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Wer braucht denn schon Liebe

Wer braucht denn schon Liebe

Titel: Wer braucht denn schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marte Cormann
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dosierten, um Verzeihung heischenden Blick aus türkisfarbenen, in Tränen schwimmenden Augen, der vor allem auf die Herzen der anwesenden Herren abzielte. Und weil es bereits bei Lorenzo so gut gewirkt hatte, fügte sie auch noch die zitternde Unterlippe hinzu.
    Der Mann mit dem Messer, il patrone, wie die anderen ihn nannten, musterte sie finster. Dann wechselte er ein paar rasche temperamentvolle Worte mit seiner Frau. So wie Karen die Situation interpretierte, beabsichtigte der Mann, den Streit auf sich beruhen zu lassen. Doch seine Frau wehrte sich erbittert dagegen. Sie verlangte Gerechtigkeit.
    »Voglio polizia«, beharrte Karen stur.
    Ihre Rechnung war simpel. Wenn sie vorübergehend im Gefängnis landete, würde sie mit Hilfe der deutschen Botschaft, nach der sie selbstverständlich verlangen würde, zu neuen Ausweisdokumenten und vielleicht sogar Geld gelangen. Und sobald Karen beides in Händen hielt, würde sie mit Freuden und auf dem schnellsten Weg dieses wunderbare, aber leider für sie mit Hindernissen gespickte Land in Richtung Heimat verlassen.
    Fünfundvierzig Minuten später fand Karen sich auf der Rückbank eines Polizeitransporters wieder, die rechte Hand mit Handschellen an eine Metallstange gefesselt. Ein Carabiniere, Anfang dreißig, in korrekt gebügelten Hosen und blütenreinem Hemd, dem man die Karriereambitionen schon von weitem ansah, kniete vor ihr, besah sich eingehend die bei der Prügelei erlittenen Verletzungen, besonders die Kratzwunde auf ihrem Dekolleté, und redete wie ein Wasserfall auf sie ein. Erwartungsgemäß verstand Karen wieder einmal kein Wort.
    Der Beamte zog schließlich resigniert seinen älteren Kollegen zu Rate, der sich gerade vom Patrone die Reste des Hochzeitsmahls einpacken ließ. Karen schloss die Augen und lehnte sich erschöpft zurück.
    Parlare, parlare, parlare. Immer bloß parlare.
    Sie fühlte, wie sie zu zittern begann. Ob vor Kälte oder weil ihr die Nerven versagten – sie wusste es nicht. Sie fühlte sich ausgelaugt, erschöpft und mittlerweile so hungrig, dass ihr übel war. Und auch die Prügelei zeigte ihre Nachwirkungen. Ihre Knochen schmerzten, und ihr Kopf dröhnte. Sie war allein in einem fremden Land.
    Und ihr war verdammt nach Heulen zumute.
    Heul doch!
    Nein, ich weine nie.
    Nie?
    Nie! Selbst damals habe ich nicht geweint.
    Als dir klar wurde, dass deine Mutter nicht zurückkehren würde?
    Mmmh.
    Eine einzelne, einsame Träne schaffte dennoch den Weg aus Karens Augenwinkel und blieb an ihren Wimpern hängen. Hastig wischte sie sie mit dem Handrücken fort, als sie hörte, wie sich jemand vorne auf den Fahrersitz warf, den Zündschlüssel umdrehte, schaltete und Gas gab.
    Karen durchflutete eine Welle der Erleichterung. Nicht mehr lange, und alles war überstanden. Wenn sie nicht die Nerven verlor, sondern der Polizei ganz sachlich und nüchtern berichtete, was ihr zugestoßen war, dann war sie mit Sicherheit bald wieder ein freier Mensch und auf dem Weg zurück nach Hause. Zu Oma Käthes extra kross gebackenen Bratkartoffeln mit Spiegelei und Senfgurke. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen.
    Flüchtig streifte Karen der Gedanke, dass sie eigentlich geplant hatte, in Pompei nach ihrer verschollenen Mutter zu suchen. Sie schob ihn schnell wieder beiseite. Das Schicksal machte ihr einen Strich durch die Rechnung, es sollte nicht sein. Der wehmütige Schmerz in ihrer Brust würde vergehen.
    »Aua!«
    Der Carabiniere am Steuer legte einen furiosen Start hin. So furios, dass Karen von der harten Holzbank rutschte und dank der Handschelle nun mit dem ganzen Gewicht ihres Körpers an ihrem rechten Handgelenk baumelte. Eine besonders delikate Form der Folter, wenn sie an ihre sonstigen körperlichen Blessuren dachte.
    Erst danach bemerkte Karen, dass die beiden hinteren Klapptüren immer noch weit offen standen und nun im Fahrtwind hin und her pendelten. Sie verrenkte sich den Hals, um die Lage besser überblicken zu können, und staunte nicht schlecht, als sie die beiden Carabinieri entdeckte, die aufgeregt hinter dem eigenen Einsatzwagen herliefen. Begleitet von der halben Hochzeitsgesellschaft und einer Braut, die sich nach ein paar hundert Metern verzweifelt auf die staubige Straße fallen ließ. An diesen Hochzeitstag würde sie sich bis ans Ende ihres Lebens erinnern.
    Wenn aber die beiden Polizisten sich hinter dem Wagen befinden, wer befindet sich dann darin?
    Welcher Irre legte sich freiwillig mit dem kompletten Polizeiapparat an? Doch nur

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