Wer Böses Tut
wie gesagt, es geht Sie wirklich nichts an.«
Er sprach wegwerfend, als wäre die Vergangenheit etwas Unwichtiges, doch seine Augen schwammen, und sein Gesicht war gerötet. Er mied ihren Blick.
»Es tut mir leid, Mr. Greville, aber ich muss mehr darüber wissen. Hat Rachel Tenison es beendet oder Sie?«
Er wühlte in seiner Hosentasche, zog ein großes, zusammengefaltetes, blau kariertes Stofftaschentuch heraus und putzte sich lautstark die Nase. »Sie war diejenige, die es beendet hat«, sagte er und stopfte das Taschentuch schniefend wieder in die Tasche.
»Waren Sie unglücklich darüber?«
Er schüttelte verwirrt den Kopf. »Es ergab keinen Sinn. Da war kein anderer, verstehen Sie: niemand anders.«
»Sind Sie sicher?« Sie fragte sich, ob Greville naiv war.
»Ja«, erwiderte er mit brüskiertem Blick. »Es gab keinen Grund. Ich habe ihr gegeben, was sie wollte. Bei mir war sie sicher.«
Eine seltsame Bemerkung. Donovan verlor einen Augenblick lang den Faden. »Was meinen Sie mit ›sicher‹? Sicher wovor?«
Greville seufzte tief und ließ den Blick in die Ferne schweifen. »Ich meinte, manche Menschen lieben die Gefahr, die Versuchung, und Schwierigkeiten reizen sie. Ich war ein sicherer Hafen für Rachel, für ihre Bedürfnisse.«
»Wollen Sie damit sagen, Miss Tenison liebte die Gefahr?«
»Ich will sagen, man musste auf sie aufpassen. Sie war zerbrechlich. Eine zarte Gestalt. Wie eine wertvolle, wunderschöne Blume. Ich habe auf sie aufgepasst.« Ein kurzes liebevolles Lächeln erhellte die Trauer seiner blassen, erschöpften Züge.
»Wie eine Vaterfigur?«
Greville zog die Augenbrauen zusammen, anscheinend gefiel ihm das Wort nicht. »Vermutlich könnte ich Ihnen diesen ganzen küchenpsychologischen Mist über ihren Hintergrund erzählen,
aber das ist eigentlich nicht wichtig, oder? Mein geliebtes, wunderbares Mädchen ist tot.«
Beinahe herausfordernd schaute er Donovan die ganze Zeit in die Augen, während er hinter sich griff und herumfingerte, bis er am Schrank Halt gefunden hatte. Er zerrte ihn auf und holte eine Flasche Famous Grouse heraus. Sie war noch zu einem Drittel voll, und er schenkte sich gut zwei Fingerbreit ein.
»Wusste Ihre Frau von der Beziehung?«
»Nein, wusste sie nicht«, sagte er fest, schraubte mühselig, wie mit steifen Fingern, den Deckel wieder auf die Flasche und stellte sie vor sich auf den Schreibtisch. »Und ich will, dass das so bleibt, haben Sie gehört?« Er sank in den Stuhl zurück und trank einen Schluck Whisky.
»Wenn Sie uns die Wahrheit gesagt haben, Mr. Greville, und wenn Ihre Frau das auch tut und wenn Ihr Alibi bestätigt ist, gibt es keinen Grund, warum sie etwas über Ihre Beziehung zu Rachel Tenison erfahren sollte.«
Ein Ausdruck der Erleichterung glitt über sein Gesicht, und er schnalzte mit den Lippen. »Gut. Wie ich schon sagte, das war alles vorbei. Warum sie jetzt noch aufregen.«
»Es wäre hilfreich, wenn Sie uns eine Speichelprobe und Fingerabdrücke geben könnten, um Sie von allem, was in Miss Tenisons Wohnung gefunden wurde, ausschließen zu können.«
»Kein Problem.« Er wedelte unbestimmt mit der Hand.
»Und wir müssen überprüfen, wo Sie am Freitag waren.«
»Tun Sie sich keinen Zwang an. Ich habe nichts zu verbergen. Sprechen Sie mit British Airways. Dort wird man Ihnen bestätigen, dass ich am Freitagmorgen auf dem ersten Flug nach Genf war, und zwar noch vor Sonnenaufgang.«
»Vielen Dank. Das werden wir.« Donovan hatte das Gefühl, im Augenblick nicht mehr aus Greville herauszubekommen, und erhob sich. Sie zog eine Visitenkarte aus ihrer Tasche und schob
sie über den Schreibtisch. »Wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt, ganz gleich, wie belanglos, rufen Sie uns bitte an.«
Er nickte. »Selbstverständlich. Schließen Sie sich mit Selina wegen der Akten und Rachels Kalender kurz, ja? Sie können alles haben, was Sie brauchen, aber sprechen Sie bitte mit ihr. Sie kümmert sich um diesen Kram.«
Donovan verließ das Büro, wobei sie die Tür nicht ganz hinter sich zuzog. Als sie sich anschickte, die Treppe hinaufzugehen, erhaschte sie durch den Türspalt einen Blick auf Grevilles schmales, blasses Gesicht. Einen Moment lang starrte er gedankenverloren auf den Schreibtisch vor sich, dann senkte er den Kopf und verbarg das Gesicht in den Händen. Seine Schultern begannen zu beben, es sah aus, als weinte er, obwohl nichts zu hören war. Ihrer Ansicht nach hatte er die Wahrheit gesagt, und sie hatte Mitleid mit
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