Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
heftiger Anspannung stehende Körper des Opfers in sich zusammen, so, als sei alle Energie aus ihm gewichen. Robert verharrte auf den Knien, die Unterarme noch immer in derselben Position auf dem Altar liegend. Konrad hörte die heftigen, zitternden Atemzüge seines erklärten Feindes, sah, wie dieser den Kopf sinken ließ und die Stirn gegen den kühlenden Stein presste. Dass die ganze Angelegenheit hier und jetzt doch noch in seinem Sinne endete, bereitete Konrad eine tiefgehende Befriedigung. Für eine Weile hatte es so ausgesehen, als wäre für ihn selbst das Ende nahe, doch der Priester hatte entschieden, wer von ihnen beiden den größeren Verrat begangen hatte. Und Konrads Loyalität zu seinem Meister war mit dieser Entscheidung wieder enorm angewachsen. Er selbst stand unter strenger Beobachtung, doch, wie die Dinge lagen, würde es ihm keine Probleme bereiten, seine Treue auf die Dauer unter Beweis zu stellen.
Der Priester hob die Hände und gab den Umstehenden ein unmissverständliches Zeichen. Wie abgesprochen hatten sich die Helfer zurückzuziehen. Konrad jedoch blieb mit einem Abstand von etwa drei Schritten vor dem Altar stehen. Ihm war es als einzigem erlaubt, dazubleiben. Schweigend verloren sich die Helfer in der Dunkelheit des Waldes, nahmen nur zwei der Fackeln mit sich. Die anderen Fackeln wurden in den Waldboden um den Altar herum gesteckt. Die Helfer hatten sich in der Nähe aufzuhalten, in Hörweite. Sie würden auf der Stelle zurückkommen, wenn der Priester wieder nach ihnen rief.
Konrads Meister bewegte sich, als seine Leute sich vollständig zurückgezogen hatten, um den Altar herum und bückte sich zu dem auf der Erde Knienden. Er schien sehr leise etwas zu sagen, doch Konrad konnte selbst auf die geringe Entfernung nichts verstehen. Robert, seinen Kopf nicht vom Stein hebend, antwortete ebenfalls mit kaum vernehmbarer Stimme. Die Hand des Priesters legte sich sanft auf Roberts Oberarm.
„Dann steh auf, mein Freund“, sagte er nun ein wenig lauter.
Der Angesprochene rührte sich einen Moment lang noch immer nicht, bis er sich schließlich doch einen Ruck gab und mit des Priesters tatkräftiger Unterstützung auf die Beine kam. Die blutigen Hände verschwanden wieder unter den Ärmeln, doch von den Fingern sah Konrad die rote Flüssigkeit auf den Waldboden tropfen. Der Priester winkte Konrad herbei und dieser setzte sich sofort in Bewegung, war innerhalb einer Sekunde bei den beiden anderen Männern.
„Robert“, sagte der Priester nun in mildem Tonfall, „Wir helfen dir nun, das Gewand abzulegen. Du wirst alleine nicht damit zurechtkommen, vermute ich.“
Robert war wohl auf der Stelle klar, wer mit wir gemeint war.
„ Er wird mich nicht anrühren“, warnte er mit dumpfer Stimme.
Der Priester erwiderte ernst: „Sei kein Kindskopf.“
Doch Robert beharrte weiter, mit unverhohlenem Zorn: „Ich werde mich nicht von i h m anfassen lassen.“
Der Priester gab Konrad mit einer Geste zu verstehen, dass er sein Vorhaben ohne Abstriche ausführen wollte.
Konrad gehorchte und griff nach Roberts Arm, selbstverständlich auf eine Abwehrbewegung gefasst. Doch der Ruck, mit dem Robert sich auf der Stelle losriss, war sehr viel kräftiger, als er erwartet hatte. Und im selben Moment holte ihr Gefangener blitzschnell aus und die Knöchel seiner geballten Faust krachten in einem mächtigen Hieb gegen Konrads Kinn. Einen Moment lang gingen in Konrads Kopf die Lichter aus und er fand sich gleich darauf auf dem Boden wieder, mit vor Schmerz pochendem Unterkiefer. Roberts schwarze Gestalt schien aus der Froschperspektive riesenhaft. Kaum zu glauben, wie kräftig er mit diesen übel zugerichteten Händen noch hatte zuschlagen können. Mit beiden Händen und hartem Griff hielt der Priester Robert von hinten fest, um Konrad die Zeit zu geben, wieder aufzustehen.
Robert stemmte sich gegen den Griff des Priesters, doch die schneidende Stimme des körperlich überlegenen Mannes schien ihn zur Vernunft zu bringen.
„Beherrsche dich gefälligst, du gottverdammter Dummkopf ! Du weißt genau, dass ich dich problemlos zur Ruhe bringen kann.“
Konrad kam wieder auf die Beine. Er verspürte ein starkes Schwindelgefühl und Übelkeit. Mit der Hand tastete er nach seinem Kinn, das dabei war, unverkennbar anzuschwellen. Blut klebte auf der Außenseite seiner Kapuze, das nicht sein eigenes sein konnte. Als er unter die Kapuze griff, stellte er fest, dass seine Haut unverletzt geblieben war.
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