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Wer Blut vergießt

Wer Blut vergießt

Titel: Wer Blut vergießt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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übersät, und die fleckige hintere Wand zierte ein Poster der Fußballmannschaft von Crystal Palace, dessen eine obere Ecke schlaff herabhing wie eine Fahne auf Halbmast.
    »Haben Sie vor zu verreisen, Mr Peterson?«, fragte Gemma.
    »Nee. Meine Freundin zieht aus. Die Frauen immer mit ihrem Plunder – kennt man ja.«
    Melody fand, dass sein Akzent nach einem Internatszögling klang, der auf Arbeiterklasse machte – das Resultat tat regelrecht in den Ohren weh. »Hat sie Ihnen das verpasst – Ihre Freundin?«, fragte sie und hielt den Finger an ihren eigenen Wangenknochen.
    Sie merkte, wie er zögerte und offenbar überlegte, ob er lügen sollte, und während er so reglos verharrte, war auch die leichte Prellung an seiner Nase zu erkennen. Dann zuckte er mit den Achseln. »Nee. Hab am Wochenende ein bisschen zu viel getrunken, und da gab’s im Pub ein bisschen Stress.«
    »War das zufällig das White Stag in der Church Road?«, fragte Gemma.
    Peterson riss die Augen auf. Damit hatte er nicht gerechnet. »Zufällig ja. Na und?«
    »Und es war rein zufällig ihr alter Freund, der Sie geschlagen hat. Andy Monahan.«
    »Ja, das stimmt. Aber ich würde ihn nicht direkt einen Freund nennen. Ich hätte ihn anzeigen sollen. Das war Körperverletzung, ganz klar.«
    »Sie und Andy kennen sich schon sehr lange, soviel ich weiß.«
    Peterson wich zurück, jetzt vollends misstrauisch. »Ich hab ihn flüchtig gekannt, als wir Kinder waren. So ’n kleiner Rotzbengel, hat noch nicht mal ein anständiges Paar Schuhe gehabt, und jetzt will er nicht mehr mit mir gesehen werden.« Gemma blickte sich ganz demonstrativ im Zimmer um, und Peterson wurde rot. »Er hatte verdammt noch mal kein Recht, mich zu schlagen.«
    »Andy Monahan hatte auch keine allzu freundlichen Erinnerungen an Sie, Mr Peterson«, warf Melody ein. »Und er weiß nicht einmal, was Sie seiner Nachbarin Mrs Drake tatsächlich angetan haben.«
    Seine Miene wurde verschlossen. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Oh, das wissen Sie ganz bestimmt«, sagte Gemma. »Sie haben sie beschuldigt, Sie sexuell belästigt zu haben, und Ihr Vater hat rechtliche Schritte gegen sie eingeleitet. Er engagierte einen Anwalt namens Vincent Arnott, um eine Zivilklage gegen sie anzustrengen, nachdem die Polizei sich geweigert hatte, Strafantrag zu stellen. Haben Sie Mr Arnott vielleicht am Freitagabend im White Stag gesehen?«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden«, wiederholte Peterson. Der Privatschul-Akzent kam jetzt stärker durch.
    Melody hielt ihr Handy hoch und zeigte ihm Arnotts Foto. »Vielleicht hilft das Ihrem Gedächtnis ja auf die Sprünge.«
    Er sah hin und schüttelte gleich den Kopf. »Nee. An den kann ich mich nicht erinnern. Das ist doch sowieso Jahre her.«
    »Und Sie hatten ihn auch vorher noch nie in dem Pub gesehen?«
    »Ist nicht meine Stammkneipe, das White Stag. Sind mir zu viele Yuppie-Schleimer da. Ich bin nur hin, weil ich Andys Foto auf dem Plakat im Fenster gesehen hab. Dachte, das wär doch witzig.«
    Kincaid trat hinter Gemma hervor, und Melody war froh, dass der Blick, mit dem er Joe Peterson durchbohrte, nicht ihr galt. »Sie dachten, Andy würde es witzig finden, dass Sie in das Haus seiner Nachbarin eingedrungen sind und sie fast zu Tode erschreckt haben?«
    »So war das nicht.« Peterson wippte auf den Fußballen und schielte zu Kincaid herüber, der plötzlich den ganzen Türrahmen auszufüllen schien.
    »Wir kennen Ihre Version des Vorfalls. Andy sagt, dass die nicht stimmt.«
    »Dieses scheinheilige kleine Katholikenbürschchen? Er war es doch, der ihr seit Monaten nachspioniert hatte.« Peterson funkelte sie böse an. »Was soll das hier eigentlich? Sie haben kein Recht, mich so zu schikanieren. Ich habe nichts getan.«
    »Haben Sie am Freitagabend im Pub sonst noch jemanden wiedererkannt?«, fragte Gemma.
    »Nein. Ich hab’s Ihnen doch gesagt. Hören Sie, mir reicht’s jetzt …«
    »Vincent Arnott, der Anwalt, den Ihr Vater damals engagiert hat, war am Freitagabend im White Stag. Am Samstagmorgen wurde er tot aufgefunden.« Gemma ließ ihm Zeit, diese Information zu verarbeiten. Peterson warf Kincaid noch einen Blick zu. Der Bluterguss auf seinem Wangenknochen zeichnete sich jetzt ganz deutlich ab.
    »Wieso sollte mich das kümmern?«, sagte er schließlich. Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab, als er schluckte.
    »Ihr alter Kumpel Shaun Francis wurde am Montagmorgen tot aufgefunden«, sagte Kincaid. »Ein merkwürdiger Zufall,

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