Wer Böses Tut
bestanden.«
»Er hat gekitzelt«, sagte Sally-Anne kichernd. »Er sieht doch viel jünger aus, findest du nicht?«
»Es ist eine Riesenverbesserung. Jetzt sieht er nicht mehr wie Tom Selleck aus.«
»Wie schön«, grummelte Clarke. »Was hältst du von dem Rollstuhl? Wunderbares Teil, oder?«
Tartaglia betrachtete ihn prüfend. ›Wunderbar‹ wäre nicht unbedingt das Wort seiner Wahl gewesen, doch wahrscheinlich erfüllte das Gerät seinen Zweck. »Sieht aus wie ein Bürostuhl auf einer Kiste mit Rädern.«
»Das ist das Design von heute.«
Er schüttelte den Kopf. » Design ? Jedenfalls ist er sicherer als ein Motorrad.«
Clarke grinste wieder. »Er ist fast genauso schnell und hat allen Komfort. Guck dir das an.« Er berührte den Joystick, und der Rollstuhl vollführte eine Reihe von ruckartigen Manövern. »Jetzt brauche ich nur noch ein Navi, dann bin ich wieder auf der Straße und komme bei euch vorbei, um mal richtig aufzuräumen.«
»Er benimmt sich wie ein Kind, das ein neues Spielzeug bekommen hat«, sagte Sally-Anne.
»Es hat mich einen Arm und ein Bein gekostet«, sagte Clarke und drehte eine Pirouette. »Dann kann ich ebenso gut auch meinen Spaß haben. Ich dachte mir, ich lasse ein bisschen was springen und kaufe das Beste. Sie glauben anscheinend, ich brauche ihn eine Weile.«
»Gib nicht so an, Trevor, und lass Mark vorbei. Du willst doch Dr. Harper nicht warten lassen, oder?«
»Entschuldigung, ich hab mich hinreißen lassen. Kommen wir zum Geschäftlichen.«
Er wirbelte herum und fuhr ihnen durch den Gang voraus über eine kleine Rampe in die Küche. Dr. Angela Harper saß am Küchentisch, einen großen Becher vor sich.
»Schön, Sie zu sehen«, sagte Tartaglia, als sie aufstand und ihm mit kühlem, festem Griff die Hand schüttelte.
»Nicht der Rede wert. Ich tue alles für unseren Trevor, und
ich bin natürlich sehr interessiert an allen Entwicklungen im Fall Watson.«
Ihre Stimme war angenehm und tief, mit einem leichten Einschlag aus dem Norden. Sie trug einen anthrazitfarbenen Hosenanzug und war größer, als er sie in Erinnerung hatte. Ihr vorzeitig ergrautes, silbriges Haar war zu einem ordentlichen Bob geschnitten, der ihr breites, ausgeprägtes Gesicht betonte, und sie war ungeschminkt bis auf eine Spur rotbraunen Lippenstift.
»Gib mir deine Sachen, Mark«, sagte Sally-Anne. »Du bist ja völlig durchnässt. Möchtest du Kaffee oder Tee?«
»Nichts, danke«, lehnte Tartaglia ab und reichte ihr die nasse Jacke und den Helm.
»Es ist gleich fünf«, sagte Clarke und rollte zum Tisch, wo er am Kopfende seinen Platz hatte. »Mark hätte bestimmt gerne etwas Stärkeres.«
»Nein, wirklich nicht, Trevor, danke. Ich muss nachher noch mal ins Büro.«
Tartaglia setzte sich Angela Harper gegenüber. Regen strömte hinter ihr am Fenster hinunter, doch durch die beschlagene Scheibe sah er nur wenig von dem rückwärtigen Garten mit dem neuen sauberen Pflaster und dem kleinen Rasenviereck. An der seitlichen Mauer lehnten zwei Kinderfahrräder neben einem großen, abgedeckten Grill, und er staunte, wie sehr sich das Leben für Clarke verändert hatte, seit Sally-Anne vor neun Monaten auf der Bildfläche erschienen war.
»Wenn du wirklich nichts willst, lasse ich euch jetzt allein«, sagte Sally-Anne und brachte Clarke ein großes Glas Eiswasser. »Ich habe oben noch eine Menge zu tun und werde darauf achten, dass die Jungen leise sind, solange ihr arbeitet.«
Während sie sprach, polterten kleine Schritte über ihnen durchs Haus. Die Jungen waren ihre beiden Söhne aus erster Ehe, die jetzt bei ihr und Clarke lebten.
»Ihr wird schlecht,wenn ich anfange, über die Arbeit zu reden«, sagte Clarke entschuldigend, als sie aus der Küche eilte. »Sie mag es überhaupt nicht, wenn man über den Tod spricht, geschweige denn über die blutigen Details.« Er breitete die Hände flach auf dem Tisch aus. »Wie auch immer, Mark, das ist deine Show. Ich werde versuchen, mich rauszuhalten. Ich habe Angela das Wesentliche vom Mord im Holland Park erzählt, aber du musst es noch einmal durchgehen, falls ich etwas vergessen habe.«
Tartaglia fasste zusammen, wie weit sie in dem Fall waren, und ergänzte seinen Bericht um die letzten Erkenntnisse über das Gedicht und die Papiere, die man in Catherine Watsons Wohnung gefunden hatte. Harper nahm die Informationen wortlos auf, ab und zu einen Schluck trinkend. Es war unmöglich, ihre Reaktion einzuschätzen. Als er geendet hatte, stellte sie
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