Wer bricht das Schweigen (German Edition)
nahe waren? Michael konnte bestimmt hören, wie laut ihr Herz auf einmal pochte.
„ Ich würde gerne einen Augenblick an die frische Luft gehen“, begann sie kläglich. „Mir ist so heiß. Sicher von dem vielen Wein, den ich getrunken habe.“
Er führte sie in den angrenzenden Wintergarten. Durch zwei hohe Flügeltüren, die weit offen standen, gelangten sie in einen Garten.
Janina entschloss sich, auf der Terrasse zu bleiben. Die Luft war mild und süß vom Duft der Blüten. Sie starrte in die Nacht, die nur von ein paar Sternen erhellt wurde. Ein Schauer ging über ihren Rücken, als er seinen Arm um sie legte, und sie leicht an sich zog.
„ Es ist so schön und friedlich hier“, sagte er leise. „Kummer und Sorgen sind auf einmal in weite Ferne gerückt, fast, als gäbe es sie gar nicht. Das liegt vor allem daran, dass du bei mir bist, Janina. Es war mir ernst, als ich dir sagte, dass ich dich mein ganzes Leben lang geliebt habe.“
„ Wir kennen uns doch erst seit wenigen Wochen, Michael.“
„ Das bestreite ich nicht. Ich habe dich geliebt, schon lange bevor wir uns begegnet sind. Und als du dann auf einmal vor mir standest, traf es mich wie ein Blitz. Ich wusste, dass ich mein Ziel erreicht hatte. Mir ist so, als wären wir beide füreinander bestimmt, darum hat es auch gar keinen Sinn, wenn du dich dagegen wehrst, mein Liebes, oder bin ich dir so zuwider, dass du …?“
„ Hör auf“, unterbrach sie ihn heftig. „Ich wäre jetzt nicht hier, wenn ich dich nicht gern hätte. Du weißt noch zu wenig über mich, um meine Gefühle verstehen zu können. Diebach ist für mich so etwas wie ein ruhiger Hafen“, versuchte sie ihm zu erklären. „Ich habe eine schlimme Zeit hinter mir, und bin gerade dabei, mich langsam zu erholen.“
„ Ich könnte dir dabei helfen, mein Liebes“, sagte er sanft. Er nahm ihre Hände und fuhr dann fort: „Du kannst mich nicht einfach fortschicken, weil ich an die Bestimmung glaube. Ich liebe dich, Janina, hörst du? Wenn du möchtest, dass ich dir noch Zeit lasse, dann muss ich mich eben damit abfinden, aber versprich mir, dass du mich nicht aus deinem Leben verdrängst. Ich habe so lange nach dir gesucht, darum werde ich mich auch weiter gedulden, wenn wir uns nur immer wieder sehen können.“
Janina hatte auf einmal das Gefühl, dass alles falsch lief. Sie sehnte sich danach, in die Arme genommen und geküsst zu werden. Die Vergangenheit war nicht länger ein Schreckgespenst, das zwischen ihnen stand. „Halt mich fest und küss mich endlich“, wisperte sie und hatte auf einmal Tränen in den Augen. „Mein Herz weiß längst, dass es bei dir gut aufgehoben ist, Michael. Nur mein Verstand hat sich dagegen gewehrt, dir zu vertrauen.“
Zärtlich tupfte er ihr die Tränen von den Wangen. „Auch dein Verstand wird eines Tages nachgeben müssen“, schwor er, ehe er sie in seine Arme nahm, um mit einem innigen Kuss auch ihre letzten Zweifel zu zerstreuen.
„ Ich liebe dich, Michael“, sagte Janina selig, als sein Mund ihre Lippen freigab. „Dieses Gefühl ist so tief und innig, wie ich es noch nie für einen Menschen empfunden habe. Du warst mir vom ersten Augenblick an vertraut.“
„ Wie ich dir vorhin schon gesagt habe, Janina. Wir sind eben füreinander bestimmt.“ Seine Augen strahlten. „Ich bin so glücklich, dass du das auch endlich einsiehst, mein Schatz. In Zukunft wird es keine Tränen mehr geben, dafür werde ich höchstpersönlich sorgen. Könntest du dir vorstellen, einen armen Landarzt zu heiraten, Janina?“
„ Das hängt davon ab, ob du dich daran gewöhnen könntest, mit einer Dorfschullehrerin zusammen zu leben.“
„ Warum denn nicht? Im Laufe der Jahre würden dann auch noch unsere eigenen Kinder dazukommen“, meinte er scherzend. „Eine idealere Lösung kann ich mir kaum vorstellen.“
„ Du bist ein weiser, vorausschauender Mensch, Michael“, lobte sie ihn lachend. „Und du scheinst dir für unsere Zukunft einiges vorgenommen zu haben.“
„ Stimmt!“ Plötzlich war er wieder ernst. „Ich will dich glücklich machen, Janina. Das steht ganz oben auf meiner Liste.“
* * *
Der neue Tag war längst angebrochen, als Michael endlich in sein Bett kam. Entsprechend müde fühlte er sich am Morgen, als er dann an seinem Schreibtisch saß. Aber er war glücklich, unbeschreiblich glücklich, und das half ihm dabei, seine Arbeit konzentriert zu bewältigen. Nachdenklich
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