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Wer Blut vergießt

Wer Blut vergießt

Titel: Wer Blut vergießt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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hindern, die Hand nach ihm auszustrecken. »Ich finde gar nicht, dass das albern ist«, sagte sie. »Was du gedacht hast, meine ich. Aber was du gesehen hast, war auch keine Halluzination.«
    »Wovon redest du?«
    »Andy, was schätzt du, wie spät es war, als du Nadine im 12 Bar zu sehen glaubtest?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Neun oder halb zehn vielleicht. Wieso?«
    Du lieber Himmel. Es war möglich. Nadine könnte das 12 Bar verlassen haben und direkt nach Kennington gefahren sein, um dort Shaun im Prince of Wales anzusprechen. Und ihn nach Hause zu bringen.
    Aber wie sollte sie Andy beibringen, welchen Verdacht sie hegten? Melody wünschte plötzlich, sie wäre ganz woanders, doch sie wusste, dass sie keine Wahl hatte. »Wir glauben, dass du tatsächlich Nadine gesehen hast. Kannst du mir sagen, wie sie aussah?«
    Andy starrte sie an, als ob sie diejenige sei, die den Verstand verloren hatte. »Sie sah aus wie Nadine.«
    »Nein, ich meine, du sollst sie mir beschreiben.«
    Sein Blick wurde leer, als er nachdachte. »Na ja, sie war natürlich älter. Und dünner, glaube ich. Es war nur ein kurzer Moment, und sie war ziemlich weit weg von mir. Sie …« Als er die Stirn runzelte, hoben sich die äußeren Enden seiner Augenbrauen wie Flügel. »Sie hatte so einen eleganten Kurzhaarschnitt. Früher waren ihre Haare länger« – er hielt die Hand an sein Schlüsselbein – »und ein bisschen gewellt. Und sie sah … irgendwie elegant aus. Aber es war ihr Gesicht …« Er richtete den Blick wieder auf Melody. »Willst du mir sagen, dass ich sie wirklich gesehen habe?« Ein Anflug von Hoffnung ließ seine blauen Augen aufleuchten.
    »Duncan hat uns erzählt, was passiert ist, als sie deine Nachbarin war – diese Sache mit den Jungen. Aber es war nicht deine Schuld, dass Nadine fortgegangen ist.« Melody schluckte; sie wünschte, er hätte ihr Tee oder wenigstens ein Wasser angeboten, irgendetwas für ihren trockenen Mund. »Nach diesem … Zwischenfall … brachte Joe an ihrer Schule das Gerücht auf, sie habe ihn sexuell belästigt. Daraufhin verlor sie ihre Stelle. Als die Polizei sich dann weigerte, Strafantrag zu stellen, strengte Petersons Vater eine Zivilklage an, weil sie seinem Sohn angeblich seelischen Schaden zugefügt hatte. Der Mann, der dich am Freitagabend im White Stag beschimpft hat, Vincent Arnott, war der Anwalt, den Peterson damals engagiert hat. Und dann hat Shaun Francis – wir glauben jedenfalls, dass er es war – die Gerüchte noch weiter angefacht und dafür gesorgt, dass sie den Schulbehörden zu Ohren kamen.«
    Andy starrte sie an. »Was erzählst du da?«
    »Wir glauben, dass Nadine irgendwann, nachdem sie aus Crystal Palace weggezogen war, nach Frankreich gegangen ist. Aber vor ein paar Monaten ist sie nach London zurückgekommen. Sie leitet eine Filiale einer Designer-Boutique in Covent Garden. Der Schal …« Melody schluckte wieder. »Der Schal, mit dem Vincent Arnott geknebelt und Shaun Francis erdrosselt wurde – wir haben ihn zu dem Laden zurückverfolgt. Zu Nadines Boutique.«
    »Ihr – Ihr denkt, dass Nadine sie umgebracht hat?«
    »Arnott wurde gesehen, wie er das White Stag zusammen mit einer Frau verließ. Caleb Hart hat am selben Abend eine Frau gesehen, auf die die Beschreibung passt, die du mir gegeben hast. Er sagte, sie habe Arnott beobachtet. Und Shaun – selbst wenn er sie im Prince of Wales erkannt hat, fühlte er sich vielleicht nur geschmeichelt. Andy, du musst auf der Hut sein. Wir haben versucht, mit ihr zu sprechen, aber wir können sie nicht finden.«
    Er stand so abrupt auf, dass er den Kater aufschreckte, der fauchend und mit aufgestellten Schwanzhaaren in Richtung Werkstatt davonflitzte. »Ich glaub das nicht. Ich glaub kein Wort davon. Nadine würde nie jemandem ein Haar krümmen.« Er hatte die Strat am Hals gefasst, und jetzt schwenkte er das Instrument vor ihrem Gesicht. »Die hat sie mir geschenkt. Hast du das gewusst? Es war das einzige Erinnerungsstück von ihrem Mann, von dem sie sich nicht hatte trennen können. Sie hat mir vertraut. Und wie habe ich es ihr gedankt? Ich habe sie verraten! Shaun Francis war ein Tyrann, und Joe Peterson war ein mieser kleiner Lügner, und ich habe – ich habe zugelassen, dass die zwei sie ruinierten.« Er schien den Tränen nahe.
    »Sie haben dich benutzt, diese Jungen. Es war nicht deine Schuld.«
    »Das ist keine Entschuldigung. Sie war meine Freundin. Nadine war – Sie war der gütigste Mensch,

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