Wer braucht denn schon Liebe
werden.«
Nun nickte der Kopf doch noch hoch. »Und die Bratkartoffeln?! Die magst du doch so gern!«
»Diesmal musst du sie wohl alleine essen. Tschüss.« Karen zog schnell den Kopf aus der Tür, bevor ihre Großmutter sie in ein weiteres Streitgespräch verwickeln konnte.
»Sag mir wenigstens, mit wem du dich triffst.«
Nur für den Fall, dass ich dich bei der Polizei als vermisst melden muss, vollendete Karen den Satz in Gedanken. Die Dialoge mit ihrer Großmutter waren ihr im Laufe der Jahre in Fleisch und Blut übergegangen.
Ohne zu antworten, verließ sie die Wohnung.
Um sich eine weitere Stunde später zu wünschen, Kevins Einladung nie angenommen zu haben.
»Ich meine es ernst, Karen. Es ist wirklich an der Zeit, dass wir Nägel mit Köpfen machen.«
Karen hörte auf, den Stiel ihres Weinglases in den Händen zu drehen, und blinzelte Kevin stattdessen verwirrt an. Er hatte sich kaum verändert, seitdem sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Nur seine Nase leuchtete rot, weil er dort wohl ein wenig zu viel Sonne abbekommen hatte.
»Aber deine Italienerin? Du weißt schon: heiraten und Kinderkriegen und große Leidenschaft?«
»Du hörst einfach nicht zu«, stellte Kevin leicht genervt richtig. »Dort in Italien, das war wie ein Rausch. Ein grandioser, wunderbarer 72-Stunden-Rausch, der mir die Augen für das Leben geöffnet hat, das ich mir wirklich wünsche.«
»Und das wäre?«, erkundigte Karen sich auch auf die Gefahr hin, begriffsstutzig zu wirken. Der Kellner, der in diesem Moment die Kerbelcremesuppe servierte, bewahrte sie vor einer größeren Unmutsattacke.
Verärgert tunkte Kevin seinen Löffel in die Suppe, füllte ihn und führte ihn zum Mund.
»Au! Ist die aber heiß!« Klirrend fiel der Löffel neben den Teller.
»Tja. Die Zeit der lauwarmen Mittelmeertemperaturen liegt hinter dir. Hier gilt wieder alles oder nichts. Heiß oder kalt«, bemerkte Karen trocken.
»Du bist alles, was ich mir wünsche, Karen«, stieß Kevin hervor, und falls das eine Liebeserklärung sein sollte, so hörte sie sich in ihren Ohren merkwürdig grimmig an. »Wir beide, du und ich, wir gehören einfach zusammen. Wir führen die ideale Beziehung. Wenigstens haben wir sie geführt, meine ich. Du siehst gut aus, du bist smart, du bist geschäftstüchtig …«
» … und ich will dich nicht heiraten?«, ergänzte Karen, die langsam ahnte, woher der Wind wehte.
Erleichtert stieß Kevin die Luft aus. »Das kommt noch außerdem hinzu. Stell dir vor, sie hat mich ihrer engsten Familie vorgestellt. Zwölf Personen. Und alle leben unter einem Dach!«
»Aber mich hast du verlassen«, erinnerte Karen ihn, wobei sie jedes Wort genussvoll dehnte.
Seine Nasenflügel bebten kaum merklich. »Wusste gar nicht, dass du so nachtragend bist.«
Du hast mich einen Eisschrank genannt.
»Ich möchte nur sichergehen, dass du dieses Mal auch genau weißt, was du tust. Schließlich hast du mir gerade so eine Art Antrag gemacht.« Mit bissigem Vergnügen registrierte sie, wie sein Kopf erschrocken hochfuhr. »Reg dich nicht auf, ich will dich nicht heiraten.«
»Ja, genau! Das ist meine Karen! No love, no trouble«, bestätigte er erleichtert.
No love, no trouble. Wie einfach er es sich macht.
In Karen begann es plötzlich zu brodeln wie in einer Champagnerflasche, kurz bevor der Korken knallt. Hastig wühlte sie die Sonnenbrille mit den dunklen Gläsern aus ihrer Umhängetasche, um sich dahinter zu verschanzen.
»Eine Kerzenlichtallergie«, log sie, als Kevin sie erstaunt musterte. »Kam wie angeflogen.« Ihre Halsmuskeln verkrampften sich bei dem Versuch, die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten.
Verflucht, sie hatte früher nie geheult.
»Du weinst doch nicht etwa?«, drang Kevins misstrauische Stimme an ihr Ohr. Sie schüttelte stumm den Kopf.
Nein, sie weinte nicht. Sie lief bloß gerade völlig neben der Spur. Und Kevin, der Schafskopf, der mit seinem Unverstand dieses Debakel in ihr ausgelöst hatte, begriff mal wieder gar nichts. Weil er wie immer viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt war.
»Lass uns gehen«, bat sie, gerade als er ihr zuliebe das Kerzenlicht ausblies.
»Ausgeschlossen. Ich habe dir zu Ehren das komplette Seeteufel-Menü bestellt. Du hast noch nicht einmal deine Suppe ausgelöffelt«, protestierte Kevin. Er hasste Fehlinvestitionen. Er wirkte irritiert, als Karen ihm die Hand auf den Arm legte und ihm mit einem sehr tiefen, sehr sinnlichen Blick versprach: »Du bist heute mein Menü.«
Du
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