Wer braucht schon Liebe
meint. Ich habe keinen Bobby, aber ich habe einen Homer, der mich nach Mums Tod weiterhin gebraucht hat. Der Impfungen braucht und Flohbehandlungen und Wurmkuren und Bürsten und Gassigehen und Futter und Training. Und Liebe. Mum wusste, was sie tat, als sie mir einen Welpen gekauft hat. Für jeden anderen ist es vielleicht nur ein Hund, aber für mich ist es Familie.
David fährt vor meinem Haus vor. » Hey. Danke, dass du mitgekommen bist. Es war toll, dass du da warst.«
Ich küsse ihn. » Du bist großartig.« Dann springe ich aus dem Auto.
Drinnen ist die Tür zum Arbeitszimmer des Rockstars geschlossen. Im Haus ist es totenstill. Einen Augenblick lang kriege ich Panik, dass er weg sein könnte, einfach auf und davon. Das passiert mir manchmal, obwohl es überhaupt keinen Sinn macht, weil er genauso gut weg sein könnte, so verpeilt wie er ist. Aber dann höre ich Saitengezupfe aus dem Keller und Stimmen, und ich weiß, dass er nicht von der Bildfläche verschwunden ist. Und ich kriege wieder Luft.
18 Vergessene Welt
Die Geschäfte sind so üppig dekoriert, dass sie fast überquellen, und der Wind bläst eine eisige Kälte heran. Ich betrachte den Weihnachtsbaum im Jitter Mug und frage mich, wie ich mein erstes Weihnachten ohne Mum überleben soll. Wird der Rockstar überhaupt da sein? Ich rufe mir ins Gedächtnis, dass ich David habe. Der das mit mir durchsteht. Der alles mit mir durchsteht.
» Habt ihr schon einen Praktikumsplatz gefunden?«, fragt Rachel Sarah und mich. Im Januar sollen wir am eigenen Leib erfahren, was es heißt, einen Job zu haben.
» Nein«, sagen wir beide wie aus einem Mund. Ich weiß nicht, wie es Sarah geht, aber ich kann immer noch nicht so weit im Voraus denken.
» Macht euch keine Sorgen«, sagt Rachel. » Ihr werdet schon was finden.« Sie selbst war sehr zielstrebig. Sie hat einen Platz in der Röntgenabteilung eines örtlichen Krankenhauses gefunden, schon vor Monaten.
» Vielleicht wäre es hilfreich, wenn wir wüssten, was wir werden wollen«, sagt Sarah fast schon unglücklich. Dann sieht sie mich an. » Dein Dad könnte dir bestimmt mit irgendwas aus der Patsche helfen.«
» Wahrscheinlich könnte er das. Wenn ich ihn fragen würde.«
» Wirst du aber nicht, stimmt’s?« Sie lächelt, als hätte sie meine Welt plötzlich verstanden.
» Nein, werde ich nicht.«
» Väter, stimmt’s?«
» Redest du mit deinem?«, frage ich.
» Nö.«
Wir lächeln.
» Hey! Wie wäre es mit dem tollen Schmuckladen in Glasthule?«, sagt Rachel.
Sarah verzieht das Gesicht. » Der ist doch winzig. Und die einzigen Jungs, die da reingehen, kaufen was für ihre Freundinnen.«
Wir lachen.
Aber Rachel gibt nicht auf. » Was ist mit dir, Alex? Du gehst da ständig hin. Du bist eine ihrer besten Kundinnen.«
Und weil ich keine Lust habe, mir den Kopf zu zerbrechen, und weil es dort genauso gut ist wie irgendwo anders, sage ich: » Ja, okay. Ich probier’s mal.«
Selbstbewusst gehe ich zu dem Laden. Aber kaum bin ich drin, verliere ich die Nerven. Die Besitzerin steht hinter der Theke und bedient eine Kundin. Ich kann nicht einfach zu ihr hingehen und sie nach einem Praktikum fragen. Selbst wenn sie nichts zu tun hätte. Was weiß ich schon übers Schmuckverkaufen?
Ich schaue mich um. Ich liebe diesen Laden. Ich liebe diesen Schmuck. Er ist modern. Süß, aber nicht zu girliemäßig. Nicht zu überladen. Ich nehme ein total niedliches Armband hoch, um es genauer anzuschauen. Es ist wunderschön. Ich probiere es an. Und plötzlich kann ich mir das Leben nicht mehr vorstellen ohne dieses Armband. Ich nehme es ab und will es gerade zur Kasse bringen, als ich die Frau neben mir sehe. Sie steht vor einem Spiegel und probiert eine Kette an. Sie runzelt die Stirn. Nimmt eine zweite zur Hand. Dann nimmt sie die erste ab und probiert die andere an. Ich weiß nicht, warum sie zögert. Es ist ganz klar.
» Die zweite«, sage ich.
Sie sieht mich im Spiegel an, dann wieder die Ketten. Ihr Gesicht entspannt sich. » Du hast recht. Du hast vollkommen recht. Weißt du, ich wusste es. Ich habe mir bloß selbst nicht getraut.«
Ich lächele. » Sie haben auch die passenden Ohrringe; die würden wirklich gut dazu aussehen. Hier drüben.« Ich führe sie hin.
» Danke«, sagt sie. » Die hatte ich gar nicht gesehen.«
» Gern geschehen.«
Ich lasse ihr den Vortritt an der Kasse. Sie sieht jetzt total glücklich aus.
Gott, ich liebe Shopper.
Bevor sie den Laden verlässt, dreht sie sich zu mir
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