Wer braucht schon Zauberfarben?
ich.
„Du hast also bereits von deiner Abstammung erfahren. Wie fühlt sich das an, zu wissen, was für Bestien die eigenen Eltern waren?“, fragt er überheblich.
„Es gibt Schlimmeres“, verkünde ich.
Tiberius lacht erneut laut auf. „Zum Beispiel?“, will er wissen.
„Ein selbstgefälliges Arschloch zu sein, wie du – zum Beispiel.“ Alle scheinen gleichzeitig die Luft eingezogen zu haben.
Tiberius‘ Lachen erstirbt abrupt. „Du hast wohl noch nicht die volle Tragweite, die dein Handeln auslösen kann, erkannt. Hast immer noch nicht begriffen, welche Rolle du spielst“, informiert er mich.
Jetzt werde ich richtig wütend. „Was denn Mistkerl? Was soll ich begreifen? Dass du mir gleich befiehlst, Beliar und meinen Vater zu Fall zu bringen? Dass du Beliars und Hopes Eltern sonst töten wirst? Ich hab es verstanden du Psychopath“, brülle ich.
Er lächelt. „Braves Mädchen. Willst du auch wissen, warum du das tun wirst?“, fragt er mich.
„Ich bitte dich“, raune ich wild. „Das ist doch wohl offensichtlich. Du willst Macht, Gott spielen. Den Zirkel anführen, der die magische Welt unterwirft.“
„Nicht ganz richtig“, korrigiert er mich. „Ich will die weißen Hexer nicht bloß unterwerfen, ich will sie ausrotten. Und wenn du weiter so mit mir sprichst, wird dir mein Sohn Gehorsam beibringen.“
„Schätze, ich bin in der Hinsicht ein hoffnungsloser Fall“, knalle ich ihm vor den Latz.
„Das werden wir ja sehen“, kontert Tiberius.
Ich frage mich gerade, wer sein Sohn ist, da tritt aus dem Schatten neben ihm – wie kann es auch anders sein – der Seher Nadar. Absoluter Hauptdarsteller, um den sich meine schlimmsten Alpträume ranken. Ich versuche mir meine Angst nicht anmerken zu lassen.
„Du bist noch schöner geworden, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben“, säuselt er eitel.
„Ist das hier real oder wieder ein Konstrukt deiner kranken Phantasie, das du mir eingepflanzt hast Nadar?“, will ich wissen.
Er lächelt. „Soll ich dir zeigen, was ich in meiner Phantasie mit dir anstelle?“, droht er.
„Kein Bedarf“, stoße ich aus. Das hält ihn nicht davon ab, dir Zellentür zu öffnen und auf mich zuzukommen.
„Fass mich nicht an“, herrsche ich ihn an, als er nur noch ein paar Schritte von mir entfernt ist.
„Du gehörst mir. Hast du das immer noch nicht begriffen?“, kontert er.
„Sieht so aus, als wäre ich schwer von Begriff“, hauche ich, als er nahe bei mir ist.
Ich will ihm eine verpassen, doch er fängt den Schlag ab und drückt mich an die Wand.
Im nächsten Augenblick presst er seine Lippen so fest auf meine, dass ich keuche. In Gedanken schreie ich so energisch, dass er zurücktaumelt.
Mein Stimme hallt durch den Raum. „
Get away, walk away
“ von Christina Aguilera lässt seinen Körper an die gegenüberliegende Zellenwand prallen.
„
Seems I`ll never wake from this nightmare, I let out a silent pray, let it be over… over
“, aus demselben Lied soll mich aus seiner Gedankenkontrolle wecken, sollte mir Nadar das hier wieder nur vorgaukeln.
Nichts passiert, also nehme ich mal an, es ist real. Meine kurze Ablenkung nutzt er, um erneut auf mich loszugehen.
Vor seinem Schlag ducke ich mich weg, boxe ihm in die Rippen, was er mit einem Keuchen kommentiert. Tiberius habe ich nicht kommen sehen. Er schupst mich so fest an die Mauer hinter mir, dass ich zu Boden gehe.
Die Zellentür fällt scheppernd zu. „Wieso funktioniert dein Bann bei ihr nicht?“, raunt Tiberius.
„Vielleicht blockt ihr Amulett einen Teil des Zaubers ab“, mutmaßt Nadar.
„Dann verstärke ihn“, befiehlt Tiberius seinem Sohn.
„Ist alles in Ordnung Mädchen?“, fragt mich Beliars Vater.
„Ja“, hauche ich, während ich mir über den schmerzenden Nacken streiche.
„Was ist mit deinem Haar passiert?“, will Hopes Mutter verängstigt wissen. Ich kralle mir die Locken, die nun wieder blond sind.
„Meine weiße Magie hat überhandgenommen“, erkläre ich.
„Überhand worüber?“, will Hopes Vater wissen.
„Über die schwarze Magie in mir“, antworte ich.
„Du trägst beide Magien in dir?“, stößt Beliars Vater verblüfft aus.
„Ja“, stelle ich schulterzuckend fest.
„Wie ist das möglich?“, haucht Beliars Mutter atemlos.
„Schon vergessen, ich bin das Monster hier“, spotte ich.
„Du bist sehr stark“, stellt Beliars Vater fest.
„Nicht stark genug“, kontere ich augenzwinkernd, rapple mich hoch und versuche,
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