Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
umgebracht habe?“ Bleib ruhig. Er will mich nur provozieren.
In Junus‘ Augen sind ein stilles Flehen und Wut verwoben. Mein Blick ist konzentriert. Mit übermenschlicher Kraft versuche ich, ihm zu zeigen, dass es mir gutgeht und ich ihn hier raushole. Er braucht sich keine Sorgen zu machen. Ich habe alles im Griff. Es läuft alles genau nach Plan.
Einer der Männer legt mir einen Umhang um und zieht mich mit sich fort. So lange wie möglich halte ich Blickkontakt mit Junus, der sich in seinen magischen Fesseln windet. Ich werde auf ein Pferd vor den Mann gezogen, der mich abtransportiert hat.
Schier endlos reiten wir durch die Ebenen Irlands. Die vergangene Nacht fordert schon bald ihren Tribut – ich sinke immer wieder in einen leichten Schlaf. Ein Königreich für eine Tasse Kaffee.
An einer Lichtung im Wald stoppen wir plötzlich. Niemand ist zu sehen, dennoch steigen wir von den Pferden. Der Mann befördert mich mit einem Stoß in die Mitte der Lichtung.
Keine zwei Sekunden später treten in Umhänge eingehüllte Gestalten aus dem Wald. Sie tragen schwere Truhen, die sie auf dem Boden abstellen und öffnen.
So viel pures Gold in Form von Münzen habe ich noch nie auf einmal gesehen – das sind volle sechs Kisten. Sieht so aus, als wäre das ein Vermögen wert. Besonders in meiner Welt. Nachdem einer der Männer des Lords in eine Münze gebissen hat – so erkennt er anscheinen, ob es echt ist – werden die Truhen wieder geschlossen.
Einer von den Männern des Zirkels löst sich aus der Gruppe und kommt auf mich zu. Als er das Messer zückt, hatte ich einen kurzen Schreckmoment, aber er benutzt es nur, um meine Fesseln aufzuschneiden. Daraufhin prüft er mein Handgelenk, auf dem sich das Symbol des Raben befindet. Seine Pranke schiebt meinen Umhang beiseite, um meine rechte Körperhälfte zu betrachten. Der Drache prangt dort.
„Was ist deine früheste Erinnerung?“, flüstert er. Ah, der Test. Ich schreibe das Wort
FEUER
in die Erde vor mir.
„Was siehst du auf der Karte?“, haucht er und hält mir das Teil hin. Darauf prangt nun tatsächlich ein schwarzer Rabe, der sich bewegt. Schnell schreibe ich:
RABE
.
Der Mann nickt seinen Begleitern zu. Einer von Lord McConnors Männern tritt vor. Er versucht, die Truhen noch einmal zu öffnen, kriegt es aber nicht hin. Wahrscheinlich will er kontrollieren, ob die Münzen noch da sind.
„Was soll das?“, will er wissen.
„Die Truhen werden sich öffnen, wenn bestätigt wurde, dass diese Frau die wahre Ador-Hexe ist. Dies vermag nur das Oberhaupt zu entscheiden. Wenn sie es ist, springen die Truhen auf.“
„Was ist das für ein fauler Zauber?“, stößt ein anderer Mann des Lords aus. Die Gestalten vom Zirkel lachen laut.
Der Hexer, der den Test durchgeführt hat, übergibt mich einem anderen Mann, der mich auf sein Pferd zieht. Abermals reiten wir davon.
„Ist alles in Ordnung, Hope?“ Tiberius! Er sitzt hinter mir auf dem Pferd. Ich bin erleichtert, dass Beliar ihn geschickt hat.
„Alles läuft nach Plan“, antworte ich.
„Beliar erwartet dich bereits.“ Ja, das kann ich mir vorstellen. Erneut überkommt mich eine Müdigkeit – hervorgerufen durch die Nacht, die ich wach in der Zelle verbracht habe. Erschöpft lehne ich mich an Tiberius. Ich vertraue ihm, deshalb fällt es mir auch leichter, nicht mehr gegen den Schlaf anzukämpfen.
„Hope.“ Ich öffne die Augen. Wir haben unser Ziel erreicht – eine prunkvolle Burg. War ja irgendwie klar, dass ich nicht bei ihm in der Werkstatt wohnen werde.
Tiberius hilft mir beim Absteigen und bringt mich in die Burg. In der großen Halle erkenne ich eine Gestalt am Fenster stehen. Sie blickt nach draußen. Beliar dreht sich zu mir um, während wir auf ihn zugehen. Seine Kleidung ist die eines Edelmannes.
„Willkommen in meinem Haus Hailey Olivia Prudence Enya Dewitt beau Ador.“ Ich rolle mit den Augen.
„Ich bevorzuge Hope – ist irgendwie kürzer“, knalle ich ihm hin. Beliars Hand greift nach meiner – wahrscheinlich wieder diese Handkussanmache.
Genervt ziehe ich sie ihm vorher weg. „Erspar mir das. Wir müssen reden. Allein“, erkläre ich. Tiberius grinst vor sich hin und flüstert: „Was habe ich dir gesagt.“
Beliar ist nicht begeistert von meinem Ton, bittet mich aber in einen Nebenraum.
„Er hat dich berührt“, stößt Beliar aus, als wir allein sind.
„Wer?“
„Der Lord.“ Mann. Hak das doch ab. Wir haben dringendere Sachen zu klären.
„Nur um
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