Wer braucht schon Liebe
zubereitet … Er bittet um einen Becher Kaffee. Schwarz. Sie kündigt bestimmt bald.
» Wie läuft’s bei dir?«, fragt er mich.
» Wie immer.«
Er lächelt unsicher. » Gut.«
Am liebsten hätte ich gesagt, nein, überhaupt nicht gut. Aber ich sage es nicht.
» Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass ich morgen nach New York fliege.«
Ich kann es nicht glauben. » Wann kommst du wieder?«
» Vielleicht nächsten Freitag.«
» Nein. Das kannst du nicht machen! Am Sonntag ist Mums Geburtstag!« In diesem Haus sind Geburtstage eine richtig große Sache. Das ist der erste Geburtstag, seit Mum nicht mehr da ist.
Er verzieht das Gesicht. » Wir haben einen Termin mit dem Typen, der das Cover für das Album designt. Es ist fast unmöglich, an ihn ranzukommen. Er hat nur da Zeit. Ich muss dahin.«
Nein, du musst nicht, denke ich, du willst. Aber die Eisprinzessin ist wieder da. » Natürlich musst du hin.« Ich stehe auf, packe meine Tasche und schwinge sie über die Schulter. Homer, der zu meinen Füßen liegt, steht ebenfalls auf und streckt sich. Er trottet neben mir her in die Eingangshalle.
Der Rockstar folgt mir. » Alex, warte, vielleicht könnte ich ein paar Anrufe machen …«
» Bloß keine Umstände.« Macht er sich ja sowieso nicht. Ich komme an die Eingangstür, wo ich normalerweise in die Hocke gehe, um mich von Homer zu verabschieden. Aber heute gehe ich weiter.
» Warte doch. Ich sage ab. Ich bin mir sicher, ich kann …«
Ich bleibe stehen. Fahre herum. » Geschenkt«, sage ich. » Wenn ich es mir recht überlege, ist es besser, wenn du nicht da bist.« Mums Leben hat sich um ihn gedreht, hat sich an ihn angepasst. Und er schafft es noch nicht mal, hier zu sein, um sich an sie zu erinnern. Er schafft es noch nicht mal, für mich da zu sein. Der Sonntag wird hart. Er könnte wenigstens so tun, als würde es ihm etwas bedeuten.
Mike lässt mich in der Nähe der DART raus. Aber ich steige nicht ein. Ich warte, bis ich annehme, dass er weg ist, dann verlasse ich den Bahnhof. Während ich gehe, breitet sich die Leere in mir aus. Ich habe nicht nur ein Elternteil verloren, ich habe beide Eltern verloren. Ich laufe schnell, ohne darauf zu achten, wohin. Ich laufe stundenlang. Im Regen.
Ich hatte nicht vor, zur Schule zu gehen. Aber irgendwie lande ich dort.
Ich melde mich mit Verspätung im Sekretariat. Gehe ins Klassenzimmer. Vorne steht eine Schriftstellerin, die von ihrem neuesten Buch erzählt. Sie hat die ungeteilte Aufmerksamkeit der Klasse, inklusive unseres Englischlehrers, der mir nur einen kurzen Blick zuwirft, als ich hereinkomme. Ich setze mich nach hinten und versuche zuzuhören. Aber in meinem Kopf schwirrt alles, was ich dem Rockstar gern sagen würde, aber nie sage. Dann verschwimmt alles vor meinen Augen. Ich stütze mein Kinn auf die Hände und lasse meine Haare ins Gesicht fallen. So kann niemand sehen, dass ich weine.
In der Pause fängt Sarah von der Party an. Schon wieder. Durch die St.-Tropez-Bräune sehen ihre Zähne weißer aus. Morgen geht sie zum Friseur. Ich schlinge die Arme fest um mich. Ich ertappe Rachel dabei, wie sie mich ansieht. Aber sie sagt nichts. Ich denke wieder an gestern bei ihr zu Hause und es tut mir leid. Aber ich werde mich nicht ändern. Ich kann nicht.
» Alex!«, sagt Sarah.
Ich wache auf.
» Was ist mit deinem Outfit?«
Ich sehe auf meine Uniform hinunter.
» Morgen Abend«, fügt sie hinzu.
» Ach so, ja.« Kurzes Schweigen. » Ich weiß nicht.« Wieder Schweigen. » Wo wir gerade davon reden, Sarah. Ich bin mir nicht sicher, ob ich kommen kann.«
Sie reißt die Augen auf. » Du musst kommen. Ich brauche dich.«
» Ich glaube, ich habe mir was eingefangen.« Eine Depression zum Beispiel.
» Bitte komm. Du kannst den ganzen Sonntag im Bett bleiben.«
Keine Sorge, denke ich.
» Verdammt noch mal, Sarah«, sagt Rachel. » Lass sie in Ruhe. Es wird noch mehr Partys geben.«
» Aber nicht so eine«, schmollt Sarah. » Wie oft kommt es schon vor, dass meine Eltern weg sind? Jetzt mal im Ernst, es kann Jahre dauern, bis ich so was wieder machen kann.«
» Mal sehen, okay? Ich versuch’s.«
Schließlich gehe ich doch hin. Alles ist besser, als zu Hause rumzuhängen, wenn er da ist und für die Reise packt. Zur Hölle mit ihm, ich gehe auf die Party. Und ich werde verdammt viel Spaß haben. Egal, was passiert, ich werde keinen Gedanken an ihn verschwenden.
» Geht es dir gut?«, fragt Mike, als ich ins Auto steige.
» Ja, es geht mir
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