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Wer Blut vergießt

Wer Blut vergießt

Titel: Wer Blut vergießt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Dinge zu sprechen. Nicht einmal mit Ihrer Mutter.« Ganz besonders nicht mit Ihrer Mutter, setzte sie im Stillen hinzu. Mrs Francis würde wahrscheinlich in alle Welt hinausposaunen, dass ihr Sohn das Opfer eines Serienmörders war. Ein schneller Themenwechsel schien angebracht. »Amanda, kannte Shaun einen Mann namens Caleb Hart?«
    »Nein, nicht dass ich wüsste.« Amanda bekam allmählich den glasigen Blick von jemandem, der einem Tennismatch zu folgen versucht. »Wer …«
    »Was ist mit Andy Monahan?«, warf Melody ein. Ihre Stimme klang gepresst und bemüht neutral.
    »Nein, ich wüsste nicht …« Amanda runzelte die Stirn. »Warten Sie mal. Ich glaube, da gab es mal einen Jungen namens Andy. In diesem einen Sommer im Park. Aber das ist Jahre her, und ich glaube nicht, dass ich je seinen Nachnamen erfahren habe.« Als Gemma und Melody warteten, fuhr sie bedächtig fort: »Er hat Gitarre gespielt. Shaun kann in dem Sommer höchstens dreizehn oder vierzehn gewesen sein. Ich habe sie ein paarmal gesehen, wenn ich mit meinen Freundinnen in den Park ging, und ich habe Shaun gefragt, wer er sei. Blond, ein hübscher Junge. Ich glaube, Shaun war eifersüchtig.« Sie verzog die Mundwinkel. »Er kam sich wohl besonders cool vor, mein kleiner Bruder, wenn er sich mit einem Jungen aus den Arbeitervierteln von Crystal Palace abgab. Er war damals schon ein richtiger Kotzbrocken.«
    »Sind die beiden in Kontakt geblieben?«, fragte Gemma und achtete dabei ebenso auf Melodys Reaktion wie auf die von Amanda.
    »Nein, ich glaube nicht. Aber es gab da irgendeinen Ärger in Shauns Schule in diesem Herbst, nachdem das Schuljahr angefangen hatte. Ich bin mir nicht mal sicher, ob es einen Zusammenhang gab oder ob ich die Dinge nur in meiner Erinnerung durcheinanderwerfe. Niemand hat mir gesagt, worum es ging – ich weiß nur noch, dass die Erwachsenen sich mit gedämpfter Stimme unterhalten haben und dass Dad mehrere Gespräche mit dem Direktor hatte.«
    »Die Schule – welche war das?«, fragte Gemma.
    »Norwood College, so nennt sie sich. Es ist eine exklusive Privatschule für Jungen. In Dulwich.«

18
    Fünfundsiebzig Jahre danach haben sich die Sphinxe und Statuen, welche die Terrassen schmückten, von archäologischen Imitaten in echte Ruinen verwandelt, aber immer noch ahnt man etwas von der vergangenen Pracht.
    www.sarahjyoung.com
    Kaum hatten Shaun und Joe die Wohnung betreten, da wusste Andy schon, dass er einen Riesenfehler gemacht hatte. Er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, als wäre durch ihre bloße Anwesenheit die ganze Luft aus dem Raum verdrängt worden.
    Und als er sah, wie sie sich in dem armseligen Wohnzimmer umblickten, empfand er noch etwas anderes: Scham. Er tat sein Bestes, damit alles immer sauber und ordentlich war, aber die Möbel waren alt und abgenutzt, die Wände fleckig und feucht. Die Kleider und der Akzent der Jungen verrieten ihm, dass es bei ihnen zu Hause ganz anders aussehen musste.
    »Hübsch hast du’s hier«, feixte Shaun, während Joe zwei Flaschen billigen Cider aus seiner Papiertüte zog.
    Joe öffnete den Schraubverschluss der einen Flasche und stellte die andere auf den Wohnzimmertisch. »Du musst mit uns aus einer Flasche trinken. Wir haben nur zwei.«
    »Ich will keinen«, sagte Andy, während er überlegte, wie er sie wieder loswerden könnte, ohne sie mit Gewalt zur Tür rauszuwerfen – sie waren beide größer als er. »Woher habt ihr das Zeug überhaupt?«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass wir in dem Laden an der Parade alles kriegen, was wir wollen.« Shaun schlenderte im Wohnzimmer umher und warf einen Blick in die Küche. »Wo ist denn die E-Gitarre?«, fragte er. »Diese rote. Wir haben gesehen, wie du drauf gespielt hast.«
    »Nicht hier. Die war … nur geliehen.« Gott sei Dank hatte er die Strat oben in seinem Zimmer gelassen, dachte Andy. Aber was, wenn einer der beiden aufs Klo wollte? Oder wenn Shaun einfach die Treppe raufging? Wie sollte er ihn aufhalten? »He, ich hab’s mir doch anders überlegt mit dem Cider«, sagte er, nur um sie irgendwie vom Thema abzulenken.
    »Okay, Mann.« Joe reichte ihm die offene Flasche, und er nahm einen kräftigen Schluck. Der Cider schmeckte süß, und er musste würgen.
    »Was schaust du dir denn in dem Ding an?« Shaun hatte sich die Fernbedienung des billigen alten Fernsehers geschnappt. »Kinderstunde? Doctor Who? Ist das überhaupt ein Farbfernseher?«
    »Lass das …«
    Aber Shaun hatte die Fernbedienung schon

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