Wer braucht schon Liebe
Ich will ihm gerade sagen, dass er weitermachen soll, als ich feststelle, dass er Sarah fragend ansieht. Ich bin mir nicht sicher, ob er mich überhaupt bemerkt hat.
» Mach weiter«, ruft Sarah. Dann lehnt sie sich wie in Zeitlupe zurück und sieht mich mit einem absolut selbstgefälligen Blick an, so als hätte sie eine Art Sieg errungen, weil er sie gefragt hat und nicht mich.
Ich gehe. Setze mich an ein Spiel in der Nähe. » Jurassic Park 2 – Vergessene Welt.« Und obwohl ich gerade überhaupt keine Lust habe, mich von Dinosauriern jagen zu lassen, werfe ich die Münzen ein und fange an zu spielen. Ich halte nicht lange durch. Also fange ich wieder von vorn an. Nach ein paar Minuten stellt sich jemand neben meinen Automaten. Ich erkenne Davids Jeans. Spiele aber weiter. Er bückt sich, um mir zuzusehen, bis Game Over auf dem Bildschirm erscheint.
» Hey«, sagt er dann.
» Hey.« Meine Stimme klingt unbeteiligt.
» Rutsch rüber.« Er setzt sich neben mich. » Wie hast du abgeschnitten?«
» Nach zwei Sekunden verloren.«
» Es ist ein schwieriges Spiel.«
Es ist gemütlich hier drin, nur wir zwei im Dunkeln, weg von allen anderen.
» Sieh mal einer an. Urplötzlich bist du auf der Beliebtheitsskala ganz nach oben geklettert«, sage ich und drehe mich zu ihm hin.
Er zuckt mit den Schultern. » Frag mich nicht, warum.«
» Könnte an der ganzen Aufmerksamkeit liegen, die du ihr zuteilwerden lässt.« Ich höre, wie zickig meine Stimme klingt.
Er muss es auch gehört haben, denn sein Gesicht wird ganz ernst und er sieht mich lange an. » Sarah ist deine Freundin. Ich habe versucht, sie einzubeziehen. Für dich.«
Und auf einmal ist mir das auch klar. Aber es ist mir zu peinlich, es zuzugeben.
» Willst du eine Runde spielen?«, frage ich stattdessen.
» Klar.«
Danach bleiben wir zusammen, nur wir zwei, werfen Basketballkörbe, spielen Air-Hockey und rasen mit unseren Motorrädern auf einen sich ständig verändernden Horizont zu. Wir lachen. Berühren uns. Wir sind wieder wir selbst. Und ich kann nicht fassen, dass ich an ihm gezweifelt habe.
Die DART ist so gut wie leer. David und ich steigen zuerst ein. Wir setzen uns nebeneinander, gegenüber von zwei leeren Plätzen. Auf der anderen Seite des Gangs sind noch mal vier Plätze frei. Ich bin nicht wirklich begeistert, als Sarah sich David gegenüber hinsetzt und Mark und Rachel so dazu zwingt, die Sitze auf der anderen Seite des Gangs zu nehmen. Als der Zug losfährt, lächelt sie David an.
» Ich mag es, wie du mit deinem Schießprügel umgehst.« Oh, mein Gott. Das ist total zweideutig.
David lacht verlegen. » Du meinst die rosa Pistole?«
» Ja, aber rosa passt super zu dir.«
Ich verdrehe die Augen. Obwohl ich ihr eigentlich am liebsten eine runterhauen möchte. Was hat sie vor?
Langsam schlägt sie die Beine übereinander. Ihr Kleid ist so kurz, dass es total provozierend aussieht. David schaut aus dem Fenster. Und ich denke: Was für eine Freundin tut so etwas, vor allem wenn man sich solche Mühe gegeben hat, sie mit einzubeziehen? Ich sitze da und starre sie böse an, aber sie bemerkt es nicht. Weil sie während der ganzen Fahrt in der DART nicht ein einziges Mal zu mir schaut.
Ich bin froh, dass die nächste Haltestelle meine ist. Ich stehe auf und verabschiede mich von Rachel und Mark. Ignoriere Sarah. Was kein Problem ist, wenn man bedenkt, dass sie mich auch ignoriert. David begleitet mich zur Tür.
» Ich komme mit dir«, sagt er.
» Nein. Sonst kommst du zu spät.« Sein Vater geht heute mit ihnen essen.
» Das macht meinem Dad nichts aus.«
Ich lächele. » Natürlich macht es ihm was aus. Ich komm schon klar. Ich ruf dich später an. Okay?«
» Ich könnte aussteigen und so tun, als würde ich dich nach Hause bringen, und dann in eine andere Bahn einsteigen.«
Ich lache. » So furchteinflößend ist sie nun auch wieder nicht.«
» Glaub mir, das ist sie.«
» Setz dich einfach zu Rachel und Mark, wenn du zurückgehst.«
» Keine Sorge. Das hatte ich sowieso vor.«
Natürlich wird Sarah sich zu ihnen setzen. Aber wenigstens ist er nicht allein mit ihr.
Die Tür öffnet sich. Wir küssen uns schnell noch einmal und ich steige aus. » Viel Spaß heute Abend«, rufe ich.
Einen Moment lang sieht es so aus, als würde er mir folgen. Und das fände ich wahnsinnig toll. Aber er hebt eine Hand, und die Türen schließen sich vor ihm. Ich stehe auf dem Bahnsteig und sehe der DART hinterher, wie sie Richtung Stadt
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