Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
Pochen ihres Herzens bis in ihre Schläfen. „Ich habe darüber nachgedacht, so, wie du es mir empfohlen hast. Und mit jedem Mal, wo ich Bernhards Schreie in meinem Kopf gehört habe, war ich mir sicherer, dass ich Robert gegenüber treten muss.“
Konrads Blick ruhte ruhig in ihrem Gesicht und sie hoffte, dass er ihre Angst vor der unweigerlich bevorstehenden Konfrontation, die jede Faser ihres Körpers erfüllte, nicht wahrnehmen konnte. Er runzelte leicht die Stirn. „Diane, es ist auf jeden Fall gefährlich...“
„Ich wäre wirklich dumm , wenn mir das nicht klar wäre“, erwiderte sie ihm und ihre Stimme klang dabei erstaunlich fest. „Wenn er das wirklich meinem Bruder angetan hat, dann werde ich bestimmt nicht versuchen, ihn mit der bloßen Faust niederzustrecken und anschließend auf ihm herumzutrampeln...“
„Ich habe dir zugesagt“, meinte Konrad und seine Stirn glättete sich wieder, „dass ich dich unterstützten werde, wenn du auch noch nach einigen Stunden des Nachdenkens der Ansicht bist, zu ihm gehen zu müssen. Natürlich halte ich mein Versprechen.“
„Das musst du nicht“, entgegnete Diane ihm. „Du bringst dich in Gefahr, obwohl du in Wahrheit mit der Sache absolut nichts zu tun hast. Irgendwie werde ich es auch alleine durchstehen!“
Mutige Worte, dachte sie. Aber in Wirklichkeit sah es doch ganz anders in ihr aus: Ohne seine ordnende Kraft würden ihre Gedanken sich immer nur im Kreise drehen und am Ende würde nur noch die schiere Wut sie vorantreiben. Denn Wut war das dominierende Gefühl, das sie immer wieder erfasste und ihre Stirn erhitzte. Bebende Wut, die, wenn die Stimme der Vernunft nicht mehr zu ihr dränge, in unkontrollierbaren Hass ausarten würde. Und dann würde sie nicht nur Robert, sondern auch sich selbst zerstören.
„Ich kann dich damit nicht alleine lassen“, erklärte ihr Konrad und für einen Moment erfasste ein warmherziges Lächeln sein Gesicht, bevor er wieder ernst wurde. „Ich möchte dich mit nach Afrika nehmen, wenn du einverstanden bist. Ich weiß, dir steht der Sinn nach Abenteuer – und so, wie ich die Sache sehe, wird es sowieso besser für dich sein, hinterher so schnell es geht das Land zu verlassen. Also warum dann nicht eine neue Welt entdecken?“
Die Vorstellung, schon in wenigen Tagen ein ganz neues Leben zu beginnen und die erdrückenden Erinnerungen hinter sich zu lassen, löste in Diane eine tiefe Sehnsucht aus. Aber was auch in Zukunft geschah, ihr war schmerzlich bewusst, dass ihr geliebter kleiner Bruder und sein grausamer Tod sie für immer überall hin verfolgen würde und ein gnädiges Vergessen unmöglich war.
„Wir werden gründlich handeln, damit keine weiteren schlimmen Verbrechen geschehen“, meinte Konrad weiter. „Die Justiz wird den Kindesmörder entkommen lassen, das haben wir doch schon bei der Ermordung des Rubenfelser Bildhauergesellen gesehen
– wer immer auch der Täter sein mag. Also helfen wir in diesem Fall, selbst nach, dass der Täter nicht entkommt und seine gerechte Strafe erhält.“
In seinen Augen erblickte sie eine Entschlossenheit, die ihrem eigenen innerlichen ängstlichen Zaudern spottete: Wovor fürchtete sie sich eigentlich? – Weniger vor körperlichen Schmerzen oder gar dem eigenen Tod, als vielmehr vor der endgültigen unausweichlichen Wahrheit. Und die musste sie auf jeden Fall erfahren, bevor es zum Unvermeidbaren kam...
„Er wird mir zuerst ein Geständnis ablegen müssen“, sagte sie und spürte, dass Konrads Ruhe und Entschiedenheit wie in kleinen, ansteckenden Funken langsam auf sie überging. „Ich werde ihn zwingen, die Wahrheit zu sagen.“
Und wenn er es wirklich getan hat , dachte sie, dann werde ich ihm Schmerzen zufügen, die er in seinem Leben noch nie gekannt hat...
„Vorsicht“, sagte Konrad und drückte sanft ihre Hände. „Du darfst dich in keine vermeidbaren Gefahren stürzen. Wenn du wirklich mit ihm reden willst, dann nur in einer Situation, in der er völlig ungefährlich für dich ist.“
„Er darf sich nicht mehr rühren können...“, stimmte Diane ihm zu.
Konrad lehnte sich zu ihr vor und blickte ihr sehr, sehr ernst ins Gesicht. „Du wirst ein großes Problem bekommen, liebe Diane. Die Schwierigkeit ist nicht, ihn schachmatt zu setzen, wenn du ihn am Anfang nur mit einem guten Schauspiel in Sicherheit wiegst. Aber hast du schon mal einem Menschen Schmerzen zugefügt, und ihm dabei in die Augen gesehen? Hast du jemals darüber nachgedacht, wie
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