Wer den Himmel berührt
die Veranda zurückkehrte und Blake immer noch in derselben Haltung auf seinem Stuhl vorfand.
»Fiona hat geschrieben, du hättest jetzt dein eigenes Haus«, sagte Blake.
Er betrieb Konversation.
Cassie stellte den Teller mit dem Sandwich vor ihn hin, nahm Chris die Bierflasche aus der Hand und stellte sie ebenfalls auf den Tisch. Sie schaute auf den leeren linken Ärmel und fragte: »Hat sie deshalb so lange nichts von dir gehört?«
»Ja.« Er biß in sein Sandwich, packte dann die Flasche, schüttete das Bier in sich hinein und stöhnte leise. »Ich hatte ganz vergessen, wie gut Bier schmecken kann.«
»Ich vermute, Sie sind endgültig nach Hause zurückgekommen«, sagte Chris und streckte die Beine aus, als er sich auf den Stuhl neben Cassie setzte. Sein Blick war auf sie gerichtet, während er mit Blake sprach.
»Ja, das kann man wohl sagen«, sagte Blake, und die Bitterkeit seiner Stimme konnte sich mit der Stumpfheit seiner Augen messen. Er trank wieder einen großen Schluck. »Verdammt, schmeckt das gut.«
Cassie rang um Atem. Sie holte bewußt tief Luft.
Blake sah sie an und sagte: »Du bist eine wahre Augenweide, Cassie.«
Sie fürchtete, ihre Stimme könnte sich überschlagen, doch sie sagte: »Wie ist es passiert?«
Blake sah auf seinen linken Ärmel. »Du meinst, wie ich den Arm verloren habe? Das Flugzeug ist über Düsseldorf unter Beschuß geraten, aber ich habe es doch noch zurück zum Flugplatz geschafft. Ich habe einen Granatsplitter abgekriegt, aber der Heckschütze und der Navigator sind nicht durchgekommen.«
Cassie starrte ihn an.
Chris sagte: »Fiona wird die glücklichste Frau auf Erden sein.«
Blake schwieg einen Moment lang. »Mit einem Mann, der nicht vollwertig ist? Das steht zu bezweifeln.«
Deshalb also hatte er nicht geschrieben. Er wußte noch nicht einmal, ob Fiona ihn überhaupt noch wollte. Oh, dieser Idiot. Was hat ein Arm mit Liebe zu tun? Cassie hätte ihm gern die Arme um den Hals geschlungen und ihn getröstet. »Fiona wird dich auch so lieben.«
Blake lachte. Ein seltsamer barscher Laut. »Sie hat sich also auch den Fliegenden Ärzten angeschlossen, was? Das muß man sich mal vorstellen.«
»Du wirst stolz auf sie sein. Sie ist wunderbar gewesen. Wir haben großartige Zeiten miteinander verbracht.«
Jetzt sah Blake Cassie zum ersten Mal direkt in die Augen. Keiner von beiden sagte etwas.
»Ich kann sie mir nicht als Pilotin eines Flugzeugs vorstellen«, sagte er.
Cassie blinzelte und starrte durch das Fliegengitter. »Sie ist nicht nur Pilotin, sondern auch Anästhesistin, sie hat Zähne gezogen, sie hat zwei Eingeborenenmädchen adoptiert …«
In dem Moment kamen Anna und Marian um die Hausecke gerannt, und Marian weinte und hielt eine Hand hoch. »Anna hat mich gebissen«, rief sie, und Tränen strömten über ihr staubiges Gesicht.
»Ich wollte es nicht«, sagte Anna mit einem schuldbewußten Gesichtsausdruck. »Wir haben nur gespielt.«
Marian rannte auf Cassie zu, blieb aber abrupt stehen, als sie den Fremden sah.
»Entschuldigt mich«, sagte Cassie, als sie aufstand und Marian an der Hand nahm. »Ich sollte das besser auswaschen und verbinden.«
Marians Augen wurden rund vor Angst. »Brennt das?«
Cassie hob sie hoch und schmiegte sie an sich. »Ja, ein wenig schon, aber nur eine Sekunde lang. Komm mit. Ich gebe dir einen Kuß darauf. Anna, du kommst auch mit.«
Sie beschäftigte sich so lange mit den kleinen Mädchen, wie es nur irgend ging. Als sie damit fertig war, eine Verletzung zu verbinden, die nichts weiter als ein harmloser Kratzer war, gab sie den Mädchen Milch und Plätzchen und ließ sie in der Küche miteinander plaudern. Sie ging wieder ins Bad und setzte sich auf den Rand der Wanne. Oh, der arme Blake. Er fühlte sich nicht mehr vollwertig, weil er einen Arm verloren hatte. Der arme Blake … dünn und verwundet. Der Ausdruck in seinen Augen, kaum noch lebendig. Seine Gefährten tot in dem Flugzeug, das er über den Ärmelkanal zurückgesteuert hatte. Und er sah sie an, als hätten sie einander nie so gekannt, wie sie sich früher einmal gekannt hatten. Als wüßte er ihren Namen, und das sei alles. Sie hätte irgend jemand sein können. Mitleid wurde von Wut abgelöst, von ihrem eigenen Schmerz. Ihren eigenen Wunden.
Sie holte dreimal tief Atem und ging wieder auf die Veranda hinaus. »Ohne den Arm werde ich Dad nicht viel nutzen«, sagte Blake gerade. »Ich weiß nicht, was ich tun werde.«
In dem Moment kam Fionas
Weitere Kostenlose Bücher