucher hatte einen kräftigen Körperbau und trug einfache, abgenutzte Kleidung. Auch das Pferd war nicht das Eleganteste: Es hatte kurze, stämmige Beine und war von einer verwaschenen braun-grauen Färbung. Bei dem fremden Besucher musste es sich wohl um den schon lang erwarteten neuen Pferdepfleger handeln, schlussfolgerte Katharina aus diesem Anblick.
Schon schlug Robert den Weg zum Gartentor ein, ohne Josefine zu beachten, die ihm entgegen kam. Katharina blieb etwas unschlüssig an ihrem Platz vor der Laube stehen. Eine echte Fotokamera einmal in Funktion zu sehen, war zwar recht aufregend: Aber musste sie denn unbedingt Modell hierfür stehen?
„Dann setzen Sie sich eben alleine auf die Bank“, sagte Herr Weils zu ihr. „Vielleicht pflücken Sie sich eine dieser hübschen Blumen dort“, er wies auf die Krokusse, die in den Beeten blühten, „ und halten sie in der Hand.“
Katharina seufzte leicht und folgte widerstrebend seinem Vorschlag.
„Würden Sie mir nachher das Gerät erklären, Herr Weils?“ fragte sie, während sie einige weiße Krokusse aus der Erde zupfte. „Ich würde gerne wissen, wie es funktioniert.“
„Aber natürlich, Fräulein“, erwiderte der Fotograf höflich, aber es war ihm deutlich anzumerken, dass er dachte, sie wäre ohnehin nicht in der Lage, die Technik zu verstehen.
Josefine hatte inzwischen Herr Weils mit seiner Kamera erreicht und begrüßte ihn mit einem freundlichen „Guten Tag“. Ihre großen, staunenden Augen waren dabei auf das ihr unbekannte Gerät gerichtet, die Miene ein einziges Fragezeichen.
Herr Weils nahm kaum Notiz von ihr, sich gegenüber einfachen Dienstboten offensichtlich äußerst erhaben fühlend.
„Du kennst doch dieses Bild auf Herrn Adlams Schreibtisch?“ fragte Katharina Josefine. „Die schwarz-weiße Landschaft mit dem Fluss?“
Josefine nickte.
„Herr Weils stellt mit seinem Apparat solche Bilder her. Und jetzt macht er eins von mir“, erklärte Katharina, während sie sich auf der Gartenbank niederließ, die weißen Krokusse im Schoß.
„Mit diesem komischen Kasten?“ Josefine war sichtlich erstaunt. „Und wo kommt dann das fertig gemalte Bild raus?“
„Hier wird nichts gemalt“, raunzte Herr Weils sie an.
„Was dann?“ wollte Josefine ungerührt weiter wissen. „Was
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