Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
Hinsicht.“
„Danke. Du bist großzügig.“
Der Priester lachte wieder sein leises Lachen, weich und irgendwie gutmütig.
Dann legte er die Hand auf Roberts rechten Unterarm und wies ihm die Richtung zurück zum Steinaltar, der einen halben Meter entfernt stand. Robert ließ sich ohne zu zögern dorthin leiten, machte sogar Anstalten, auf den Opferstein zu steigen. Doch dann schien er plötzlich seinen schlagkräftigen Erfolg von vorhin wiederholen zu wollen, denn seine geballte Faust schnellte vor und traf den Priester, der den Kopf zur Seite drehte, auf die Wange.
Auch dieser Schlag hinterließ einen blutigen Fleck von Roberts Hand auf der Kapuze. Doch der Priester schwankte nicht einmal. Er griff mit beiden Händen nach der Faust seines Angreifers und drückte sie mit aller Kraft zusammen. Robert gab endlich einen vernehmbaren Schmerzenslaut von sich, denn seine eigenen Finger gruben sich in die zerschnittene Handfläche. Dann sackte er auf die Knie, doch sein Peiniger ließ nicht los.
„Konrad, komm her“, sagte der Priester mit noch immer ruhiger Stimme, als sei gar nichts geschehen, während er die Faust des vor ihm am Boden Kauernden mit seinen kräftigen Händen zusammenpresste. Konrad folgte und stand seinem Meister sofort zur Seite. Ohne weitere Worte griff er entschlossen nach Roberts anderen Arm und die beiden zogen ihn wieder auf die Beine.
Robert setzte sich zur Wehr, doch seine Bewegungen waren nun zu unkoordiniert, um wirklichen Schaden anzurichten. Ohne von der verletzten Hand auch nur für einen Moment abzulassen, gelang es dem Priester mit Konrads Hilfe, Robert auf den Opferstein zu zerren. Um die steinernen Laschen an den Altarseiten waren bereits feste Stricke gelegt, die schnell durch die Lederschlaufen der Handgelenke gezogen waren.
Robert lag nun mit dem Rücken auf dem Stein, der Priester ließ schlussendlich die verletzte Hand los.
Mit den noch freien Beinen gelang es Robert im nächsten Moment, seinem Peiniger einen kräftigen Tritt gegen den Arm zu versetzen, bevor auch seine Füße schließlich gefesselt waren. Am Ende hielt der Priester sich mit einem ärgerlichen Schnauben den getretenen Arm.
„Danke für die Erinnerung daran, warum ich das hier heute tue“, sagte er böse. „Jetzt wird mir der Abschied leichter fallen.“
Konrad hielt sich mit einem Kommentar zurück. Er hatte immer gewusst, dass dieser Kerl ein unberechenbares Risiko darstellte, das zu guter Letzt endlich beseitigt werden musste. Von Roberts rechter Hand tropfte nun wieder das Blut. An seiner Linken war die Blutung zurückgegangen, aber noch nicht versiegt. Die Arme hingen zu beiden Seiten des Altares herab, denn die Laschen, durch die Fesseln gezogen waren, befanden sich auf den Seitenflächen.
So versickerten die Blutstropfen im Waldboden.
Der Priester wies Konrad an, zwei der Metallschalen aufzustellen, sodass die rote Flüssigkeit sich darin sammeln konnte.
„Ich brauche eine anständige Menge seines Blutes“, teilte er nüchtern mit. „Also lass die Schalen nicht zu klein sein.“
Roberts Stimme war sehr leise unter dem Stoff der Kapuze zu hören.
„Du wirst scheitern“, sagte er.
Der Priester beugte sich zu ihm herunter, bis sich ihre Gesichter beinah berührten.
„ Du bist bereits gescheitert“, teilte er ihm im Flüsterton mit.
Doch Robert ließ sich nicht davon beirren.
„Ich sehe die Zukunft“, raunte er, und seine Stimme klang in diesem Moment nicht mehr, wie seine eigene. Konrad nahm die völlige Veränderung des Tons genau wahr.
Der Klang war tiefer.
Finster.
Als befände sich der Sprecher in einem tiefen Loch unter der Erde.
Im selben düsteren Ton sagte Robert abermals: „Ich sehe die Zukunft“, und fuhr dann, nach einem Moment des Schweigens fort: „Du, mein Meister, kommst in dieser Zukunft nicht vor. Und auch keines deiner Monster.“
Der Priester schüttelte leicht den Kopf: „Du hast keine Ahnung“, sagte er leise. „Du hast nie von irgendetwas eine Ahnung gehabt. Bildest dir ein, so schlau zu sein. Dabei war dein ganzes Leben nur eine Aneinanderreihung von groben Fehlern.“
Robert erwiderte darauf nichts.
Konrads Meister richtete sich wieder auf, griff in die Tasche seines Gewandes und reichte Konrad sein Messer: „Ich sagte dir schon, ich brauche eine anständige Menge Blut. Bevor er stirbt, hat er mir noch etwas zurückzugeben. Schneide ihm die Fingerkuppen auf und sieh zu, dass die Wunden sich nicht schließen. Es soll langsam, aber
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