Wer Böses Tut
ihm gehört, er besitzt sie; er kann mit ihr tun, was er will.«
»Versucht er sie zu depersonalisieren?«, fragte Tartaglia und
sah ihn Gedanken Rachel mit ihrem verborgenen Gesicht vor sich.
»Ja. Um aber darauf zurückzukommen, was ich vorhin gesagt habe: An diesem Punkt war es für ihn nicht mehr wichtig, ob sie tot oder lebendig war. Tod ist hier nicht das Thema.«
»Arme Frau«, murmelte Clarke und trank einen Schluck Wasser.
»Dann akzeptieren Sie also Malcolm Broadbents Aussage, wie er Catherine Watsons Leiche gefunden hat?«, fragte Tartaglia, der sich daran erinnerte, was Turner dazu gesagt hatte.
»Hast du nicht gesagt, Broadbent hat gelogen?«, fragte Clarke Tartaglia.
»Das war Simon Turners Ansicht.«
»Nun, ich habe Broadbent geglaubt«, sagte Harper fest. »Wenigstens das, was er darüber gesagt hat, wie er die Leiche gefunden hat. Gut möglich, dass er in anderen Dingen gelogen hat, aber Sie dürfen nicht vergessen, unter welchen Druck er während des Verhörs gesetzt wurde. Ich glaube, er hätte uns sogar zur Farbe seiner Augen belogen, so verwirrt und aufgebracht war er. Aus meiner Sicht war sein Verhalten am Tatort durchaus vereinbar mit seinem Persönlichkeitstyp.«
»Wie? Meinen Sie die Art, wie er alles versaut hat?«, fragte Clarke.
»Ich glaube, er hatte keine Ahnung, was er getan hat, Trevor. Er kommt nach unten und sieht, dass die Tür zur Erdgeschosswohnung offen steht. Er klopft, und als niemand antwortet, geht er hinein und bekommt den Schock seines Lebens. Eine Frau, die er respektiert und mag - manche mögen sagen, die er sogar liebt -, kniet gefesselt und geknebelt und völlig nackt für alle sichtbar am Boden. Er hört sie stöhnen -«
»Himmel noch mal, sie war tot«, protestierte Clarke.
»Könnten Gase gewesen sein, Trevor«, sagte Tartaglia. »Als
ich das zum ersten Mal bei einer Leiche in der Rechtsmedizin erlebt habe, bin ich vor Schreck fast umgekippt. Broadbent ist kein Fachmann. Er hätte nicht gewusst, was es ist.«
Clarke nickte grummelnd. »Na gut, Gase, Fantasie, was auch immer. Sprechen Sie weiter, Angela, ich werde nicht mehr unterbrechen.«
»Also schneidet Broadbent ihre Fesseln auf, trägt sie ins Schlafzimmer und bedeckt sie mit einem Laken. Er schreit und ruft um Hilfe, während er versucht, sie wiederzubeleben. Das klingt für mich völlig einleuchtend. Nach allem, was wir über ihn wissen, ist er eine in hohem Maß desorganisierte Persönlichkeit und hat einen unterdurchschnittlichen IQ. Er hat ein paar ziemlich seltsame Gewohnheiten, das räume ich ein, aber ich glaube nicht, dass er in der Lage ist, ein derart methodisches und kontrolliertes Verbrechen zu begehen, und das habe ich DCI Gifford damals auch gesagt.«
»Das wurde im Abschlussbericht nicht deutlich«, sagte Tartaglia.
Clarke machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wahrscheinlich, weil Alan Gifford ihn durchgesehen oder sogar selbst geschrieben hat.«
»Wissen Sie, wenn man Broadbent wie einen Zeugen behandelt hätte und nicht wie einen Verdächtigen, hätte er sich möglicherweise an etwas Nützliches erinnert«, sagte Harper überzeugt.
»Wollen Sie damit sagen, Gifford hat das von Ihnen erstellte Profil und Ihren Rat völlig außer Acht gelassen?«, fragte Tartaglia überrascht.
Harper zog die Augenbrauen hoch und lächelte, als wäre das nicht zum ersten Mal geschehen. »Das bleibt unter uns.«
Tartaglia wandte sich an Clarke. »Du hast Gifford gekannt, Trevor. Wie siehst du das?«
Clarke zuckte mit den Achseln. »Gegen Alan war nur schwer anzukommen. Er war ein guter Bulle, keine Frage, aber er konnte ziemlich verbohrt sein. Wenn er sich einmal eine Meinung gebildet hatte, blieb er dabei.«
»So ähnlich hat Simon Turner es zwischen den Zeilen auch beschrieben«, fügte Tartaglia hinzu. »Ich wünschte, er wäre offener gewesen.«
»Niemand möchte etwas Schlechtes über die Toten sagen«, erwiderte Clarke. »Und ganz bestimmt nicht über seinen früheren Chef, der alles in allem ein anständiger Kerl war. Ich bin sicher, das Team hat trotz Alans Engstirnigkeit gute Arbeit geleistet.«
»Wie ich schon sagte, ich habe Alan Gifford meine Sichtweise mitgeteilt, als Broadbent verhaftet wurde«, sagte Harper monoton, als wäre sie nicht Clarkes Meinung. »Ich habe jedes Verhör über eine Videoschaltung mit angesehen, und nichts hat meine Meinung geändert. Er passte nicht ins Profil, und dazu stehe ich bis heute.«
»Was hätte man Ihrer Meinung nach aus ihm herausbekommen
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