Wer braucht schon Zauberfarben?
erst gar nicht, ihn abzuschütteln. Sollte ihm etwas seltsam vorkommen, wird er dich sofort töten. Dein Amulett schützt dich vielleicht vor unserer Magie, aber gegen sein Schwert vermagst du nichts auszurichten. Übrigens, du hast bis morgen Sonnenaufgang Zeit. Solltest du nicht rechtzeitig zurück sein, töte ich sie alle.“
Nadar verwandelt sich sogleich zurück. Ehe ich reagieren kann, zieht er mich am Arm aus der Zelle. Verdammte Scheiße, was mach ich denn jetzt?
Nach einer ziemlich steilen Treppe gelangen wir in eine Art Mausoleum. Eine Steintüre führt ins Freie. Wow, wir stehen auf einem Friedhof mitten im Wald. Kein Wunder, dass sie hier niemand gefunden hat.
„Geh weiter“, befiehlt mir Nadar, der mich vor sich durch den Wald schupst. Okay, ich brauch einen Plan, denn wir sind gleich bei dem Pferd angelangt, das für mich vorgesehen ist.
Ich muss dieses Anhängsel irgendwie loswerden. Vorzugsweise bevor er sich in die Lüfte erhebt.
Erneut stößt er mich von hinten an die Schulter. Dieses Mal lasse ich mich stolpernd zu Boden fallen. Ich fass es nicht, dass ich das jetzt tue. „Aua, mein Knöchel“, bluffe ich.
Grob zieht er mich hoch. Ich gehe gleich wieder in die Knie.
„Geh weiter oder ich mache dir Beine“, droht er wütend.
„Du tust mir weh. Ich kann nicht auftreten und du bist daran schuld“, stoße ich trotzig aus. Dabei verlassen sogar ein paar Tränen meine Augen.
Nadar knurrt bösartig. „Lass mich das ansehen. Wenn du mir hier einen Bären aufbinden willst, schlage ich dich.“
Er hebt mich in seine Arme und lässt mich grob auf einen Stein nieder. Daraufhin kniet er sich vor mich hin, um sich meinen Fuß aus nächster Nähe anzusehen. Natürlich streicht er meinen Rock ruckartig viel weiter hoch, als es notwendig gewesen wäre. Seine Finger tasten das Gelenk ab. Ich ziehe scharf die Luft ein, stöhne sogar.
„Du willst mich wohl für dumm verkaufen“, raunt er wild.
Sein Blick schwenkt zu meinen nackten Oberschenkeln. Fuchsteufelswild blickt er über seine Schulter, daraufhin erklärt er: „Für diese Frechheit wirst du bezahlen.“
Das ist mein Stichwort. Schnell katapultiere ich mich rückwärts über den Stein und sprinte davon. Er nimmt die Verfolgung auf.
Keuchend flüchte ich mich hinter einen Baum, hexe mir einen meiner Zwillinge, den ich ihm sogleich in die Arme stoße.
Ich vernehme einen dumpfen Laut. Wahrscheinlich hat er meiner Doppelgängerin gerade eine verpasst. Sein Keuchen, das ich im nächsten Moment höre, lässt mir die Gänsehaut aufsteigen.
Mit zitterndem Leib riskiere ich einen Blick um den Baum herum, der mir bislang als Versteck diente. Er fällt gerade über mich her. Was für ein abartiger Scheißkerl.
Ich verdränge den Gedanken, dass das eigentlich mein wahres Ich sein könnte und warte, bis er seinen Moment der Schwäche hat. Sein Brüllen zeigt mir, dass es soweit ist.
Mit kraftvoller Stimme singe ich: „
Birds flying high
“ von Nina Simones Song „
Feeling good
“ und banne ihn in seine Rabengestalt. In Gedanken schreie ich, raube ihm so sein Bewusstsein. Meine Magie fesselt seine Flügel inklusive seinem Schnabel, damit er mich nicht verrät, sollte er sich gegen meinen Zauber wehren.
Ich muss mir schnell etwas einfallen lassen und ihn in einen Käfig bannen, bevor er aufwacht. Mein Zwilling beginnt sich bereits aufzulösen. Ich habe sehr viel Energie gebraucht, um ihn zu überwältigen.
Schnell binde ich den Vogel an die Satteltasche des Pferdes und galoppiere los. Da ich keinen blassen Schimmer habe, wo ich bin, singe ich: „
Father, father, father help us, send some guidance from above
“ von „
Where ist the love
“ von den Black Eyed Peas, um nach Hause zu kommen.
Das Pferd schlägt einen Haken nach rechts. Dabei wirft es mich fast ab. Reiten ist das Nächste, was ich lerne, wenn ich hier heil rauskomme, sage ich mir in Gedanken.
Ich brauche alle Kraft, um Nadar in dieser transportablen Form zu halten. Die Magie, die ich genutzt hätte, um meinen Ziehvater zu rufen, benötige ich hier dringender.
Meine Kräfte schwinden, bald kann ich ihn nicht mehr in dieser Gestalt halten. Glücklicherweise scheint das Gefängnis von Hopes und Beliars Eltern nicht sehr weit von der Burg meines Ziehvaters weg zu sein. Wie eine Irre gebe ich dem Tier die Sporen. Es ist schweißnass und keucht, aber darauf kann ich leider keine Rücksicht nehmen.
Auf der Hälfte der Zugbrücke fängt Nadar bereits an, sich zu
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