Wer den Himmel berührt
links ab. Er war offensichtlich nicht in der Lage, den abrupten Schwenker nach links schnell genug abzufangen, um sie wieder auf die Rollbahn zu bringen. Er nahm das Gas zurück und brachte das Flugzeug schlagartig zum Stehen.
Dann wendete er und kehrte zum Anfang der Rollbahn zurück. Er drehte den Kopf zur Kabine um und bedeutete Cassie, nach vorn zu kommen. »Dieser starke Abwind hat uns quergestellt, ehe ich genug Tempo draufkriegen konnte. Das Flugzeug scheint hecklastig zu sein. Würdest du dich in die Tür zum Cockpit stellen, und kannst du diese Bahre ganz nach vorn rollen? Wenn wir erst einmal oben sind, kannst du dich dann wieder ganz normal hinsetzen.«
Cassie konnte die Bahre problemlos nach vorn rollen. Mary und sie banden sie am Vordersitz fest, damit sie nicht fortrollen würde, und Warren nickte. »Gut so.«
Er gab Vollgas, und das Flugzeug begann wieder zu rollen. Das hintere Ende hob zwar immer noch auffallend langsam ab, doch das Flugzeug verhielt sich ruhig, als es vom Boden aufstieg.
Cassie bückte sich, um nach vorn zu schauen, und direkt vor ihnen sah sie reihenweise Bäume. Das Flugzeug hatte die Höhe der Baumwipfel noch nicht erreicht, und sie warf einen schnellen Blick auf Warrens Hinterkopf. Sein Nacken war starr. »Das Flugzeug schafft den Steigflug nicht so, wie es soll«, sagte er, als spräche er mit sich selbst. »Dieses Miststück kommt einfach nicht hoch.«
Vor ihnen lag, als sie es mit Mühe und Not über die Baumkronen schafften, meilenweit nichts anderes als Gestrüpp.
Warrens Stimme war normal, als er zu Cassie aufblickte und sagte: »Ich glaube, ich fliege eine komplette Platzrunde, um an Höhe zu gewinnen, ehe wir auf Kurs gehen.« Er setzte zu einer Spitzkehre nach Backbord an und drehte dabei leicht nach links ab.
Cassie fragte: »Hoffst du auf Rückenwind, um die Eigengeschwindigkeit zu erhöhen?«
Er antwortete nicht darauf. Cassie sah auf den Höhenmesser. Sie war lange genug mit Sam geflogen, um zu wissen, wie sie einige der Instrumente selbst ablesen konnte. Sie flogen auf einer Höhe von weniger als neunzig Metern.
Schockiert nahm sie zur Kenntnis, daß Warrens Knöchel von dem Druck, den er auf die Gasknüppel ausübte, weiß waren. Mein Gott, dachte sie, wir verlieren selbst bei Vollgas immer noch an Geschwindigkeit.
»Steigen wir nicht auf?«
Warren schüttelte den Kopf. »Bei dieser Kehre haben wir an Höhe verloren.« Er drehte sich um und sah Cassie fest in die Augen.
»Mein Gott«, sagte sie laut, als ihr die Wahrheit nur allzu deutlich bewußt wurde.
Wir stecken in Schwierigkeiten.
»Jetzt ist die Kanzel zu schwer. Geh wieder nach hinten«, sagte er eindringlich.
Cassie vergeudete keine Sekunde, sondern zwängte sich zwischen der Bahre und Marys Sitz durch und eilte nach hinten, setzte sich auf den Boden und warf sich gegen das hintere Ende des Flugzeugs.
Sie konnte trotzdem noch aus dem Fenster schauen und erkannte, daß die Nase des Flugzeugs im Sturzflug dem Boden näher kam.
Die Maschine begann zu trudeln. Sie klammerte sich an den Beinen des Rücksitzes fest, als sie auf den Boden auftrafen, ehe alles in Schwärze versank.
34
C assie blickte in das Gesicht eines Mannes. »Alles in Ordnung?« fragte er.
Sie wußte es nicht. Ich muß eine Gehirnerschütterung haben, dachte sie verwirrt. Der Mann streckte eine Hand aus, um sie vom Boden dessen hochzuziehen, was noch von dem Flugzeug übrig war. Er legte ihr einen Arm um die Schultern und führte sie an den Rand des Flugzeugs, dessen Seitenwand fehlte. Jemand anderes streckte die Arme aus, um sie aufzufangen.
O Gott, was war bloß passiert?
Sie blickte zu dem Flugzeug auf; innen war noch alles intakt. Gott sei Dank.
Das hieß, daß Warren, Mary und ihrer Patientin nichts zugestoßen war. Wie nur hatte die gesamte Seitenwand des Flugzeugs herausbrechen können?
Sie stand zwischen den Trümmern.
Neben der verbogenen Masse, die früher einmal das Fenster gewesen war, lag Mary regungslos auf dem Rücken. Cassie rannte zu ihr. Sie hatte nirgends auch nur eine Schramme, doch ihre Bluse war zerrissen und ihre rechte Brust freigelegt. Cassie beugte sich hinunter und bedeckte sie mit dem zerrissenen Stoff. Als sie sich hinkniete, um Mary zu trösten, fiel ihr der ausdruckslose Blick in ihren Augen auf, die geradewegs in die blendende Sonne starrten.
O mein Gott.
Als sie sich besorgt im Flugzeug umsah, weil sie unbedingt an Warrens Seite sein und ihm helfen wollte, wenn er seine Frau so vorfand,
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