Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
erwiderte Katharina mit einem schwachen Lächeln.
„Es wird eben nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, sagte Josefine. „Seit Magarete weg ist, hab‘ ich viel kochen müssen: Deshalb weiß ich das.“
„Vielleicht trifft das auf Ihren Eintopf zu, Josefine“, meinte Katharina sanft, „aber sicher nicht auf Robert.“
Unwillkürlich musste Josefine wieder einmal an die Worte denken, die so vor gar nicht allzu langer Zeit – obwohl es ihr schien, als seien seitdem Jahre vergangen – auf einigen losen Blättern mit Herrn Adlams privaten Aufzeichnungen gelesen hatte: „Der Tod ist in meinen Träumen ein geplanter, vielleicht sogar ein von mir selbst herbeigeführter…“
Sie hatte nie mit jemandem darüber gesprochen, was sie dort gelesen hatte. Auch nicht mit Katharina. Zu sehr schämte sie sich wegen ihrer Schnüffelei...
Aber natürlich würde das Wissen über diese Aufzeichnungen Katharinas Laune alles andere als aufbessern. Der Sinn, ihr davon zu erzählen, war also mehr als fragwürdig.
„Der kann schon auf sich aufpassen“, sagte Josefine und verdrängte die düsteren Worte aus ihrem Kopf. „Ich kenn‘ niemanden, über den ich das gewisser sagen kann.“
„Das rede ich mir auch immer wieder ein“, meinte Katharina und nippte an der Tasse heißer Schokolade, die Josefine für sie gemacht hatte.
Josefine wollte sich gerade wieder der hübschen Aussicht über den Garten widmen, als sie das Läuten der Türglocke vernahm. Also verließ sie mit flotten Schritten die Küche, um die Haustür zu öffnen. Die Phase, in der Herr Adlam es ihr untersagt hatte, ohne sein Beisein Besuchern die Tür zu öffnen, war zum Glück vorbei. Dies konnte doch nur ein Zeichen sein, dass die Lage sich bereits wieder gebessert hatte, dachte sich Josefine: Es gab eben nichts mehr, wovor man Angst haben musste, ganz klar!
Ein Junge stand dort draußen auf dem Treppenabsatz. Einer der sommersprossigen, hellblonden Bengel vom Schmid-Hof.
„Tag, Josefine. ‘soll dir was ausrichten“, sagte der Junge, während er auf irgendetwas herumkaute.
„Worum geht’s denn?“ erkundigte sich Josefine verwundert.
„Da will dich jemand treffen. Unten, am See“, meinte der Junge und grinste dabei frech. „Der sagt, unten an der Weide, heute Abend. Und: Wie immer.“
Der Junge beschrieb genau den Ort, wo Josefine sich mehrmals mit Eddi getroffen hatte. Und vor einigen Jahren, damals, auch mit Erik.
„ Wer will mich treffen?“ fragte sie.
„Wirst schon sehen“, grinste der Junge und gab ein lautes Schmatzen von sich.
Eddi? – Es musste Eddi sein! Mit Erik lief schon so lange nichts mehr. Der meldete sich bestimmt nicht so plötzlich wieder. Es war sicher Eddi, der plötzlich seine geheimnisvollromantische Ader entdeckt hatte. Oder dem die Arbeit ganz einfach keine Zeit ließ, persönlich vorbeizuschauen...
„Neun Uhr“, sagte der Junge und drehte sich um.
„He, Kleiner“, rief Josefine, „willst du mir nicht sagen, wer’s ist?“
Doch der Junge antwortete ihr nicht, sondern rannte einfach nur davon. Wohl zurück zu seinen wartenden Spielkameraden.
Mit leichtem Kopfschütteln schloss Josefine die Haustür wieder: Eddi war schon manchmal ein merkwürdiger Kerl.
Die Wahrheit
Wir trafen uns etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang, oben in den Hügeln, die auf allen Seiten gesäumt waren vom dichten, aus dieser Perspektive schier endlos erscheinenden Wald. Wie ein grüner Teppich lagen die Baumkronen zu unseren Füßen. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt, und an diesem schönen Frühlingstag tauchte die Sonne auf ihrer sinkenden Bahn die Welt in ein warmes, rotgoldenes Licht.
„Ich hätte damals nicht vermutet, dass du auf diesen abergläubischen Unsinn hereinfallen könntest“, sagte der Priester, der, mit dem Rücken an einer jungen Birke gelehnt, im Gras saß und in die rote Sonne blinzelte. Er sah wie ein ganz normaler Städter aus, der gerade einen Ausflug aufs Land unternahm: Seine sicher nicht billige Kleidung war vom langen Ritt etwas zerknittert, wirkte aber durch und durch edel. Dass er sich damit einfach ins Gras setzte zeigte deutlich, wie wenig Wert er solcherlei materiellen Dingen beimaß.
Er zerdrückte beiläufig eine Margerite zwischen seinen kräftigen Fingern. Der feurige Sonnenball am Himmel schien seine gesamte Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Ich konnte nur ahnen, wovon er sprach, denn seine Worte hatten keinerlei Einleitung gehabt.
„Die alte
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