Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
geliebt.«
»Und er ist mit meiner Schwester durchgebrannt. Aber Vergangenheit ist nun mal Vergangenheit.«
»Und redest du jemals mit ihr? Mit Melina, meine ich?« Ich hatte mich nicht bewusst dafür entschieden, ihren Vornamen zu benutzen, sondern er war mir einfach herausgerutscht. Doch in dem Augenblick, als ich es tat, geschah etwas in meinem Innern. Ich löste mich von meinem Schmerz. Und die Wohltat war beinahe mit Händen greifbar. Genau wie in jenem Moment, wenn man vom Zehn-Meter-Brett springt und spürt, wie die Angst in Hochgefühl umschlägt. Mir war klar, dass dieses Gefühl nicht ewig anhalten würde, dass es immer noch vieles gab, was ich aufarbeiten musste. Aber zumindest für den Augenblick war es unendlich befreiend.
»Nicht oft«, antwortete Althea. »Wir haben uns nicht allzu viel zu sagen. Mutter hält mich auf dem Laufenden, und das genügt.«
»Aber du musst sie doch hassen.«
»So einfach ist das nicht. Sie ist meine Schwester. Und ich habe sie schon vor langer Zeit als den Menschen akzeptiert, der sie ist.«
»Und was ist mit Philip? Hast du mit ihm geredet?«
»Seit er wieder in New York ist? Nein. Obwohl ich es vielleicht hätte tun sollen. Das hätte es für dich möglicherweise einfacher gemacht. Aber du regelst deine Angelegenheiten lieber selbst, und es schien, als hättest du alles unter Kontrolle.«
»Das ist ein Trugschluss«, erwiderte ich lachend und staunte, wie gut es sich anfühlte, mit Althea zu reden. Vielleicht war es ja gar nicht meine Tante, die hier vor mir saß. Vielleicht war diese neue, sanftmütigere Frau ja ein Klon oder etwas ähnlich Gruseliges. Oder vielleicht sah ich die Dinge auch nur zum ersten Mal, wie sie waren.
»Als wir das letzte Mal geredet haben, schien doch alles gut zu laufen«, sagte Althea. »Ist etwas passiert?«
»Er hat mir eine Absage erteilt. Wegen dir, sagt seine PR -Beraterin. Ich dachte, sie spielt auf das Tamtam wegen der Wette und Vanessas und Marks Verlobung an. Aber natürlich war in Wahrheit die Geschichte von dir und Melina gemeint.«
»Ausgeschlossen.« Altheas Züge verhärteten sich. »Ich werde nicht zulassen, dass etwas, was vor einer halben Ewigkeit geschehen ist, dein Leben negativ beeinflusst.«
»Ich bin nicht sicher, ob du etwas dagegen unternehmen kannst. Und selbst wenn, weiß ich nicht, ob ich es möchte. Ich meine, dieser Mann ist Abschaum. Und nach allem, was er dir angetan hat, habe ich sowieso kein Interesse mehr, mit ihm zusammenzuarbeiten.«
»All das ist vor so langer Zeit passiert«, sagte sie sanft. »Es war demütigend und schmerzlich. Aber ich hatte es längst vergessen und begraben. Die eigentliche Wahrheit ist, dass Philip DuBois der Verlierer in dieser Sache war. Nicht ich. Ich habe dich bekommen. Er hingegen Melina.«
Das war vielleicht das Schönste, was mir je ein Mensch gesagt hatte. »Ich weiß das zu schätzen, aber unabhängig davon, wer besser dabei weggekommen ist, gefällt mir die Vorstellung, mit ihm zusammenzuarbeiten, nicht mehr.«
»Was ist mit dem Hauptabendprogramm?«, fragte sie und brachte es wieder einmal auf den Punkt.
»Ich werde einen anderen Weg finden müssen. Wenn nicht jetzt gleich, dann eben später. Unsere Sendung läuft gut. Und wir brauchen keinen Philip DuBois, um das zu beweisen. Wir werden es auch ohne ihn schaffen. Aus eigener Kraft.«
»Ich liebe dich dafür, dass du das sagst«, erwiderte Althea, »aber es ist nicht nötig, dass du dir ins eigene Fleisch schneidest, nur um mein Gesicht zu retten. Oder so in der Art.«
»Das ist nicht ganz die richtige Metapher, aber ich verstehe, worauf du hinauswillst.« Allmählich gefiel mir die Vorstellung von Andi und Althea gegen den Rest der Welt .
»Also lässt du mich mit ihm reden?«
»Ich weiß nicht recht.«
»Ich kann ihn dazu bringen, seine Meinung zu ändern«, sagte sie. »Ich meine, im schlimmsten Fall drohe ich ihm einfach, seine schmutzige Wäsche in aller Öffentlichkeit zu waschen.«
»Das ist wohl nicht dein Ernst.«
»Na ja, ich will keinen Rachefeldzug führen. Aber ich werde nicht zulassen, dass das, was zwischen Philip, Melina und mir war, sich noch weiter negativ auf dich auswirkt. Ich will, dass deine Sendung ein Erfolg wird. Und wenn ein Interview mit Philip DuBois dafür nötig ist, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, damit es klappt.« Da war sie wieder, die Althea, die ich kannte und liebte. Die Königin der Manipulation. Nur dass sie diesmal auf meiner Seite stand; besser
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