Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
vollkommen ignorierend, schlüpfe ich in meine Jacke und will aus der Tür treten. Sie ist abgeschlossen. Panisch drehe ich mich zu ihm um.
„Du kommst hier erst raus, wenn du meine Fragen beantwortet hast.“ Ich presse mich verängstigt an die Tür. Bei welchem Psycho bin ich denn hier gelandet?
Er rollt mit den Augen. „Ich tu dir nichts. Antworte einfach und du bist frei.“
Ich fordere mit einer Handbewegung etwas zu schreiben. Er rollt erneut mit den Augen und kramt Schreibzeug heraus, das er mir sogleich vor die Füße knallt.
Ich kritzle:
Das kannst du vergessen. Ich muss los
.
Nun zerknülle ich das Papier und feuere es ihm an die Brust. Vollkommen gelangweilt liest er die Botschaft und lacht.
„Wo willst du denn hin? Die sind doch alle hinter dir her. Dein eigener Onkel hat dich an den Schwarzen Orden verkauft und die, die dich beschützen sollen, wollen dich wegen Teufelsanbetung an die Inquisition ausliefern.“ Ich schnappe nach Luft und schreibe:
Woher weißt du das?
Wieder werfe ich ihm den Papierball zu, den er diesmal in der Luft abfängt.
„Ich beobachte dich seit geraumer Zeit.“ Wow, ein Stalker. Toll.
Ich schreibe:
Gehörst du zum Schwarzen Orden?
Er lacht laut auf. „Du hast tatsächlich keine Ahnung. Aber so läuft das hier nicht. Wenn du meine Antworten willst, musst du
mir
erst ein paar Fragen beantworten.“
Ich schreibe:
Also gut, eine meiner Antworten, gegen eine von deinen. Aber sag mir endlich, wie du heißt.
„Ich handle nicht mit dir“, antwortet er auf das Gelesene.
Dann kannst du das hier vergessen. Wie du bereits bemerkt hast, bin ich sehr schweigsam.
Er malmt die Zähne aufeinander und sagt: „Was für eine Zeitverschwendung, aber nun gut. Mein Name ist Nick. Beantworte meine erste Frage über deine früheste Erinnerung.“ Ich hab absolut keine Ahnung, wieso ihn das interessieren sollte, aber ich überlege einige Sekunden lang und schreibe:
Keine Ahnung. Vielleicht, als ich von der Schaukel gefallen bin und mir das Schlüsselbein gebrochen habe
.
Da war ich vier oder so
.
Er liest es mit gerunzelter Stirn. „Ist das alles?“ Ich zucke mit den Schultern. „Das ist ja jämmerlich.“ Was hatte er erwartet?
Ich zeige auf ihn und fordere meine Antwort ein. „Nein, ich gehöre nicht dem Schwarzen Orden an. Nächste Frage. Oh, das wird ein Spaß. Trägst du noch irgendwelche anderen Tattoos – außer dem nackten Teufel natürlich. Ach und mich würde brennend interessieren, wie man auf so eine Idee kommt.“ Er grinst breit. War ja klar, dass er sich darüber lustig macht.
Ich schreibe:
Das geht dich überhaupt nichts an
.
„Also, es läuft so. Du beantwortest brav meine Fragen und zickst nicht rum.“
Wie bitte
? „Trägst du noch ein anderes Tattoo, vielleicht einen Stern, einen Baum, ein Labyrinth, einen Knoten, ein Kreuz, eine Spirale? Diese Frage wirst du beantworten, sonst kommst du hier nicht raus.“ Ich schüttle den Kopf.
Jetzt bin ich wieder dran:
Wenn du nicht zu denen gehörst. Wieso weißt du dann so viel über sie? Oder willst du mich auch bloß an die Inquisition ausliefern?
Nick zieht die Augenbrauen hoch. „Wie ich bereits sagte, habe ich keinerlei Interesse an dir. Eigentlich wiederhole ich mich nicht, aber ich mache für dich eine Ausnahme. Ich stelle die Fragen, du antwortest und dann kannst du gehen. Das ist das einzige Ziel, das ich verfolge. Nun wieder zu meinen Fragen. Wieso haben sie dich ins Irrenhaus verfrachtet? Und wehe du schreibst, dass mich das nichts angeht.“
Für die Antwort brauche ich deutlich länger und kritzle:
Ich kann nicht
.
„Was kannst du nicht? Antworten? So schlimm kann das doch nicht sein. Bist du ausgerastet? Drogen? Alkoholexzesse? Hast du dich prostituiert? Auf der Straße gelebt? Na los, raus damit – mich kann nichts schocken.“ Erschöpft sinke ich auf den Boden. Meine Hände graben sich in mein Haar.
„Halloo, Erde an Hope. Heulst du jetzt etwa? Komm schon, du hast den Unfall deiner Eltern nicht verkraftet – Punkt. Frage beantwortet. Ist es so gewesen? Nicke und wir gehen zur nächsten Frage über.“
Nach ein paar Sekunden, in denen ich keine Regung zeige, fährt er ungeduldig fort. „Nächste Frage: „Was siehst du auf dieser Karte?“ Eine Spielkarte segelt mir entgegen. Neugierig drehe ich sie um. Sie ist leer. Will er mich verarschen?
Nichts
.
„Wunderbar, das wars. Du kannst jetzt gehen. Behalte die Klamotten. Ich will sie jetzt sowieso nicht mehr zurück.“ Warte mal,
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