Wer braucht denn schon Liebe
zu glauben, sich ausgerechnet diese Frau mit einem 3-Gänge-Menü zurückkaufen zu können! Arrivederci, Kevin. Dein Angebot ist mir definitiv zu leichtgewichtig.«
Na also, niemand nahm Karen Rohnert ungestraft die Butter vom Brot. Wer sie betrog, musste mit Rache in ihrer schärfsten Form rechnen. Gnadenlos und uneingeschränkt.
Künftig würde Kevin es sich dreimal überlegen, welchen Abschiedsgruß er seiner Verflossenen mit auf den Weg gab.
Doch mit jedem Schritt verlangsamte sich ihr Tempo.
O Mist, ein schlechtes Gewissen konnte sie jetzt wirklich nicht gebrauchen.
Als sie die Tür zur Straße hin öffnete, bestätigte sie sich selbst noch mal, dass sie die Handtuchfesseln nur locker gebunden hatte. Es würde Kevin kaum Mühe kosten, sich davon zu befreien – sofern er mit der unvernünftigen Zappelei aufhörte.
Das Schlimmste, was ihm passieren konnte, war ein Schnupfen, beruhigte sie ihr Gewissen. Und den hatte er sich wirklich verdient.
Hoffentlich erstickt er nicht an dem Pflaster.
Karen saß bereits hinter dem Steuer ihres Wagens, als sie sich an Kevins Haus- und Wohnungsschlüssel erinnerte, die immer noch an ihrem Schlüsselbund baumelten.
Zwei Minuten später stand sie erneut bei ihm oben in der Wohnung. Ihr aufgeregter Herzschlag beruhigte sich jedoch sofort, als ihr aus Kevins Badezimmer heiße Dampfschwaden entgegenschlugen.
Na also, alles war in schönster Ordnung. Sie hatte sich völlig umsonst Sorgen gemacht.
Trotzdem schlich Karen sich auf Zehenspitzen hinüber zu seinem Bett. Es war leer. Die Handtücher, die als Fesseln gedient hatten, lagen verstreut auf dem Boden herum, und es würde einige Tage dauern, bis Kevin seine durchgeweichte Matratze wieder benutzen konnte.
Doch Kevin würde weder ersticken noch erfrieren. Und dank der heißen Dusche vermutlich sogar ohne Erkältung davonkommen.
Der Mann besaß eindeutig mehr Glück als Verstand.
Fast ein wenig enttäuscht nestelte Karen gerade Kevins Schlüssel von ihrem Bund, um sie in der Wohnung zu lassen, als sie hinter sich ein Geräusch hörte und herumfuhr.
»Touché!«, schrie Kevin mit deutlichem Triumph in der Stimme. Der Brausekopf in seiner Hand zielte genau auf Karens Kopf. Ihr blieb die Luft weg, als der lauwarme Wasserstrahl sie traf.
»Sei froh, dass ich Spaß verstehe«, rief Kevin ihr hinterher, als sie sich wegen der verschmierten Wimperntusche, die ihr in den Augen brannte, halb blind aus der Wohnung tastete.
Diesmal knallte sie die Tür hinter sich zu.
Frierend, aus den Haaren tropfend und in Schuhen, die bei jedem Schritt vor Nässe hässliche Quatschgeräusche machten, schlitterte sie die Treppen ins Erdgeschoss hinunter.
Du närrische alte Eselin. Du rührselige Tussie.
Früher wäre dir das nicht passiert.
Mitleid mit Kevin! Ausgerechnet.
Selbst Lorenzo hatte ihr geraten, sich an ihm zu rächen. Wie lautete doch gleich noch sein famoser Vorschlag? Anziehung und Abstoßung?
Super. Hatte fabelhaft funktioniert.
Erst zog sie Kevin an, dann stieß sie ihn ab, und am Ende brauste er sie ab! Super. Echt super.
Trotz des relativ milden Sommerabends schlugen ihr vor Kälte die Zähne aufeinander. Sie schaffte es kaum, den Wagen aufzuschließen, geschweige denn, den Zündschlüssel ins Schloss zu stecken. Bevor sie startete, drehte sie erst einmal den Regler der Heizung ganz nach oben. Da ihr die Wimperntusche immer noch in den Augen brannte, wischte sie sie mit einem Papiertaschentuch sorgfältig fort.
Und während der ganzen Zeit bemühte sie sich krampfhaft, Kevins Hohngelächter, das durch sein geöffnetes Fenster zu ihr hinaus nach unten auf die Straße drang, zu überhören.
Von wegen sadistische Ader. Masochistisch traf es wohl eher.
»Karen Rohnert, was ist bloß mit dir los?!«, schimpfte sie laut, als sie aus der Parkbucht brauste und dabei den ersten Wagen, der seit zehn Minuten vorbeikam, gefährlich schnitt.
»Das möchte ich Sie auch gerne fragen«, ertönte es vom Rücksitz.
Karen zuckte vor Schreck zusammen, verriss das Steuer, kam nach rechts mit dem Wagen von der Straße ab, schoss diagonal über den Fahrradweg hinweg, der zu dieser späten Stunde zum Glück einsam und verlassen dalag, und landete Sekunden später rumpelnd in einem frisch umgepflügten Acker, der nach Jauche stank.
Schöne Scheiße!
Zwölf
»Sie wollen mich wohl veräppeln?«
Antonio, ihre mitternächtliche Erscheinung vom Rücksitz, machte tatsächliche Anstalten, sie aus dem Auto zu heben. Mit einer unwirschen
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